Das PR-Interview PR-Interview Nr. 131 - Stephan M. Cremer: „Unternehmen müssen die ‘Licence to operate’ bewahren“

Das PR-Interview" wird realisiert von K1 Gesellschaft für Kommunikation

Cremer Stephan GfTopcomDie Art und Weise, wie nachhaltig und verantwortungsbewusst ein Unternehmen handelt, entscheidet heute zunehmend über die Reputation und den Unternehmenserfolg. Wir sprachen mit Stephan Cremer über die Notwendigkeiten und die Chancen von Corporate Social Responsibility (CSR). Stephan M. Cremer (Foto) ist Geschäftsführer der topcom Communication GmbH, Frankfurt am Main.
PR-Journal:Sollten sich Unternehmen nicht vor allem darauf konzentrieren, erfolgreich zu wirtschaften und Gewinne zu erzielen?
Stephan Cremer: Natürlich ist es das legitime Ziel einer jeden Unternehmung, wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Aber um die „Licence to operate“ auch für die Zukunft zu bewahren, müssen Unternehmen heute die gesellschaftlichen Anforderungen berücksichtigen, die an sie gestellt werden. Nachhaltiges Wirtschaften ist heute zum festen Bestandteil der Wertschöpfungskette geworden – wer das nicht berücksichtigt, wird vom Markt irgendwann gemieden werden.

PR-Journal: Welche Chancen bieten sich Unternehmen durch CSR?
Cremer: Nachhaltiges Handeln führt nicht nur zu einem Imagegewinn und einer besseren Reputation, sondern auch zu mehr wirtschaftlichem Erfolg. Nehmen wir die chemische Industrie mit ihren zum Teil sehr komplizierten Produktketten. Bereits heute sind die Kunden unendlich dankbar, wenn die gelieferten Stoffe nachhaltig produziert wurden. Ist das nicht der Fall, entsteht möglicherweise Sondermüll, und es kommt zu Umwelt- oder Lagerproblemen. Dadurch entstehen zusätzliche Kosten und die Reputation wird beschädigt. Die gesamte Produktkette ist heute ein wichtiger Wettbewerbsfaktor. Wer nachhaltig produziert, bietet nicht nur gute Produkte, sondern auch Lösungen für die Zukunft an. Das kommt gut an am Markt und wird oft genug mit besseren Preisen honoriert.

PR-Journal: Ist CSR auch für kleine Unternehmen sinnvoll?
Cremer: Der Aufwand, eine CSR-Strategie im Unternehmen zu implementieren und entsprechende Managementsysteme zu entwickeln, ist für einen Mittelständler in der Regel größer als für einen Konzern. Dennoch werden auch kleinere Unternehmen nicht daran vorbeikommen. Bereits heute sind viele Mittelständler als Zulieferer wichtige Bindeglieder in der Produktion - zum Beispiel in der Automobilindustrie. Die permanente Überprüfung der Lieferketten durch die Hersteller bringt auch kleinere Unternehmen in den Fokus. Auch sie müssen sich fragen lassen, ob sie nachhaltig gewirtschaftet und so einen positiven Beitrag für die gesamte Wertschöpfungskette erbracht haben.

PR-Journal: Wie wichtig ist es, die Mitarbeiter in den CSR-Prozess einzubinden?
Cremer: Wenn sich ein Unternehmen zu nachhaltigem Handeln entschließt, entsteht dadurch ein „Chance“-Prozess, der die gesamte Organisation verändert. Wichtig ist, dass sich die Unternehmensleitung committet, CSR wirklich zu wollen. Der Motor dieses Prozesses sind jedoch die Mitarbeiter. Deswegen müssen sie von Anfang an eingebunden und für die CSR-Ziele begeistert werden.

PR-Journal:Was würden Sie einem Unternehmen raten, das im Bereich der CSR tätig werden will? Wie sollte es vorgehen?
Cremer: Meiner Meinung nach ist es ein Missverständnis, wenn immer wieder behauptet wird, dass wir Kommunikationsfachleute diejenigen sind, die einen CSR-Prozess im Unternehmen operativ umsetzen helfen. Es kann nicht die originäre Aufgabe einer beratenden PR-Agentur sein, Management- oder Controlling-Systeme für CSR zu installieren. Dafür sind Unternehmensberater oder auch Wirtschaftsprüfer die besseren Ansprechpartner. Als Kommunikationsprofis müssen wir jedoch den CSR-Prozess kommunikativ begleiten und aussteuern. Damit verbunden sind Fragen wie: Was bedeutet der CSR-Ansatz für die Positionierung oder das Marken-Leitbild? Gibt es im Marketingprozess Widersprüche? Wichtig ist es dabei meiner Ansicht nach, den CSR-Prozess als Ganzes transparent zu machen. Unternehmen neigen manchmal dazu, ihre CSR-Pilotprojekte stolz nach außen zu kommunizieren, noch bestehende Schwachstellen aber erst einmal zu verschweigen. Das müssen wir als kommunikative Begleiter aussteuern.

PR-Journal: Welche Risiken können mit CSR verbunden sein? Was muss die Kommunikation hier leisten?
Cremer: CSR ist heute eine zentrale Anforderung, die die Gesellschaft an Unternehmen heranträgt. Sie ist mittlerweile so mächtig, dass sie einer Norm unterliegt. Wer diese Norm nicht erfüllt, läuft Gefahr, sich unglaubwürdig zu machen. PR-Agenturen, die in diesem Bereich agieren wollen, müssen „anschlussfähig“ sein. Das heißt, sie müssen die wichtigen Normen kennen, wie zum Beispiel die GRI-Richtlinie (Global Reporting Initiative), die inzwischen zur G4-Richtlinie weiterentwickelt wurde. Denn das sind Standards, die auch Auswirkungen auf die Kommunikation haben. Generell müssen sie immer den CSR-Prozess als Ganzes im Blick haben, um die Reputation des Auftraggebers zu schützen.

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