Das PR-Interview Nachwuchsdebatte quo vadis? Interview mit dem Hannoveraner PR-Professor Szyszka

Szyszka Peter Prof HochschHannoverWas ist aus der so genannten Nachwuchsdebatte geworden? Nachdem der Präsident des PR-Agenturverbandes GPRA, Uwe A. Kohrs, sie Ende 2013 angestoßen hat, sind nun fast eineinhalb Jahre vergangen. Was ist passiert seither? Wer ist mit wem im Gespräch, was hat sich verändert? Das „PR-Journal“ hat dazu Peter Szyszka (Foto) befragt. Er ist Professor für Organisationskommunikation und Public Relations an der Hochschule Hannover und Mitglied im Kuratorium der PR-Studierenden in Hannover (PRSH). Er hat nicht nur verfolgt, was geschehen ist, er war auch zum Teil aktiv beteiligt. Er wünscht sich unabhängig von Vergütungs- und Anforderungsdiskussionen über Berufseinsteiger ein höheres fachliches PR-Bildungsbewusstsein.

PR-Journal: Herr Szyszka, Sie gelten in der GPRA-Nachwuchsdebatte als involviert und informiert. Wer ist an der Debatte beteiligt und wie ist der Stand der Dinge?
Peter Szyszka: Soweit es die Hochschulen betrifft, hat es Mitte vergangenen Jahres in Frankfurt einen Roundtable gegeben, wozu meines Wissens alle Hochschulen mit PR-Studiengängen angesprochen wurden. Da die betroffenen Fachkolleginnen und Kollegen mehrheitlich auch Mitglieder der Fachgruppe PR/Organisationskommunikation der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft sind, die schon 2009 ein Positionspapier zur „Akademischen PR-Ausbildung“ verabschiedet hat, haben es die meisten für ausreichend erachtet, dass Universitäten und Hochschulen über die Fachgruppe vertreten werden. Inhaltlich ging es beim Roundtable zunächst darum, gemeinsame Themenfelder zu identifizieren. Wir haben ausgelotet, wo gemeinsame Interessen liegen und Diskussions- und Informationsbedarf besteht.

PR-Journal: Warum haben gerade Sie die Fachgruppe dort vertreten?
Szyszka: Die Fachgruppe wurde von Simone Huck-Sandhu (Pforzheim) und mir vertreten. Zwei Gründe waren für mich ausschlaggebend. Zum einen beschäftige ich mich seit vielen Jahren mit Ausbildungsfragen. 1995 habe ich dazu gemeinsam mit Günter Bentele ein Buch „PR-Ausbildung in Deutschland“ herausgegeben. Zum anderen sind Hannover und Osnabrück/Lingen die beiden größten deutschen PR-Bildungsstandorte, da beide PR-Bachelor- und PR-Masterstudiengänge haben; an den Universitäten ist der Unterbau allgemein kommunikationswissenschaftlich. Aus diesem Grund haben wir natürlich ein besonderes Interesse, schon weil jeder Standort jährlich über 50 Absolventen hervorbringt. Entsprechend war Osnabrück/Lingen als Hochschule auch abseits der Fachgruppenpräsenz von einem Kollegen vertreten.

PR-Journal: War die GPRA auch bei Ihnen vor Ort?
Szyszka: Wir verfügen in Hannover mit dem PRSH über eine sehr aktive Studierendenschaft, die sich ja bekanntlich selbst stark in die Diskussion eingebracht hat. Gemeinsam haben wir Birgit Krüger als die GPRA-Verantwortliche schon im Januar 2014 zu einem Gespräch eingeladen. Indirekt ist in Folge dessen unser Veranstaltungsformat „The Pitch“ entstanden, bei dem Studierende regelmäßig mit Agenturvertretern über wechselseitige Anforderungen und Erwartungen diskutieren. Später gab es ein informelles Treffen des PRSH-Vorstands mit Birgit Krüger im Vorfeld des PR-Awards in Berlin, bei dem auch Vertreter des Leipziger LPRS dabei waren. Für Mai/Juni ist ein Treffen des PR-Bildungsstandorts Niedersachsen, also Hannover und Osnabrück/Lingen, mit GPRA-Vertretern geplant. Themen sind die Verzahnung von Studium und Praxis im Rahmen unserer Praxissemester, die unterschiedlichen Leistungserwartungen, die den Absolventen PR-Bachelor- und PR-Masterstudiengängen entgegengebracht werden können, und die Bildungsinhalte, die aus GPRA-Perspektive in Volontariat bzw. Traineeship verbindlich sein sollten. Wir wollen also, wenn man so will, die Passerellen zwischen Wissenschaft und Praxis ausloten. Hierzu gab es im Januar und Februar zwei Vorbereitungsgespräche zwischen Frau Krüger und mir am Rande anderer Veranstaltungen.

