Agenturen 15 Jahre Storymaker: Zwei Momentaufnahmen

Haug Heidrun Eichstaedt Bjoern StorymakerDie Tübinger Agentur Storymaker feiert ihr 15-jähriges Bestehen. Am 23. April 2001 war es soweit, Heidrun Haug (Foto r.) machte sich selbständig. Jetzt blickt die Agenturgründerin zurück und erinnert sich, wie es war, eine eigene Agentur zu gründen, wie es sich anfühlte, im „Schwäbisches Tagblatt“ unter „Bekanntmachungen“ den eigenen Namen zu lesen. Die Art des Rückblicks macht dem Namen der Agentur alle Ehre: Heidrun Haug erzählt ihre persönliche Geschichte und spricht dabei auch über ihre Gefühle. Sie berichtet von der Gründungssituation, von ihren Ängsten und Erfolgen. Björn Eichstädt (l.), den sie 2001 als ersten Trainee eingestellt hatte, ist heute ihr Partner in der Gesellschaft und in der Geschäftsführung. Er assistiert seiner früheren Chefin und gibt einige wenige Stichworte. Das genügte. Heidrun Haug schildert anschaulich, wie sich ihre Agentur aber auch sie selbst in den zurückliegenden 15 Jahren verändert hat.

Von Björn Eichstädt

Vor 15 Jahren gründete die Journalistin und PR-Beraterin Heidrun Haug die Agentur Storymaker. Was passierte im Jahr 2001 und wie sieht sie die Entwicklung heute? Zwei ganz persönliche Fragen und zwei noch persönlichere Antworten.

Björn Eichstädt: „Wir schreiben den 23. April 2001. Was ist gerade in Deinem beruflichen Leben passiert, wieso ist es geschehen und wie stellst Du Dir Deine Zukunft vor?"

Storymaker Bekanntmachung GruendungHeidrun Haug: „Steht es wirklich drin? Ich blättere das „Schwäbisches Tagblatt“ durch, bis zu den Seiten, die mich eigentlich nie interessieren: „Bekanntmachungen“. Ganz klein gedruckt steht in der Spalte unter „Amtsgericht Tübingen – Handelsregister“ mit der Nummer HRB 2217: „23.4.2001 – Storymaker Agentur für Public Relations GmbH (Fürststr.7) ... Stammkapital: 25.000,00 DM. Geschäftsführerin: Heidrun Haug...“ Eine kaum lesbare Notiz für die Öffentlichkeit, ein riesiger Schritt für mich. Jetzt also kann es jeder wissen, der es wissen will: Ich bin Unternehmerin. Ein lieber Freund, der so was wie eine männliche Hebamme bei dieser Geburt war und später mein Erziehungsberater wurde, hat den Auszug aus dem Handelsregister in einen Storymaker-grünen Rahmen gepasst; das Bild hängt hinter meinem Schreibtisch.

Das Geld für den Start – für die Pflichteinlage, aber auch Räume, Ausstattung und Mitarbeiter (das läppert sich schon zusammen) – hatte ich gespart. Bloß keinen Kredit aufnehmen müssen! Man hängt ja so schon mit allem was man hat in der Verantwortung. Und die Zeit damals war für Startups nicht gerade ermutigend: Der Neue Markt, das frische Börsensegment für deutsche High-Tech-Neuankömmlinge, produzierte täglich Horrormeldungen. Brokat, Pixelpark, Intershop meldeten nur noch Verluste. „Viel Schrott“, konstatierte Unternehmensberater Roland Berger. Auf 8.500 Punkte war der NEMAX in 2000 gestiegen, als ich mit Storymaker an den Start ging, lag er unter 2.000. Und ich war heilfroh, dass ich gegenüber Ratschlägen, ich solle eine AG gründen und mit diesem „tollen Namen“ (da gibt es bis heute viele Neider!) den Börsengang ins Visier nehmen, resistent blieb.

Kann ich das, Unternehmerin sein? Ich habe Germanistik, Politik- und Kommunikationswissenschaften studiert, meine ersten Berufsjahre als Journalistin (schon in der Schule mein Traum) verbracht. Als selbständige PR-Beraterin und freiberufliche Journalistin hatte ich einige Jahre meine Einnahmen und Ausgaben brav für das Finanzamt gelistet. Aber BWL, Personalführung, Vertragswesen? Keine Ahnung. Plötzlich sah ich mich mit Deckungsbeitragsrechnung, Rohertrag, Rückstellungen und und und konfrontiert. Schlimmer: Mitarbeiter, die jeden Monat kosten und Ansprüche stellen, aber kaum Umsatz bringen. Viel schlimmer: den Kunden nicht die Qualität liefern, die diese von mir gewohnt waren. Noch viel schlimmer: Bockig werden, wenn ich die Chefin raushänge.

Ich komme ins Schwadronieren. Je älter man wird, desto mehr Geschichten hat man auf Lager. Schluss!"

Eichstädt: „Wir schreiben den 23. April 2016. 15 Jahre später. Was erzählst Du Deinem 15 Jahre jüngeren Ich über die letzten 15 Jahre und welche Tipps gibst Du der frischen Gründerin?"

Haug: „Tja, was sage ich heute zu meinem 15 Jahre jüngeren Ich: Heidi, du hast dein Leben bereichert – hast mit „Storymaker“ auf ein gutes Pferd gesetzt, kreative und engagierte Mitstreiter gefunden, ein starkes Team entwickelt, sogar in China Fuß gefasst und all die Irrungen und Wirrungen der globalisierenden und digitalisierenden Wirtschaft überlebt. Nie die Hilfe der Banken benötigt, die Insolvenzen oder Übernahmen mancher vermeintlich viel stärkerer Kunden überstanden. Personalführung ist für mich die anspruchsvollste Managementdisziplin geblieben. Zahlen lassen sich korrigieren, Menschen sind wie sie sind.

Was Dich am Anfang erfolgreich gemacht hat: Inhalte und Stories zu vermitteln, sind bis heute die Kernkompetenz geblieben – obgleich sich das Geschäft und die Branche radikal verändern.

Das Wagnis „Unternehmer sein“ hat mein Leben, hat mich verändert. Nicht meinen Lebensstil, auch nicht meinen Freundeskreis oder meine Werte. Ich habe den Schritt nie bereut. Und lerne jeden Tag hinzu. Tipps oder gar Rezepte „man nehme...“ halte ich für wenig hilfreich. „Wir irren uns voran“, lautet eine Managerweisheit. Zu diesem Aufbruch musst Du bereit sein. Man darf keine Angst haben vor Entscheidungen. Obgleich man weiß, dass die Entscheidung falsch sein kann. Würde ich was anders machen? Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich den Schritt zur Unternehmensgründung früher machen.

Seit einiger Zeit bereite ich die Zukunft für die Agentur Storymaker vor, damit sie auch ohne mich gut leben kann. Das ist kein Abschied, sondern Zukunftsvorsorge. Das Schöne und Beruhigende daran ist, dass ich Björn Eichstädt, den ich 2001 als ersten Trainee eingestellt hatte, als Partner in der Gesellschaft und in der Geschäftsführung sowie inzwischen ein starkes Team an langjährigen, erfahrenen und an jungen, lernbegierigen Kolleginnen und Kollegen an der Seite habe. Die Agentur ist schuldenfrei, hat anspruchsvolle Kunden, tolle Projekte, einen guten „Drive“ – offenbar habe ich viel gelernt in diesen 15 Jahren. Die nächsten 15 Jahre können kommen und uns weiter verändern."

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