Autoren-Beiträge Die US-Definition von PR wird uns schaden

braatz juergenEin Gastbeitrag von Jürgen Braatz, Hamburg
Die PR in den USA findet modern, was in Deutschland vor spätestens 20 Jahren mit gutem Grund auf den Müll geworfen wurde. Das soll moderne PR sein, meinen 671 PR-Professionals in einer offenen Abstimmung: “Public relations is a strategic communication process that builds mutually beneficial relationships between organizations and their publics.” → prdefinition.prsa.org

"Mutually benefical" - Das hat die deutsche Szene sich in den frühen 70er Jahren auch so vorgestellt. Der internationale PR-Verband IPRA hatte in den 50er und 60er Jahren große Anstrengungen unternommen, von der UNO anerkannt zu werden, dann die halbe UNO-Charta in den PR-Ethik-Codex "Code d'Athene" integriert und das Ergebnis sogar Papst Paul VI persönlich präsentiert. Die Deutschen wollten nicht nachstehen und präsentierten ebenfalls Modelle, nach denen PR zwischen Unternehmen und Öffentlichkeit „vermittelt“. PR quasi als öffentlich-rechtliche Veranstaltung.

Das ist Humbug und es ist schädlich, es zu behaupten. PR ist immer interessengeleitete Kommunikation. Wenn die Pfoten auch noch so samtig sind, auf denen sie daher kommt, es sind die Pfoten einer Katze die ein Ziel verfolgt. Sie kann schnurren und sich einschmeicheln, aber sie kann auch kratzen und beißen.

Die großen PR-Schlachten der letzten Jahre zwischen VW und Porsche, zwischen Schäffler und Continental, zwischen Opel und VW vor Jahrzehnten - sie hatten rein gar nichts mit "mutually benefical" zu tun. Es ging um das jeweilige Interesse der Organisation, von der PR bezahlt wurde. Um ihr Überleben, ihre Eigenständigkeit, ihren Marktwert. Nicht nur hatte „die Öffentlichkeit“ wenig bis gar nichts davon, sie wurde hemmungslos instrumentalisiert. (Ganz nebenbei: Ein Handelsblatt-Redakteur beklagte sich auf einer öffentlichen Diskussion vor zwei Jahren, nie sei er von PR-Leuten so schamlos angelogen worden, wie während der Schlacht zwischen VW und Porsche.)

Was hat das nun mit uns zu tun? Wenn diese Definition sich durchsetzt, wird PR an diesem Anspruch gemessen werden. Und es wird schnell der nächste Fall öffentlich werden, in dem PR diesem Anspruch nicht gerecht wird. Den Schaden hat dann die ganze Branche – auch in Deutschland.

Jürgen Braatz (Jg. 1957) ist seit 2003 Geschäftsführer der Agentur Ratingwissen in Hamburg, sowie seit 2004 Vorsitzender der DPRG-Landesgruppe Norddeutschland.

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