Autoren-Beiträge Autorenbeitrag zum Kommunikationsbegriff: Leistungslos glücklich?

Piwinger Manfred querWas nicht Leistung heißt, ist keine Leistung und wird nicht entsprechend als Leistung bewertet und bezahlt. So schlicht kann Wirklichkeit sein. Hier geht es um den Kommunikationsbegriff. Grundsätzlich ist es so, dass wir es im Gebrauch des Wortes „Kommunikation“ tendenziell mit einer wenig nützlichen Begriffsinflation zu tun haben: Wer zählt die Worte, kennt die Namen? Der Autor hat in einer kleinen Studie neun wichtige Bücher der Unternehmenskommunikation hinsichtlich der darin verwendeten Kommunikationsbegriffe ausgewertet. Soweit ein Stichwortverzeichnis (wird immer seltener) vorhanden war, wurde darauf zurückgegriffen. In weiteren Fällen wurde das gesamte Werk Seite für Seite quergelesen. Und das Ergebnis? Alles in allem fanden sich 161 Kommunikationsbegriffe vor, die sich nach acht verschiedenen Kriterien ordnen ließen.

Nicht berücksichtigt wurde, wie häufig einzelne Begriffe vorgekommen sind, um aus der Rangfolge der häufigsten Verwendungen Schlüsse ziehen zu können. Das müsste einmal gesondert untersucht werden. Immerhin lassen sich aus dem Wortgebrauch „Kommunikation“ Rückschlüsse auf das Selbstverständnis und die Selbstvermarktung einer ganzen Branche und der einschlägigen Wissenschaftszweige ziehen.

Begriffe beschreiben etwas

Das Ergebnis ist nicht gerade schmeichelhaft für die Kommunikationswissenschaft und die darauf fußende Kommunikationspraxis: In der Liste der 161 Begriffe fehlt ein ganz entscheidender: nämlich der der „Kommunikationsleistung“. Dass es zahlreiche bedeutungsverwandte aber nicht identische Begriffe gibt, die zudem aus heterogenen Theorietatbeständen stammen, wie zum Beispiel „Funktion“, „Wert“, „Nutzen“, „Ergebnis“, „Erfolg“ oder „Wirkung“, ändert nichts bis wenig an dem Umstand, dass das Konzept „Leistung“ nur eine äußerst geringe Rolle spielt und entsprechend auch nicht innerhalb betriebswirtschaftlicher Frames (Wissensrahmen) in seinem Potenzial entfaltet wird.

Dass Kommunikation beziehungsweise genauer zu definierende kommunikative Tätigkeiten eine Leistung sind, wird auf der sprachlichen Ausdrucksebene in der fachlichen Standardliteratur weitgehend vernachlässigt – zum eigenen Schaden. „Kommunikationsmaßnahmen“ haben nicht den Geldwert einer Leistung oder sind oft nicht mehr als handwerkliche Arbeit. Man braucht nur Leistung mit dem Stellvertreterbegriff „Kommunikationsmaßnahme“ oder „Kommunikationsarbeit“ in eins zu setzen, um begreifen zu können, welcher Begriff angemessener wäre. Die Gefahr jedenfalls ist groß, dass es unvermeidbar zu einer Unterbewertung des Wert- und Leistungsbeitrags von Kommunikation aus betriebswirtschaftlicher Sicht und innerhalb der Leitungsebenen in Unternehmen führt.

Ein Normierungsausschuss?

In den letzten Jahren können wir zunehmend Initiativen beobachten, die darauf abzielen, den Leistungsbeitrag der Kommunikation in Wertschöpfungsprozessen zu verdeutlichen und möglichst quantitativ messbar zu machen. Ohne eine begrifflich unzweideutige Nomenklatur und ohne eine angemessene Problembeschreibung und Modellbildung wird das nicht gehen. Ein Normierungsausschuss aus Vertretern unterschiedlicher Branchen mit einer durchaus möglichen Orientierung beispielsweise am Bauhauptgewerbe könnte Abhilfe schaffen. Wir müssen lernen, Kommunikation als das zu bezeichnen, was sie ist – eine Leistung. Nichts anderes! Dass dieser Leistungsausdruck selbst in der wissenschaftlichen Literatur nicht gebräuchlich ist, ist gleichzeitig ein Hinweis darauf, dass in dieser Hinsicht noch viel zu „leisten“ ist.

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