Am 26. April wählt die GPRA Gesellschaft Public Relations bei ihrer Jahrestagung ein neues Präsidium. Der bisherige Präsident, Alexander Güttler (52), komm.passion, Düsseldorf, kann lt. Satzung nach vier Jahren nicht erneut kandidieren. In Branchenkreisen wird spekuliert, dass sich das bisherige Präsidiumsmitglied Uwe A. Kohrs (56), impact Agentur für Kommunikation, Frankfurt am Main, zur Wahl stellt. Das "PR-Journal" fragte den scheidenden bisherigen Vizepräsidenten Heiko Kretschmer (45) nach der Verbandsarbeit und den Erwartungen an die Zukunft.

PR-Journal: Ende April stehen die Neuwahlen des Präsidiums der GPRA bevor. Damit endet die vierjährige Amtszeit des Teams um Alexander Güttler. Steht die GPRA vor einer Neuausrichtung?

kretschmer heikoHeiko Kretschmer (Foto): Das scheidende Vorstandsteam hat einige wichtige Eckpfeiler eingeschlagen. Die Strategiediskussion in der ersten Hälfte der Amtszeit hat deutlich gezeigt, dass sich die PR-Agenturen in Richtung ganzheitlicher Corporate Kommunikationsberatungen entwickeln müssen. Denn die Kernkompetenz unserer Mitglieder ist die auf Content basierte und auf die Stakeholder orientierte Kommunikation. Von hier ausgehend muss sich die Branche neu definieren und das Selbstverständnis artikulieren. Zum Zweiten hat die GPRA es mit dem Vertrauensindex geschafft, den zentralen Begriff unserer Kommunikationsaufgabe zu besetzen: Vertrauen. Das schafft keine Marketingkommunikation und keine Werbung. Hier kommt Organisationskommunikation auf das Spielfeld.

PRJ: Also muss das neue Präsidium einfach nur „Weiter so“ intonieren?

Kretschmer: Nein. Leider haben wir in der zweiten Hälfte der Amtszeit an Fahrt verloren. Die verpasste Erweiterung unserer Mitgliederbasis und die am Ende nicht einmal durchgeführte Veranstaltung in Wiesbaden im Herbst 2012 waren Rückschritte auf diesem Weg.

PRJ: Wie würden Sie die Herausforderungen für die GPRA beschreiben?

Kretschmer: Die GPRA braucht eine klare Führung, um den Verband insgesamt stärker zu konsolidieren. Konsolidieren heißt für mich:
1. Die GPRA muss sich endlich als Interessenvertretung gegenüber Marktteilnehmern, wichtigen kritischen Stakeholdern der Branche und politischen Institutionen verstehen. Bislang suchen wir viel zu selten den Dialog mit denen, die uns Meinungsmanipulation vorwerfen. Wir verweisen zurecht auf die positive Wirkung des Deutschen Kommunikationskodex und des DRPR, aber wir suchen nicht die Auseinandersetzung. Im politischen Raum sind wir kaum in der Lage unsere Interessen zu artikulieren: Wo stehen wir denn in der Leistungsschutzdebatte? Wie verhalten wir uns zu Datenschutzregelungen? – Wir müssen endlich die Themen der Branche erkennen, entwickeln und treiben.
2. Konsolidieren heißt aber auch, als Verband die Handlungsfähigkeit zu steigern und sich die Kommunikationsberatungen für die GPRA zu gewinnen, also die Unternehmen, die ihren Mehrwert aus der Beratung und nicht aus der Werkbankfunktion der PR ziehen.

PRJ: „Die Preise hoch – die Reihen fest geschlossen“, soll einmal das Motto der GPRA gewesen sein. Geht es nicht eigentlich um eine GPRA als Marktmacht?

Kretschmer: Ja und Nein. Der Markt ist viel zu differenziert und viel zu kleinteilig, um einfach kartellartig Preise diktieren zu können. Aber es geht schon darum, sich auch als Branche zu wehren. Ich halte es für falsch, wenn wir beispielsweise die Diskussion um honorarfreie Pitches als Problem der Agenturen diskutieren. Der Verursacher sind einzelne schwarze Schafe auf Auftraggeberseite, die sich kostenfrei Ideen und damit geistige Wertschöpfung abliefern lassen und so ihre Marktmacht ausnutzen. Solche schwarzen Schafe agieren schlicht nicht nachhaltig in der eigenen Supply Chain. Das muss man thematisieren.

PRJ: Das klingt sehr nach einem Programm für marktführende Beratungen und Agenturen.

Kretschmer: Ohne diese können wir auf Dauer unsere meinungsführende und marktbildende Rolle nicht unter Beweis stellen.

PRJ: In den Branchenmedien wird spekuliert, ob Sie als GPRA Präsident ins Rennen gehen. War das gerade das Programm des Kandidaten?

Kretschmer: Diesen Spekulationen möchte ich entschieden entgegen treten. Ich stehe für das neue Präsidium nicht zur Verfügung.

PRJ: In diesen Berichten wird auch spekuliert, dass Sie keine Mehrheit haben. Schmeißen Sie also hin, weil es mit dem Präsidentenamt nicht klappt?

Kretschmer: (lacht) Ach, wissen Sie, Johanssen + Kretschmer ist nun unter anderem dafür bekannt, eine recht erfolgreiche Kampagnenagentur zu sein. Eine Kampagne in eigener Sache würde ich mir schon noch zutrauen.

Heiko Kretschmer (45) ist Geschäftsführender Gesellschafter der Kommunikationsagentur Johanssen + Kretschmer; Vizepräsident des PR-Wirtschaftsverbandes GPRA Gesellschaft Public Relations Agenturen; Ratsmitglied des DRPR Deutscher Rat für Public Relations; Schatzmeister und Ethikbeauftragter der de'ge'pol Deutsche Gesellschaft für Politikberatung, alle in Berlin,


Wir haben die Kommentarfunktion wegen zu vieler Spam-Kommentare abgeschaltet. Sie können uns aber trotzdem Ihre Meinung zu diesem Artikel als Leserbrief direkt zusenden. Falls Sie wünschen, dass wir Ihren Leserbrief als Kommentar dem Artikel hinzufügen, vermerken Sie dies bitte in der Mail an uns.
leserbrief@pr-journal.de


Heute NEU im PR-Journal