VDI-LogoAus einer Ecke, aus der es am wenigstens zu erwarten war, kommt jetzt – quasi auf dem Silbertablett serviert – ein bisher nicht ausreichend und gründlich in Akquisitionen einbezogenes Geschäftsfeld. Gemeint ist die Richtlinie 7000 des Vereins Deutscher Ingenieure e.V., Düsseldorf, die derzeit noch als Entwurf bezeichnet wird. Darin geht es um die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit bei Industrie- und Infrastrukturprojekten. Der Text liest sich wie ein ausgereiftes Kommunikationskonzept und kann tatsächlich als Vorlage für jedes größere Projekt dienen.

„Organisationen stehen heute unter einem wachsenden kommunikativen Handlungsdruck, wenn sie öffentlich-relevante Industrie- oder Infrastrukturprojekte durchführen wollen. Häufig werden Konflikte mit Anspruchsgruppen – zum Beispiel beim Bau von Industrieanlagen oder bei Projekten in gesellschaftlich umstrittenen Themenfeldern – erst im Rahmen von Planungs- und Genehmigungsverfahren sichtbar“, heißt es einleitend und darin weiter: „Bis die Konflikte in den gesetzlich geregelten Planungs- oder Genehmigungsverfahren auftreten, haben Organisationen aber bereits einen langen Management- und Entwicklungsprozess durchlaufen. [..] Durch diesen großen zeitlichen Vorlauf entsteht eine Asymmetrie des Wissens und der Kommunikation zwischen der Organisation auf der einen Seite und den Anspruchsgruppen auf der anderen Seite. Dies führt häufig zu einer Verschärfung der öffentlichen Debatte und des politischen Drucks.“

Öffentlichkeit früh beteiligen
Der VDI rät von daher dazu, bei Industrie- und Infrastrukturprojekten die Öffentlichkeit früh zu beteiligen. Das Konzept der VDI-Richtlinie 7000 stellt nach eigener Bewertung den gegenwärtigen Stand des Wissens für erfolgreiche frühe Öffentlichkeitsbeteiligung dar und „wurde aus der systematischen Analyse erfolgreich durchgeführter Projekte heraus und im Dialog mit Experten für Beteiligungsverfahren sowie Praktikern von privaten und öffentlichen Vorhabenträgern, Landes- und Bundesbehörden, zivilgesellschaftlichen Gruppen und Verbänden entwickelt.“

Richtlinie kommt in Buchform
Für die operative Umsetzung werden einzelne Prozessschritte vorgeschlagen. Allein das Inhaltsverzeichnis liest sich wie ein sehr klares Konzeptpapier. Eine frühe und systematische Beteiligung der Öffentlichkeit soll nach dieser Richtlinie den folgenden Zwecken dienen: Aufbau des Vertrauens in Akteure und Prozesse, Risikominderung für die Vorhabenträger, Verbesserung der Planungsprozesse und -ergebnisse, Entlastung der Genehmigungsverfahren, aktive Steuerung des Prozesses. Mitte des Jahres soll die Richtlinie abschließend in Buchform veröffentlicht werden.

Steilvorlage für Kommunikationsverbände
Eine gewisse Parallele zur der bekannten „Kunst am Bau“ ist nicht zu verkennen. Auch wenn in der VDI-Richtlinie die dort verlangten ein oder anderthalb Prozentpunkte aus dem Bautitel an Kosten für Kommunikation nicht ausdrücklich genannt wird, so lässt sich doch aus der gesamten Aufgabenbeschreibung des VDI die Forderung nach Kommunikationsprozenten ableiten. Die Kommunikationsverbände sollten diese Steilvorlage aufgreifen.


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