PR-Journal: Es bewegt sich also etwas?
Szyszka: Als GPRA-Präsident Uwe Kohrs das Thema 2013 losgetreten hat, fand ich dies sehr mutig, denn uns Hochschullehrern sind aus den Gesprächen mit unseren Studierenden und Absolventen ja doch viele Details bekannt, wie und wo die Themen Praktikum und Berufseinstieg auf welche Weise gehandhabt werden. Da in der GPRA eine gemeinsame Linie zu finden, war meines Erachtens schon eine Herausforderung. Hier hat sich einiges bewegt, wie ich aus den jüngeren Gesprächen weiß, sonst hätten wir keine Gesprächsbasis. Ansgar Zerfaß hat völlig recht, wenn er an anderer Stelle gesagt hat, dass es völliger Unsinn ist, wenn von uns Hochschulen erwartet wird, dass wir fertige PR-Profis in die Arbeitswelt entlassen. Aber auch die umgekehrte Position, die sich auch in der Diskussion findet, ist Unsinn, dass nämlich fachliche Bildungsinhalte beliebig seien und Ausbildung erst in der Praxis erfolgt. Es braucht eine Position der Mitte, die haben wir gefunden.

PR-Journal: Welche Bildungsziele verbinden Sie mit Ihren Bachelorabschlüssen?
Szyszka: Zunächst muss man von einem Gedanken Abstand nehmen, der noch so ein Unsinn ist, nämlich dass Hochschulstudiengänge auf kreatives Handwerk ausgerichtet wären, während universitäre Studiengänge eher wissenschaftlich-konzeptionell ausgerichtet seien. Fakt ist, dass es bislang nur an Hochschulen PR-Bachelorstudiengänge gibt, während universitäre Bachelor allgemein kommunikationswissenschaftlich ausgerichtet sind. Bei uns steht der Gegenstand stärker im Zentrum, kommunikationswissenschaftliche Grundlagen und empirische Methodenkenntnisse sind aber ebenfalls Teil des Studienplans. Anwendungsorientierung bedeutet, dass sich strategische Kommunikation und konzeptionelles Arbeiten bei uns als Thema und roter Faden quer durch das Bachelorstudium zieht. Und Fakt ist auch, dass es bei uns ein Praxissemester gibt, was eine engere Verbindung zur Praxis schafft um den Preis, dass sich eine stofflich-inhaltliche Auseinandersetzung auf fünf der sechs Semester konzentrieren muss. Absolventen unseres Bachelorstudiengangs sollten über ein gutes fachliches Orientierungswissen verfügen und eine Vorstellung davon entwickelt haben, was sie in der einschlägigen beruflichen Praxis erwartet.

PR-Journal: Und worauf sind der Masterstudiengang ausgerichtet?
Szyszka: Der Masterstudiengang ist wissenschaftlich-konzeptionell angelegt und rückt die Herausbildung fachlichen Reflexionsvermögens in den Mittelpunkt. Aufgrund der viersemestrigen Kürze muss jeder Masterstudiengang hier seinen eigenen Schwerpunkt setzten. In Hannover sind dies Entwicklungstendenzen und -perspektiven des Kommunikationsmanagements. Diese Schwerpunkte sind die Unterscheidungsmerkmale. Und: Was ist Wertschöpfungsforschung eigentlich anderes als praxisdeterminierte Anwendungsforschung?

PR-Journal: Wie wird sich die Nachwuchsdebatte weiter entwickeln?
Szyszka:Die Verhältnisse am PR-Arbeitsmarkt haben sich verändert. Das höre ich in vielen Gesprächen. Wenn in diesem Zusammenhang ein höheres fachliches PR-Bildungsbewusstsein entstehen würde, wäre das der eigentliche Erfolg der Debatte. In der Branche herrscht immer noch ein stückweit eine Selfmade-Mentalität, die schon lange nicht mehr zeitgemäß ist. Wer ernsthaft Verantwortung für sein fachliches Handeln übernehmen will, braucht einen ausreichenden fachlichen Bildungsstatus. Und dies beginnt mit dem Blick von außen auf die Materie und nicht von innen aus der Praxis heraus. Aber das wäre jetzt ein anderes Thema.

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