Das PR-Interview PR-Interview Nr. 116 mit ABB-Unternehmenssprecher Klaus Treichel zur Energiewende

„Das PR-Interview im PRJ“ wird realisiert von k1 gesellschaft für kommunikation, Köln.

Treichel-Klaus ABBKlaus Treichel (Foto), ist Leiter Unternehmenskommunikation und Unternehmenssprecher der deutschen ABB AG in Mannheim. ABB ist eines der führenden Unternehmen in der Energie- und Automatisierungstechnik. Es arbeitet daran, dass die Kunden aus der Energieversorgung, der Industrie und dem Handel, ihre Leistungen verbessern und die Umweltbelastung reduzieren können. Der ABB-Konzern beschäftigt etwa 150.000 Mitarbeiter in rund 100 Ländern. Das „PR-Journal“ befragte Treichel zur angestrebten Energiewende. Treichel vermisst vor allem Optimimus und Mut in der Kommunikation.
PR-Journal: Bundeswirtschaftsminister Gabriel (SPD) arbeitet nach der Verabschiedung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) mit einem Zehn-Punkte-Plan bereits an weiteren ‚Baustellen‘ der Energiewende. Es entsteht der Eindruck, dass endlich wieder Fahrt in dieses Projekt kommt. Stimmt das tatsächlich oder arbeitet nur die PR-Abteilung des Ministeriums richtig gut?
Klaus Treichel: Es war überfällig, dass die strukturellen Probleme der Energiewende nach langem Stillstand jetzt angepackt werden. Aber eine Reform des EEG allein macht noch keine Energiewende. Die Politik steht vor weiteren großen Aufgaben und muss daher in den nächsten Monaten dringend weitere Entscheidungen treffen. Es fehlen national und europäisch unter anderem wichtige Weichenstellungen für den Netzausbau und die Koordination mit den Bundesländern.

PR-Journal: Was könnte generell in der Kommunikation zur Energiewende besser laufen, was vermissen Sie als Kommunikations-Chef eines großen Ausrüsters der Energiewende in der Kommunikation von Unternehmen, Politik und Verbänden?
Treichel: Ich vermisse den Optimismus. Und vielleicht den Mut zu einem großen Wurf – also zu einer Kampagne, die tatsächlich die breite Öffentlichkeit erreicht und die von der Bundesregierung ausgeht. Vielleicht mit einer Plattform, an der die Akteure der Energiewende andocken könnten – jeder mit seinen Themen, aber innerhalb einer großen Klammer und starker digitaler Vernetzung. Das wäre mal ein innovativer Ansatz.

PR-Journal: Könnten dann auch die Bürger stärker für das Projekt begeistert werden? Die Ergebnisse der Befragung „Kommunikation zur Energiewende“ zeigen auch in diesem Jahr: Die Kommunikatoren erreichen ihre Zielgruppen – vor allem die Bürger – nur unzureichend. Woran kann das liegen?
Treichel: Das Thema ist extrem komplex und die Zielgruppe ebenso extrem breit und heterogen. Vorsicht also vor pauschalen Urteilen und zu hohen Erwartungen. Zwar kann man sagen, dass die Energiewende landauf, landab heftig diskutiert wird und sogar schon in den englischen Sprachgebrauch Einzug gehalten hat. Aber das Thema wird aktuell weniger als einmalige Generationenchance gesehen, sondern eher kritisch. Die Furcht vor hohen Kosten überlagert die Begeisterung für mehr grünen Strom. Ich würde die Flinte aber nicht zu früh ins Korn werfen: Wir brauchen einfach noch etwas mehr Zeit.

PR-Journal: Warum finden viele Unternehmen und Institutionen in ihrer Kommunikation noch immer nicht den richtigen Zugang zu diesem Thema?
Treichel: Wie gesagt, wir sprechen über ein Generationenprojekt – oder über ein Mosaik mit tausenden von Teilen. Einzelne Facetten dieses Bildes werden ja rauf und runter diskutiert. Wer zum Beispiel hat vor fünf Jahren schon mal den Begriff „Hochspannungsgleichstrom-Übertragung“ gehört? Wer vom „Smart Grid“? Das sind Themen und Begriffe, die jetzt durchaus flotter von den Lippen gehen – dank der Kommunikationsbemühungen vieler Marktakteure. Aber ganz sicher wäre es besser gewesen, wenn wir die Themen emotionaler aufgeladen hätten. Aber das kann ja noch kommen.

PR-Journal: Einige Experten vertreten ebenfalls die Auffassung, dass die Energiewende-Kommunikation nicht sexy genug ist und deshalb nicht wirklich ankommt. Was muss getan werden, um Smart Meter und andere Technologien als hippe Lifestyle-Produkte zu positionieren? Geht das überhaupt?
Treichel: Ein Trafo ist ein Trafo ist ein Trafo – und kein iPhone. Also man darf dem Verbraucher kein X für ein U vormachen. Aber da, wo es geht, darf‘s auch etwas emotionaler zugehen. Der hohe Preis, den Google für die Akquisition von Nest gezahlt hat, geht sicher nicht nur auf die Vision des vernetzten Hauses, sondern auch auf das tolle Produktdesign der Thermostate ‚made in California‘ zurück.

PR-Journal: Ist möglicherweise der Begriff Energiewende zu umfassend? Sollte sich die Kommunikation eher auf große Themen daraus wie E-Mobilität oder Energieeffizienz konzentrieren?
Treichel: Der Begriff ist in der Welt und wir haben jetzt eben die Aufgabe, ihn Schritt für Schritt mit Leben zu füllen. Ein Thema wie die E-Mobilität zeigt ja, dass ein Umdenken Zeit braucht, aber zugleich auch faszinierende Aspekte zu kommunizieren hat. Zum Beispiel die Herausforderungen bei der Lade-Infrastruktur. Ganz zu schweigen von den Fahrzeugkonzepten, die langsam Gestalt annehmen, ob sie nun i3 oder Tesla heißen. Das sind spannende Facetten, die mit unserer Energiezukunft zusammenhängen und im technischen Bereich wichtige Beiträge zur Energiewende leisten. Mit guter Kommunikation – und erlebbarem Nutzen – können wir damit auch bei der Bevölkerung Begeisterung erzeugen.

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