Uwe Knaus

Uwe Knaus

Das Daimler-Blog gilt als Vorzeige-Corporate-Blog und gibt seinen Lesern nun schon seit einigen Jahren neue und ungewöhnliche Einblicke in den Konzern. PRJ-Redaktionsmitglied Nadja Amireh von get noticed! Düsseldorf hat Uwe Knaus, Manager Corporate Blogging & Social Media Strategy der Daimler AG in Stuttgart befragt, ob es schwierig war, Vorgesetzte und Kollegen von der Idee des Blogs zu überzeugen, was das Blog bisher genützt hat und welche Social Media Trends er spannend findet.

1. Daimler war einer der Vorreiter mit seinem Corporate Blog. War es schwierig Vorgesetzte und Kollegen von der Idee des Blogs zu überzeugen?
Unsere Kommunikationsabteilung beschäftigt sich seit geraumer Zeit mit dem Medienwandel und den damit einhergehenden Veränderungsprozessen. Wir analysieren laufend, welche Zielgruppen wir über welche Kanäle erreichen können, diskutieren die jeweiligen Vorteile sowie Risiken und wägen sie sorgsam gegeneinander ab. Insofern wurde bereits vor fünf Jahren relativ schnell entschieden, dass das Daimler-Blog eine sinnvolle Ergänzung zur „One Voice Policy" ist. Die Überzeugung innerhalb des Unternehmens kam sozusagen „von selbst". Man darf nicht vergessen, dass die Entscheidung, ob ein Corporate Blog ein sinnvolles Kommunikationsinstrument ist, zwar bei der Kommunikationsleitung liegt. Ob es jedoch mit Leben gefüllt wird, ist auch davon abhängig, wie es von der Belegschaft akzeptiert wird. Bei uns schreiben die Kollegen freiwillig und zusätzlich zu ihrer „normalen" Tätigkeit. Das bedeutet: Bloggen ist für sie Zusatzaufwand. Eine wissenschaftliche Untersuchung aus dem Jahr 2010 ergab, dass bloggende Mitarbeiter stark mit ihrem Unternehmen verbunden und hoch motiviert sind. Die Kunst besteht darin, diese Kollegen ohne viel eigene Überzeugungsarbeit von einer aktiven Blog-Teilnahme zu überzeugen und dadurch als digitale Botschafter zu gewinnen, damit ihre Motivation auch im Netz sichtbar wird.
2. Was hat sich seit dem Start des Blogs verändert und was hat Daimler das Corporate Blog bisher genützt?
Ich würde die Frage zunächst gerne umdrehen wollen: Was nützt das Corporate Blog dem Leser? Bei der Beantwortung dieser Frage spielt das Thema „Transparenz" eine ganz entscheidende Rolle: Unternehmen werden mit zunehmender Komplexität und Größe von Außenstehenden häufig als unübersichtlich und unnahbar empfunden. Viele Menschen denken zuerst an Mercedes-Benz, wenn der Name „Daimler" fällt; und dabei in der Regel an die Pkw-Sparte. Unsere Nutzfahrzeugsparte, die Busse, aber auch Marken wie Freightliner, Fuso, smart oder gar die Mercedes-Benz Bank werden nicht immer auf Anhieb mit Daimler in Verbindung gebracht. Falls man keinen kennt, der hier arbeitet, besteht kaum die Möglichkeit, hinter die Kulissen zu schauen. Wenn nun Mitarbeiter ihre Erfahrungen ins Netz stellen - authentisch und offen - wird unser Konzern zunehmend transparenter und das Innenleben als deutlich erlebbarer wahrgenommen; aufgrund der Firmengröße gilt dies nicht nur für Außenstehende sondern auch für die eigenen Mitarbeiter. Corporate Blogs sind daher gerade für Konzerne ein wertvolles Werkzeug, um trotz ihrer Größe weniger komplex zu wirken und zugänglicher zu werden. Durch sie erleben Außenstehende unser Unternehmen nicht mehr als Black Box, sondern erfahren etwas über die Strukturen und die Menschen, die bei Daimler arbeiten.

Dass das Daimler-Blog pro Monat von bis zu 40.000 Unique Visitors gelesen wird, die pro Besuch durchschnittlich acht Minuten bleiben, ist ein deutlicher Hinweis, dass wir mit unserem Konzept Nutzen für den Leser stiften. Hier sehe ich auch den größten Mehrwert des Blogs für das Unternehmen.

