Studien Studie: Europäische PR-Agenturen im Einsatz für Diktaturen?

„Das Geld liegt schließlich nicht auf der Straße.“ Oder: „Wir müssen einfach dafür sorgen, genügend Umsätze zu generieren, um unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen sicheren Arbeitsplatz bieten zu können.“ – So oder ähnlich könnten die Rechtfertigungen von internationalen Agenturchefs lauten, die – sagen wir es einmal moderat – „umstrittene“ Etats zur Imagepflege von zweifelhaften Regimen übernommen haben. Die Partnerorganisation von LobbyControl – Initiative für Transparenz und Demokratie e.V. in Köln, die Corporate Europe Observatory (CEO) in Brüssel, wollte es genauer wissen und hat eine Studie über die Imagepflege von Diktaturen und unterdrückerischen Regimen veröffentlicht. Unter der Überschrift „Spin doctors to the autocrats: how European PR firms whitewash repressive regimes“ wird in 18 Länder-Fallstudien untersucht, wie PR-Agenturen und Denkfabriken in Brüssel für solche Regime gute Stimmung machen und – so heißt es auf der LobbyControl-Website – „sie ins rechte Licht rücken und Menschenrechtsverletzungen und andere Probleme unter den Teppich kehren.“

In den Falldarstellungen der Studie tauchen auch die Namen von internationalen Agenturnetzwerken auf, die in Deutschland eine wichtige Rolle spielen, u. a. Ketchum, Brunswick, Hill & Knowlton, Weber Shandwick, Burson Marsteller, M&C Saatchi und Havas PR. Doch inwieweit mit einem Engagement für Russland, die Ukraine oder Israel – um nur drei der 18 Länder zu nennen, die im Report aufgeführt werden – eigene Verhaltensregeln oder Corporate Social Responsibility-Leitlinien der beteiligten PR-Agenturen und Lobbyisten verletzt werden, muss in jedem Einzelfall und in Abhängigkeit vom Zeitpunkt des Engagements geprüft werden. Denn noch vor zwei Jahren war es beispielsweise weitgehend unkritisch für die Regierung von Russland tätig zu werden.

Zu den Fallstudien gehören aber auch Darstellungen:

  • wie PR-Agenturen das Image von Nigerias Präsident Jonathan Goodluck vor der anstehenden Wahl reinwaschen;
  • wie der Kandidat für die kenianische Präsidentschaftswahl, Uhuru Kenyatta, eine PR-Agentur angeheuert hat, um den Internationalen Strafgerichtshof zu diskreditieren, der ihn der Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezichtigt;
  • wie großzügig finanzierte PR-Firmen und ihre Freunde aus dem Europäischen Parlament für die zunehmend repressive Diktatur in Aserbaidschan arbeiten.

Zu den Fallstudien gehören allerdings keine Darstellungen, die den Einsatz US-amerikanischer Regierungsstellen an der europäischen PR-Front beschreiben, das wurde in einem Kommentar auf der LobbyControl-Website kritisch angemerkt. Dies näher zu beleuchten wäre sicher ein interessanter Aspekt für eine Folgestudie.

Laut LobbyControl und CEO zeigt die aktuell vorliegende Studie, wie notwendig ein verpflichtendes Lobbyregister ist. CEO fordert es als Fazit aus der Studie, um mehr Transparenz über das Wirken von PR-Agenturen und Lobbyisten in Brüssel zu schaffen.

Hier geht es direkt zum PDF-Dokument der Studie, hinterlegt auf der Website von Corporate Europe Observatory.

Seitennavigation