Studien Studie: Lebensmittelwirtschaft verschenkt viel Potenzial in Kommunikation mit Verbrauchern

Grosse Boeckmann EngeluZimmermannWas geschieht, wenn der Verbraucher versucht, in Dialog mit dem Unternehmen zu treten? Sei es, weil ihm die Wurst nicht schmeckt, die Kuchenverpackung schwer zu öffnen ist oder er wissen möchte, ob die Milch von glücklichen Kühen stammt? Reagiert der Hersteller, und wenn ja, wie und wie oft? Und welche Möglichkeiten werden Kunden on- und offline geboten, mit dem Hersteller zu kommunizieren? Die Engel & Zimmermann AG, Unternehmensberatung für Kommunikation aus Gauting, sucht nach Antworten. In einer aktuellen Untersuchung zur Verbraucherkommunikation in der Lebensmittelwirtschaft 2015 wurden 60 deutsche Markenhersteller auf den Prüfstand gestellt. Das Fazit: Unternehmen verschenken noch zu viel Potenzial für eine erfolgreiche Positionierung bei Verbrauchern und im Markt. Gerade im Kreuzfeuer von Verbrauchermisstrauen und krisenwirksamen Medienauftritten von Meinungsbildnern bleiben wertvolle Chancen für Unternehmen noch ungenutzt. Maria Große Böckmann (Foto), Expertin für Verbraucherkommunikation bei Engel & Zimmermann, erklärt dazu: „Nur wenige Unternehmen haben die Kommunikation mit dem Verbraucher bereits als Differenzierungsmerkmal für sich entdeckt.“

Einblick in die Qualität der Verbraucherkommunikation
Untersucht wurden jeweils 15 Unternehmen aus den Teilbranchen Fleischerzeugnisse, Molkereiprodukte (MoPro), Süß- / Dauerbackwaren (SBW) und alkoholfreie Getränke (AfG). Die Studie wurde über einen Zeitraum von sechs Monaten erhoben; mittels eines Pseudonyms wurden Markenhersteller mit bis zu drei aufeinander aufbauenden, realitätsnahen Verbraucheranfragen konfrontiert und die Antwortschreiben nach Inhalt, Sprache und Form beurteilt. Große Böckmann: „Damit geben wir einen Einblick in die Verbraucherkommunikation der Lebensmittelwirtschaft.“ Die wissenschaftliche Unterstützung bei Design, Aufbau und Durchführung erfolgte durch Diplom-Ingenieurin Marla Reck von der Universität Hohenheim. In diesem Zusammenhang nahm Engel & Zimmermann keinen Einfluss auf die Auswahl der untersuchten Hersteller.

Wie‘s dem Verbraucher schmeckt, interessiert nicht
Aus der Analyse der Antwortschreiben gehen große Defizite hervor: Gerade bei Kritik an der Produktsensorik, einem der wichtigsten Aspekte bei Lebensmitteln, enttäuschen viele Hersteller. Große Böckmann: „Auf die Bemerkung, ein Produkt entspreche nicht dem persönlichen Geschmack, reagierten viele Hersteller abwehrend oder sogar persönlich beleidigt.“ Anstatt ein anderes Produkt aus dem Sortiment zu empfehlen, erklärte man häufig, das Produkt müsse „so schmecken“ oder gar, die Produkte des Wettbewerbers seien „auch nicht besser“. So konnten Hersteller alkoholfreier Getränke gerade einmal etwas mehr als 66 Prozent der gesetzten Kriterien (bezogen auf Form, Sprache und Inhalt) erfüllen, Hersteller von Molkereiprodukten und Süß- / Dauerbackwaren weisen mit einem Erfüllungsgrad von jeweils 81 Prozent ebenfalls Verbesserungspotenzial auf. Lediglich die Fleischbranche kann in diesem Punkt voll überzeugen – 96 Prozent aller Bewertungskriterien wurden erfüllt, wenn es um die Produktsensorik ging.

Auch bei Fragen zu den Aspekten Inhaltsstoffe und Produktverpackung gibt es in den Teilbranchen stellenweise noch substanziellen Verbesserungsbedarf. Grundsätzlich positiv war der Umgang mit Anfragen hinsichtlich des Produktsortiments als auch die Behandlung von Ideen und Anregungen.

Es gibt sie noch: Die Kommunikationsverweigerer
„Viele Unternehmen haben noch nicht verstanden, dass Kunden immer mehr in einen echten Dialog treten wollen – gerade in Zeiten, in denen eine E-Mail oder ein Facebook-Post schnell geschrieben ist“, so Große Böckmann weiter. Oft reiche es daher nicht mehr aus, nur eine Anfrage zu beantworten, denn immer öfter stellten die Verbraucher weitere Rückfragen. Um zu ermitteln, wie weit die Dialogbereitschaft geht, wurden die Unternehmen daher bis zu drei Mal angeschrieben. Antworteten auf die erste Anfrage rund 93 Prozent der Unternehmen, blieb die auf der Herstellerantwort basierende Folgeanfrage jedoch schon in 23 Prozent der Fälle unbeantwortet. Auf eine weitere Rückfrage meldeten sich von den verbleibenden Unternehmen immerhin noch 84 Prozent zurück. Besonders auffällig: Lediglich rund 60 Prozent der Fleischverarbeiter reagierten auf eine Folgeanfrage.

Weitere Highlights der Studie:

  • Angebot Kommunikationskanäle: Nur 25 Prozent offerieren Social Media Kanäle, Fleischverarbeiter und Molkereiprodukte-Hersteller verhalten sich noch zurückhaltend.
  • Anfragenbearbeitung: Molkereiprodukte-Hersteller punkten mit einem persönlichen Umgangston.
  • Reaktionsschnelle und Rückmeldequote: Fleischverarbeiter offensichtlich in ständiger Alarmbereitschaft, Hersteller alkoholfreier Getränke oft zu langsam.
  • Unternehmensgröße: Großkonzerne überzeugen mit Verfügbarkeit und Struktur, kleine / mittlere Unternehmen überraschen mit Empathie.
  • Viele Kommunikationskanäle UND zuverlässige Beantwortung: Süß- / Dauerbackwaren-Hersteller liegen vorn, Hersteller alkoholfreier Getränke haben deutlichen Nachholbedarf.

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