Reportage und Feature BuchcoverTitel: Reportage und Feature; Autoren: Christian Bleher und Peter Linden; Verlag: UVK 2015, 226 Seiten; 24,99 Euro; ISBN-13: 978-3867644761
„Um Fakten, Fakten, Fakten aneinanderzureihen, braucht ein Autor wenige Zeilen. Um eine Geschichte zu erzählen, braucht er Platz.“
Mein Postfach quillt über von Nachrichten (Presseinformationen wie Werbe-Mails), die Bilder und Videos als Aufmerksamkeitsgaranten anpreisen. Das stimmt sicherlich teilweise. Instagram ist mein derzeit bevorzugter Social Media-Kanal. Ich bin ein Zapper und ein Kurz-mal-Gucker. Und dennoch: Wie Peter Linden und Christian Bleher schreiben, braucht eine Geschichte auch einfach ihren Platz.

„Die Reportage zeichnete sich immer dadurch aus, dass sie, was die Menschheit bewegte, sie veränderte, anhand einzelner Personen und Schicksale so kraftvoll und intensiv beschrieb, dass darüber das große Ganze verstehbar, begreifbar wurde. Und das Feature vermag zuweilen, nur mit einem einzigen ersten Absatz und dem dort geschilderten Einzelfall zu veranschaulichen, was es mit einer komplexen Neuigkeit aus Politik oder Wissenschaft auf sich hat.“ (S. 14)

In ihrem gemeinsamen Buch „Reportage und Feature“ beschreiben Bleher und Linden eben diese beiden Darstellungsformen. Von Themenfindung und Rechercheplanung hin zum Schreiben selbst beschreiben die Autoren jeweils ihr Steckenpferd mit viel Liebe zu Detail und „Wahrheit“ – ein Anspruch, den sie auch an die Darstellungsformen haben.

„Zero Tolerance. Reporter sind, gerade weil sie äußerst subjektiv an die Dinge herangehen, der Weisheit und Wahrhaftigkeit verpflichtet. Sie dürfen nichts und niemanden frei erfinden, es sei denn, sie geben dies den Lesern klar zu erkennen. Explizit im Teaser oder im Einstieg, über das grammatikalische Konditional, über Verben wie ‚träumen‘.“ (S. 95)

Interessant und gleichzeitig irritierend war die völlige Parallelität, mit der die beiden Themen angegangen werden. Reportage und Feature sind in einzelnen Buchteilen voneinander getrennt, von jeweils nur einem Autor betrachtet und in keinerlei Bezug zueinander gebracht. Man hätte aus „Reportage und Feature“ gut und gern auch „Reportage“ und „Feature“ machen können – zwei selbstständige Bücher. So gesehen hat mir „Reportage“ ein bisschen besser gefallen, denn Peter Linden heroisiert sie nicht, sondern räumt vielmehr auf. Man lernt, dass nicht automatisch jedes Thema für eine Reportage taugt. Dass eine Reportage nicht einfach nur durch Recherche entsteht und dass nicht jeder lange Text direkt eine Reportage ist.

Das Buch als Ganzes ist für PR-ler und Journalisten eine Erinnerung. Wir müssen nicht immer nur in Bildern denken. Wir müssen nicht immer nur Infografiken basteln. Wir müssen uns auch nicht immer nur kurz halten. Ab und an sollte eine Geschichte ausführlicher erzählt werden.

Über die Autorin: Annett Bergk ist PR-Beraterin bei der MasterMedia Public Relations GmbH in Hamburg, einer Agentur für Öffentlichkeitsarbeit, die sich auf komplexe Themen spezialisiert hat. Zuvor baute sie die Kommunikationsabteilung des Lebensmittelgeschäftes Mutterland auf und unterstützte kleinere und mittelständische Unternehmen unter anderem durch strategische Kommunikationsberatung.


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