Autoren-Beiträge Piwinger zur Sprache in Personalberichten: „Unternehmen vermitteln ein wenig menschliches Bild“

Piwinger Manfred querTextkritik kann auch als Institutionenkritik verstanden werden
Wenn es um die „Qualität des Personalkörpers“ geht, den „Geschlechtermix“ oder die „Talentpipeline“, dann sind wir mitten im „Performance- und Potenzialmanagementsystem“ bzw. in einer „High-Performance-Unternehmenskultur“, die uns auf „kundenorientierte HR-Kommunikationskanäle“ verweist. Der „Personalkörper“ wird „gebrandet“. So ist das mit dem „Employer Branding“ – ein Hauch Wildwest. Der „War of Talents“ ist hart umkämpft. Beim „Recruiting“ hilft mal so eben ein „People Manager Development Programm“ – der Mensch als „Ressource“ und „Personalkörper“. Dem „New Way of Working“ folgt – in Klammern gesetzt – deutsch: Neue Arbeitsweise. Damit „die da unten“ es besser verstehen können. Die „Potenzialträger“ werden aus dem „Talentpool“ gefischt und in „optimierte Personalstrukturen“ einsortiert.

Das Wort „Arbeitsplatz“ findet keinen Platz mehr. Es gibt nur noch „Jobs“. Gibt es deren zu viele, werden sie infolge der „Personalabbauziele“ reduziert und durchweg mit sachlicher Rhetorik bedacht: „Personalressourcen“ werden „abgebaut“, ein- und ausgegliedert, hin und her geschoben, „gestrafft“, „reduziert“ und „verschlankt“. So wird der Mitarbeiter zum bloßen Faktor, in deren Entwicklung man „gezielt investiert“. Wir befinden uns (wer hätte das nicht bemerkt?) inmitten von Texten im Berichtsteil „Personal“ deutscher (!) Jahresberichte. Unternehmen vermitteln hier ein wenig menschliches Bild vom Mitarbeiter. „Neue Worte zu künsteln, wo Sprache schon so an Ausdrücken für gegebene Begriffe keinen Mangel hat, ist ein kindische Bemühung“ (Kant). Kein weiterer Kommentar. Verantwortlich: die Personalvorstände.

Personalbezogenes Sprachvokabular – einige wenige Beispiele, auswählt aus deutschen Geschäftsberichten:

Kopfzahl, Performance-Potential-Tool, Young Professionals, Frauenquote, Home-Office-Vereinbarungen, Scill-Management-System,  Leadership-Entry-Program, Integrationsseminare, bereinigte Personalaufwandsquote, freiwillige Selbsteinschätzung, Führungskräftelandschaft, Defined-Benefit-Pläne, Programm eHR, HR Shared Services, Outperformance Option, Best-Team-Strategy, freiwillige Abbauinstrumente, Geschlechtsunterscheidung, Diversity, Jobsharing, Hochschulstrategie, Arbeitgeberranking, Personalmarkt, Mitarbeiterbefragungen, Rekrutierung, Potenzialträger, Human Ressources, Ideengenerierung, Global-Talent-Management-Prozess, Geschlechtermix, Altersvorsorgestrategie, Krankheitsquote, Aufhebungsvertrag, Personalabbauziel, Talentphilosophie, Beendigungskündigungen, Arbeitgeberattraktivität, People Manager Development Programm, Wunscharbeitgeber, Talentmanagement, Führungskompetenz, Vollzeitäquivalent, Personalkostenanpassung, Personalprozesse, Executive Pool, Abbauziele, optimierte Personalstruktur, Know-how-Träger, Mitarbeiterportfolio, Work-Life-Balance, Reisebeschränkungen, Personalsituation, Nachwuchssicherung, kundenorientiere HR-Kommunikationskanäle, Personalrisiken, Personalsteuerung, Personalstrategie, Personalinstrumente, Performance- und Potenzialmanagementsystem, Personalkapazitäten, Leistungsbeurteilung, Personalkapazitäten, Personalmarketing, Personal- und Sozialaufwendungen, Personalanpassung, Potenzialschätzungsverfahren, Freistellungen, Mitarbeiterpotenzial, sozialverträgliche Lösungen, Arbeitskampfmittel, Einstellungsstopp, New Way of Working, Vertrauensarbeitszeit, Führungsprozess, Leistungsbeurteilung, Arbeitszeitmodelle, Bewerberzahlen, HR-Strategie, Personalumbau, Personalbestandsentwicklung, Personalrestrukturierung, Personalaufwandsquote, personalpolitische Maßnahmen, Demografieprogramm, Feedbackprozesse, Entwicklungspotenzial, Unternehmenskultur, Qualifizierungsoffensive, Personalentwicklung, Qualität des Personalkörpers, 360-Grad-Feedback, Recruiting, Trainee, Karrierestufenmodell, global Leadership, Integrationsprogramm, E-Learning-Konzepte, War of Talents, Karrierewege, Personalbildungskonzepte, Top-Management, personalwirtschaftliche Richtlinien, Equal Opportunities Employer, Corporate University, Mitarbeiterbedürfnisse, Betreuungsquote, Leadership Supply, Executive Academy, Code of Conduct, Commitment and Behavior, Management Summit, Arbeitgebermarke, People Excellence, Altersteilzeit, Personalrisiko, Belegschaftsanstieg, Verhaltenskodex, Hochschulmarketing, Einstiegsprogramme, Belegschaftsanstieg, Arbeitskräfte, Grading-System, Employer Branding, restrukturierungsbetroffene Beamte, Personalüberhänge, Transfermitarbeiter, Personalumbauprozess, Wertgerüst, Vollzeitkräfte, Beschäftigungsplus, Integration, Humankapital, Verantwortungsträger, Beschäftigungspakt, Talentpipeline, „Feedbackkultur“, Beschäftigungsperspektive, Global Rewards Policy, Talent & Succession Management, High-Performance-Unternehmenskultur, Beförderungsprozesse, Altersstrukturanalyse.

„Es wird zu wenig darüber nachgedacht, was man damit anrichtet. Schließlich kann es auch für das Selbstwertgefühl der Betroffenen nicht egal sein, wenn über sie versachlicht als ‚Personalkapazität‘, `Ressourcce‘ u.Ä. geschrieben wird“ (Piwinger und Biehl-Missal 2009, S. 14). Fazit: Wenn BMW von „Investitionen in die Entwicklung unserer Mitarbeiter“ (2012: 111) spricht, so wäre ein respektvoller Umgangston eine weitere wichtige und gewinnbringende Investition in die – um im obigen Sprachgebrauch zu bleiben – „Corporate Language“. Textkritik kann auch als Institutionenkritik verstanden werden.

Seitennavigation