Studien Wien: Studie des PR-Ethik-Rats zeigt ethische Risiken und mögliche Glaubwürdigkeitsverluste – Moral für Kommunikationsbranche nicht mehr leistbar?

PRVA PR Ethik Rat Faber Wiener Einwiller Mhlbauer 300x200Die Kommunikationsbranche steht vor immensen unternehmensethischen Herausforderungen. Ökonomisierung, Wettbewerbs- und Erfolgsdruck und immer kurzfristigeres Denken führen immer öfter zu Grenzüberschreitungen. Hinzu kommen Entwicklungen der Kommunikation, die diese Abkehr verstärken: Abbau des objektiven Journalismus zugunsten von Content Marketing und vor allem die noch großteils rechtlich ungeregelten Mechanismen und Anwendungsbereiche der digitalen Medien stellen Kommunikatoren in Unternehmen wie auch Agenturen vor große Herausforderungen.
Dies sind nur einige Ergebnisse einer qualitativen Befragung und Analyse des österreichischen PR-Ethik-Rats (Foto: v.l.n.r.: Gabriele Faber-Wiener, Sabine Einwiller, Brigitte Mühlbauer). Ziel war und ist es, einen Überblick über die größten ethischen Herausforderungen, Dilemmata und Probleme zu erhalten, um einerseits einen öffentlichen Diskurs anzuregen, den es so in Österreich derzeit nicht gibt, und andererseits geeignete Hilfestellungen für einen besseren Umgang zu geben.

Diese Analyse ist der erste Schritt zu einem Kompetenzentwicklungsprogramm für Ethik in der täglichen Praxis (i.e. Ethical Literacy). In Tiefeninterviews wurden 16 erfahrene PR-PraktikerInnen sowie EinsteigerInnen befragt sowie im Vorfeld Gespräche mit ExpertInnen aus Medienethik und Branche geführt.
Die Ergebnisse lassen sich zu grundlegenden unternehmensethischen Probleme zusammenfassen, die wiederum aus zwei Bereichen bestehen: allgemeine ökonomische Entwicklungen und Sachzwänge/mediale Entwicklungen.  Der Bericht ist zum Download unter www.prethikrat.at/news verfügbar.

Kommunikatoren fühlen sich gegenüber den „Sachzwängen“ ohnmächtig
„Ein ernüchterndes Ergebnis war das vorherrschende Gefühl, man könne sich Moral nicht mehr leisten. Dies zeigt die scheinbare Ohnmacht vor den Sachzwängen bzw. der ökonomischen Entwicklung“, so Gabriele Faber-Wiener, Vorsitzende des PR-Ethik-Rats und Expertin für Unternehmensethik. Branchendruck bzw. Branchenusus wird oft als Erklärung bzw. versuchte Rationalisierung für ethisch problematisches Handeln angeführt. Hinzu kommt, dass sich die bisherigen Branchengrenzen von Journa-
lismus, PR, Marketing und Werbung vor allem durch die digitale Entwicklung immer mehr auflösen, und weder Strukturen noch Regularien dieser Entwicklung nachkommen.  

Ebenfalls sehr skeptisch wird die Entwicklung von Journalismus hin zu Content Marketing betrachtet. Laut Ansicht der PraktikerInnen untergräbt sie nicht nur die Glaubwürdigkeit der Kommunikation, sondern vor allem die der Medien, deren ureigene Aufgabe die objektive Berichterstattung sei. „Verlage sind Glaubwürdigkeits-Gatekeeper. Wenn sie sich nur mehr als Informationslieferant sehen, ist ihre Korrektiv-Rolle wegrationalisiert – diese bildet aber ihre Legitimierung und ihren ureigensten Zweck. Damit machen sie sich selbst beliebig und austauschbar“, so Faber-Wiener. 

Langfassung der Studie (Download)

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