Unternehmen Neuregelung der Quartalsberichterstattung: Mehr Transparenz mit weniger Aufwand

Quartalsberichte KarikaturDas Korsett der Finanzmarktregulierung wird immer enger – davon wissen auch deutsche Emittenten ein Lied zu singen. Umso bemerkenswerter ist es, wenn ihr Gestaltungsspielraum zur Abwechslung einmal erweitert wird. So geschehen bei der Neuregelung der Vorgaben zur Quartalsberichterstattung für die im Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) notierten Unternehmen. Seit November 2015 gelten hier deutlich reduzierte Anforderungen. (Wir berichteten.) Dem neuen Paragraph 51a der Börsenordnung zufolge müssen die sogenannten „Mitteilungen“ zum ersten und dritten Quartal „die Beurteilung ermöglichen, wie sich die Geschäftstätigkeit des Emittenten im jeweiligen Mitteilungszeitraum entwickelt hat“. Das heißt, sie müssen Informationen enthalten über die wesentlichen Ereignisse und Geschäfte des Quartals, ihre Auswirkungen auf die Finanzlage und das Geschäftsergebnis sowie gegebenenfalls auch über die Änderungen von Prognosen und sonstigen Aussagen zur voraussichtlichen Entwicklung. (Karikatur aus: „IR Magazine“)

Die Veröffentlichung eines Zahlenwerks ist bemerkenswerterweise nicht mehr verpflichtend, so dass man theoretisch sogar auf jegliche Zahlenangabe verzichten könnte. Mit einer transparenten Informationspolitik hätte das freilich wenig zu tun.

Konzentration auf das Wesentliche

Ein Blick in die bisherige Praxis zeigt: Die Unternehmen nutzen die neuen Freiheiten unterschiedlich, aber offenbar lautet die Devise „Qualität statt Quantität“. Das ist ein wesentliches Ergebnis des Vergleichs der Berichte über das erste Quartal 2016 mit dem Vorjahr, den die TU-Darmstadt kürzlich vorgelegt hat. Knapp die Hälfte der untersuchten Unternehmen aus DAX, MDAX, SDAX und TechDAX erfüllt ihre Berichtspflicht nun in Form einer „Mitteilung“, die im Schnitt nur noch etwa den halben Umfang hat wie zuvor. Auch die Unternehmen, die noch an der Form des gewohnten „Berichts“ festhielten, haben diesen zum Teil deutlich verkürzt. Auf die Veröffentlichung eines Zahlenwerks verzichtete hingegen kaum ein Unternehmen. So wundert es nicht, dass die vom DIRK im Juni 2016 befragten Analysten und Investoren bisher auch keine fehlenden Informationen in den neuen Quartalsberichten beanstanden.

Entscheidend sind die Bedürfnisse der Zielgruppen und das jeweilige Geschäftsmodell. Hier setzen auch die Empfehlungen an, die eine Arbeitsgruppe des Deutscher Investor Relations Verbands (DIRK) im Sommer dieses Jahres vorgelegt hat. Um den IR-Verantwortlichen Orientierung bei der Auswahl der relevanten Informationen für die Quartalsberichterstattung zu bieten, hat die Arbeitsgruppe drei zentrale Grundsätze benannt: Kontinuität, Wesentlichkeit und Vergleichbarkeit.

Kontinuität sollte demnach gewahrt bleiben, wenn es um die Darstellung wesentlicher Inhalte geht, beispielsweise um die Entwicklung einzelner Segmente. Selbstverständlich sollten auch zuvor angekündigte Entwicklungen weiterverfolgt, Fortschritte ebenso erläutert werden wie eventuelle Schwierigkeiten.

Orientierten sich die bisherigen Quartalsberichte noch ganz schematisch an der Maßgabe der „Vollständigkeit“ entlang von Rechnungslegungsvorschriften (zum Beispiel des International Financial Reporting Standards, IFRS), können sich die Emittenten nunmehr auf die Erläuterung der in ihrem Fall wesentlichen Veränderungen der Ertrags-, Vermögens- und Finanzlage beschränken. Hinzu kommen im Sinne des „Expectation Management“ (idealerweise im Rahmen eines knappen Vorstandsvorworts) auch Änderungen in der Risiko- und Chancenbewertung sowie die Bekräftigung der Prognose oder gegebenenfalls Erläuterung ihrer eventuellen Anpassung.

Um schließlich auch weiterhin die Vergleichbarkeit mit der Peergroup zu gewährleisten, empfiehlt die Arbeitsgruppe des DIRK, auf ein Zahlenwerk nicht zu verzichten. Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie Kapitalflussrechnung sollten in der Regel verfügbar sein, gegebenenfalls in verkürzter Form. Dabei sollten jedoch branchentypische Besonderheiten und die entsprechenden Kennzahlen mitberücksichtigt werden.

Neue Vielfalt an Darstellungsformen

Bislang haben eine ganze Reihe von Unternehmen ihre Berichte zum ersten Quartal 2016 nur vorsichtig gestrafft und erst einmal abgewartet, wie ihre Peers mit der Neuregelung umgehen. Auf entsprechend breite Resonanz stießen auch die Empfehlungen der Arbeitsgruppe beim DIRK. Wohin die Reise letztlich geht, werden die Mitteilungen zum dritten Quartal klarer zeigen. Sicher ist jedoch schon heute: Den Empfängern der Quartalsmitteilungen wird sich eine neue Vielfalt an Darbietungsformen (vom Magazin bis zum Präsentationsformat) und Inhalten bieten.

Und das ist auch gut so, denn die Geschäftsmodelle und jeweiligen Umstände sind nun einmal hochgradig verschieden. Dafür an dieser Stelle nur ein Beispiel aus der Biotech-Branche: Wenn Umsätze und Gewinne erst in Zukunft erwartet werden, sind branchentypische Angaben zur Cash-Burn-Rate oder zum Stand der Projekt-Pipeline allemal relevanter als eine Gewinn- und Verlustrechnung für jedes Quartal.

Im optimalen Fall erleichtert die Konzentration auf individuell, beziehungsweise branchenüblich relevante Informationen dem Emittenten die Arbeit und den Kapitalmarktteilnehmern die Orientierung. Sie ermöglicht ein schnelleres Verständnis der Unternehmensentwicklung und Perspektiven und verringert das Schätzrisiko bei der Bewertung. Und eben darum geht es bekanntlich bei der Kommunikation mit dem Kapitalmarkt.

*Über die Autoren: Kay Bommer ist Geschäftsführer des Deutschen Investor Relations Verbands (DIRK), Hamburg. Regine Petzsch zeichnet bei der Münchner Agentur Advice Partners verantwortlich für die Investor Relations-Beratung.