Rademacher-Lars ProfessorMehr als die Hälfte aller Befragten (53 Prozent) glaubt, dass große Projekte ohne frühe Öffentlichkeitsbeteiligung kaum mehr möglich sind. Allerdings ist der Glaube an die Leistungsfähigkeit von Beteiligungsverfahren begrenzt, da für die Mehrheit der Befragten (60 Prozent) die frühzeitige Partizipation keinen reibungslosen Ablauf und Erfolg garantiert. Das sind erste Ergebnisse der Studie „Smarte Partizipation?! Warum es noch kein Erfolgsmodell für Beteiligung und Dialog gibt“, an der insgesamt 272 Politiker teilgenommen haben. Veröffentlicht wurde sie am 12. Januar vom Think Tank DialogGesellschaft gemeinsam mit der Macromedia Hochschule München, Professor Lars Rademacher (Foto) sowie dem Fachportal „politik&kommunikation“.

Die Studie gibt Einblicke in die Einstellungen und Erwartungen von Politikern zur frühen Öffentlichkeitsbeteiligung, die selbst unmittelbar an Bau- und Infrastrukturmaßnahmen beteiligt sind – als Landtags- oder Kreistagsabgeordnete, als Ministerialbeamte, Landräte, Stadtverordnete oder Kommunalpolitiker.

Stakeholder Management nur zur punktuellen Risikominimierung
Politiker sehen vor allem in der ersten Projektphase, in der am meisten Einfluss genommen werden kann, den größten Bedarf an öffentlicher Beteiligung. Viele der Befragten halten deshalb eine intensivere und längere Diskussion über die grundlegende Frage, ob und was gebaut werden soll, für sinnvoll. Nach der ersten Planungsphase sehen allerdings nur wenige Befragte einen Sinn in der Fortsetzung der Beteiligungsverfahren. Stakeholder Management wird offenbar noch nicht als systematische Akzeptanzsicherung verstanden, sondern als punktuelle und zeitlich begrenzte Risikominimierung.

Gefahren einer partizipativen Vorgehensweise sind präsent
Politiker sind grundsätzlich offen für die Erwartungen der Bürger, sich aktiv an der Planung und Gestaltung der Vorhaben zu beteiligen. Allerdings sind den Befragten vor allem die Gefahren einer partizipativen Vorgehensweise präsent: Gerät ein Großprojekt in die Diskussion, wird sich der Planungszeitraum vermutlich verlängern, und das Projekt könnte sogar scheitern. Deshalb empfehlen die befragten Politiker, Bau- und Infrastrukturprojekte primär als lokale Ereignisse zwischen Kommune, Vorhabenträger und Genehmigungs-behörden zu betrachten.

Dieses Ergebnis legt ein deutliches Unbehagen unter den Befragten offen: Einerseits gehen die meisten Politiker davon aus, dass partizipative Elemente zunehmen werden. Andererseits kümmert sich die Politik noch zu wenig um Verfahren und Methoden zur gemeinsamen Findung tragfähiger Lösungen. Damit gerät auch die grundlegende Frage in den Blick, ob Bürgerbeteiligung entscheidungsvorbereitend und direktdemokratisch angelegt werden soll. Die befragten Politiker sind unentschieden. Für die kommenden Jahre ist ein Konflikt vorprogrammiert.

Die komplette Studie „Smarte Partizipation?!“ kann auf der Website der Dialoggesellschaft kostenlos bestellt werden.

Über die „DialogGesellschaft“
Dialog und Beteiligung können Akzeptanz für gesellschaftlich und wirtschaftlich wichtige Investitionsvorhaben sicherstellen. Allerdings sind die Erfolgsfaktoren gelungener Dialog- und Beteiligungsverfahren noch nicht ausreichend erforscht. Aus diesem Grund wurde die Veranstaltungsreihe „DialogGesellschaft“ von der Agentur Johanssen + Kretschmer im Januar 2014 initiiert. Die „DialogGesellschaft“ bringt in regelmäßigen Abständen Experten und Entscheider aus Wirtschaft, Politik, Behörden, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammen, um den wissensbasierten Austausch über professionelle Dialog- und Beteiligungspraxis voranzutreiben.


Wir haben die Kommentarfunktion wegen zu vieler Spam-Kommentare abgeschaltet. Sie können uns aber trotzdem Ihre Meinung zu diesem Artikel als Leserbrief direkt zusenden. Falls Sie wünschen, dass wir Ihren Leserbrief als Kommentar dem Artikel hinzufügen, vermerken Sie dies bitte in der Mail an uns.
leserbrief@pr-journal.de


Heute NEU im PR-Journal