Interview mit Daryl Willcox (Foto), Gründer und CEO von ResponseSource

Willcox Daryl Gruender ResponseSourceRecherchen von Journalisten über eine Plattform? Vor 15 Jahren gehörte noch ein hohes Maß an Vorstellungsvermögen dazu, um Medienschaffende und Kommunikationsverantwortliche für eine solche Art der Zusammenarbeit zu interessieren. Und so musste der Firmengründer von DW Publishing Ltd, Daryl Willcox, viel Überzeugungskraft an den Tag legen, um seine Plattform ResponseSource ans Laufen zu bringen. Heute ist Willcox mit jährlich rund 24.000 Anfragen und rund 6.000 registrierten Kommunikationsverantwortlichen Marktführer mit seinem Recherchedienst in Großbritannien. Mit über 900 registrierten Kommunikationsverantwortlichen aus Unternehmen, Agenturen, Forschungseinrichtungen und Non-Profit-Organisationen ist die Plattform auch im deutschsprachigen Raum etabliert. Journalisten von Verbraucher- und Fachmedien, regionalen und überregionalen Tageszeitungen recherchieren über ResponseSource für namhafte Medien wie zum Beispiel die „Süddeutsche Zeitung“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Galileo TV“, „PC-Welt“ oder „National Geographic Online“. Das „PR-Journal“ sprach mit Willcox über die Entwicklung seines Unternehmens.

PR-Journal: Sie waren selbst als freischaffender Journalist tätig, bevor Sie sich 1997 dazu entschlossen, Ihr eigenes Unternehmen zu gründen und Dienstleistungen für PR-Verantwortliche und Journalisten anzubieten. Wie kamen Sie auf die Idee und was war Ihr Ziel?
Daryl Willcox: Ich schrieb über den Nutzen von IT für Unternehmen und dabei kam es mir einfach verrückt vor, dass die Medien in der Kommunikation zwischen PR-Verantwortlichen und Journalisten selbst so wenig Technik benutzten. So entstand die Idee, einen Service zu gründen, der es beiden Seiten leichter machen würde, effektiv zusammen zu arbeiten. Ich wollte einerseits Journalisten die Möglichkeit geben, PR-Verantwortlichen genau mitteilen zu können, was sie benötigen und wann, und andererseits wollte ich PR-Verantwortlichen wertvolle Erkenntnisse darüber ermöglichen, was Medien wirklich brauchen.

PR-Journal: Seitdem hat sich viel verändert. Mit der heutigen Digitalisierung stehen Ressourcen, Tools sowie Marketing-Plattformen frei zur Verfügung. Ist PR eine sterbende Kunst? Wie können sich PR-Verantwortliche heutzutage behaupten?
Willcox:Ich glaube nicht, dass PR eine sterbende Kunst ist. Ganz im Gegenteil, ich denke, dass PR an Bedeutung gewonnen hat. Während direkte Werbung durch digitale Tools einfacher geworden ist, ist PR für Fortgeschrittene wichtiger denn je, weil Unternehmen sich der Geltung von Reputationsmanagement bewusst geworden sind. PR hat sich sicherlich stark verändert – es geht nicht nur um Presseverteiler und ausgiebige Lunches mit Journalisten. PR ist tatsächlich technischer geworden, aber die fundamentalen Fähigkeiten in der Beziehungsarbeit und Kommunikation, die immer den Kern der PR bildeten, sind noch immer eine grundsätzliche Voraussetzung. Gerade mit diesen Fähigkeiten können sich heute Kommunikationsverantwortliche gegen digitale Marketing-Verantwortliche, die mittlerweile PR-ähnliche Dienstleistungen anbieten, behaupten.

PR-Journal: Seit 2013 bieten Sie mit ResponseSource in Deutschland, Österreich und der Schweiz eine Online-Plattform an, über die Journalisten Recherche-Anfragen an PR-Verantwortliche und Unternehmen aus 25 Themenbereichen stellen können. Können Sie kurz erklären, wie dieser Service funktioniert und wie sowohl Journalisten als auch PR-ler davon profitieren können?
Willcox: ResponseSource gibt Journalisten die Kontrolle über die Inhalte, die sie von Kommunikationsverantwortlichen anfragen. Über ein Formular auf responsesource.de geben Journalisten an, welches Material sie benötigen – zum Beispiel Angaben zu Ansprech- oder Interviewpartnern, spezifische Hintergrundinformationen, Bilder oder Test-Produkte – sowie ihre Terminfrist für Rückmeldungen und Kontaktangaben. Die Anfrage wird dann an Kommunikationsverantwortliche aus einer Vielfalt an Unternehmen übermittelt die sich für die entsprechenden Themenkategorien angemeldet haben. PR-ler können dann direkt den Journalisten mit dem gewünschten Input kontaktieren.

PR-Journal: Was ist der Vorteil für Journalisten und PR-Verantwortliche?
Willcox: Der Vorteil für Journalisten ist, dass es den Recherche-Prozess verkürzt – was sehr relevant ist in einer Zeit, in der Journalisten zunehmendem Zeitdruck ausgesetzt sind. Journalisten können außerdem ihr Netzwerk an Ansprechpartnern erweitern und ihre Arbeit mit relevanten Quellen bereichern.
PR-Verantwortliche können anhand der Anfragen Beziehungen mit Journalisten aufbauen, die ihnen vorher vielleicht noch unbekannt waren. Zudem führt das gute Antworten auf Anfragen oft zu Berichterstattungen in der Presse. ResponseSource dient zugleich als eine Art Medien-Barometer, das ein aktuelles Bild der Themen verschafft, an denen Journalisten derzeit arbeiten.

PR-Journal: ResponseSource launchte Ende der 90er Jahre in Großbritannien, wo es heute ein etablierter Service ist. Was charakterisiert die britische Medien- und PR-Landschaft in Ihren Augen und welche Aspekte würden Sie gern exportieren?
Willcox: Die britische Medien- und PR-Szene ist dynamisch und innovativ in der Entwicklung von Medien und PR-Kompetenzen. Die Trennlinien zwischen PR und Journalismus sind etwas verschwommen, besonders angesichts der Zunahme von Content Marketing und Markenjournalismus. Ich glaube allerdings, dass auf lange Sicht hin unabhängige Medien ihre Neutralität als Argument bei Lesern immer durchsetzen können. Die große Frage, auf die wir allerdings noch keine Antwort haben, ist, wie sich damit Geld verdienen lässt und wie unabhängiger und investigativer Journalismus sich zukünftig finanzieren kann.
Was ich sehr gern in der britischen Medienlandschaft sehe ist ein Wille, mit verschiedenen Tools zu experimentieren, sowohl im Journalismus als auch in der PR. Wir sehen diesen Trend nun auch in den deutschen und französischen Medienlandschaften und deshalb hoffe ich, dass ResponseSource in diesen beiden Märkten zur richtigen Zeit an den Start ging.


Wir haben die Kommentarfunktion wegen zu vieler Spam-Kommentare abgeschaltet. Sie können uns aber trotzdem Ihre Meinung zu diesem Artikel als Leserbrief direkt zusenden. Falls Sie wünschen, dass wir Ihren Leserbrief als Kommentar dem Artikel hinzufügen, vermerken Sie dies bitte in der Mail an uns.
leserbrief@pr-journal.de