3. Transparenz ist die eine Seite, gibt es noch weitere positive Erfahrungen?
Immer dann, wenn sich im Netz etwas zusammenbraut, das sich negativ auf unser Unternehmen auswirken könnte, ist es von Vorteil, eine gute Social Media Kommunikation zu haben. Ein Hauptbestandteil davon ist ein akzeptiertes und mit einer vernünftigen Reichweite ausgestattetes Corporate Blog. Eine PR-Krise kann vielfältige Ausprägungen haben und ist als Prozess zu verstehen, der sowohl Bedrohung als auch Chance für ein Unternehmen darstellen kann. Gerade im Social Web sehen sich die Unternehmen ständig kritischen Interessensgruppen ausgesetzt. Der Begriff „Shitstorm" ist in aller Munde und nicht umsonst Anglizismus des Jahres 2011 geworden. Am besten eignet sich der Einsatz eines Corporate Blogs, wenn sich der Sturm im Social Web gerade formiert. Reagiert man frühzeitig und adäquat mit einem Posting, besteht die Möglichkeit, dass das Thema im Netz bleibt und sich nicht auf die klassischen Massenmedien ausdehnt. Breiten sich die kritischen Inhalte aus, kann versucht werden, die Diskussion auf dem eigenen Blog und somit an zentraler Stelle zu führen. In sämtlichen Fällen, in denen wir entschieden hatten, dies zu tun, konzentrierte sich ein Großteil der Kommentare bei uns, bzw. es wurde an anderer Stelle auf uns verlinkt. Die Diskussion wurde sachlicher und unsere Reaktion auf dem Daimler-Blog war anschließend teilweise wieder Gegenstand der „klassischen" Medienberichterstattung.

4. Welche Trends im Social Media Bereich finden Sie spannend?
Es gibt einige spannende Trends im Social Web. Auf einen, der gerade Fahrt aufnimmt, will ich kurz eingehen: Gamification. Gespielt wurde schon immer, neu hinzugekommen ist die Vernetzungskomponente. Unter dem Motto „Innovationen innovativ kommunizieren" sind wir seit Oktober letzten Jahres auch im Wachstumssegment „Social Gaming" aktiv. Zum Beispiel auf Fliplife, einem Online-Browser-Game, können sich Spieler ein virtuelles Leben aufbauen. Beruflicher Aufstieg und Interaktion mit anderen Mitspielern ist dabei ein wichtiger Bestandteil. Spieler können in Projekten anfangs einfache, später herausfordernde Aufgaben lösen, die sie in die Innovationslandschaft Daimlers einführen. Dabei besteht die Möglichkeit aus dem Spiel heraus auf eigene Plattformen, wie beispielsweise die Daimler-Webseite, das Daimler-Blog oder auf unser Technologiemagazin „Technicity" zu verlinken. Zudem bezieht Fliplife andere soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter zur Kommunikation persönlicher Erfolge zwischen dem Spieler und seinen Bekannten und Freunden mit ein. Fliplife-Spieler sind im Durchschnitt 22 Jahre alt, zu 56 Prozent weiblich und gehören somit zu einer sehr interessanten Zielgruppe. Ende Juni waren 7061 Spieler virtuell bei Daimler angestellt. Zehn Prozent davon haben alle Projekte der Daimler-Karriere erfolgreich abgeschlossen, wofür sie im Durchschnitt 57 Tage benötigten. Ein Zeitraum, der die Möglichkeit bietet, um sich mit unseren Themen umfänglich auseinanderzusetzen.

5. Was ist Ihr persönliches Erfolgsrezept für Social Media, von dem auch andere Unternehmen lernen können?
Ein generelles Erfolgsrezept für Social Media gibt es nicht. Es hat aber sicherlich zu tun mit Elementen wie Offenheit, Transparenz oder auch dem Willen zum Dialog. Insgesamt gilt: Je mehr ich in ein System hineinstecke, desto mehr gibt es mir zurück – bis zu einem gewissen Grad eben. Diesen muss jeder selbst für sich definieren. Lese ich immer nur, nimmt mich keiner war; beginne ich zu liken, teilen oder mit zu diskutieren, erhöhe ich die Sichtbarkeit – und mit relevanten Inhalten auch die Akzeptanz. Die vielzitierte Authentizität spielt dabei eine nicht unerhebliche Rolle. Übertragen auf Unternehmen bedeutet das, dass die Menschen hinter den jeweiligen Social Media Aktivitäten sichtbar werden müssen. Denn Fans und Follower liken, bzw. folgen zwar Marken, interagieren wollen sie jedoch mit Menschen.


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