Die deutsche PR-Agentur-Szene blickt überwiegend positiv in die Zukunft. Nichtsdestotrotz herrscht gerade bei zahlreichen kleinen und mittleren Agenturen Verunsicherung bezüglich der besten Corona-Strategie: Wie motiviert man Mitarbeiter im Home-Office? Welche Möglichkeiten eignen sich zur Erhaltung der Liquidität? Wie geht man mit Kunden um, die Etats kürzen oder streichen wollen?

Mitarbeiter brauchen gerade jetzt eine starke, bestätigende Führung!

Für etliche Führungsverantwortliche zählt momentan die Kundenpflege sowie das betriebswirtschaftliche "Fahren auf Sicht". Der eigentliche Platz von Inhabern, Teilhabern und CEOs sollte jetzt jedoch auf der Kommandobrücke sein: Schaffen Sie Vertrauen und fördern Sie den Zusammenhalt. Erinnern Sie an gemeinsame Werte, reagieren Sie schnell und unkompliziert auf Fragen und Probleme. Als PR-Profis kennen wir Paul Watzlawicks berühmten Satz (und Buchtitel) "Man kann nicht nicht kommunizieren!" Sagen Sie Ihren Mitarbeitern also klar, deutlich und regelmäßig, dass Sie hinter ihnen stehen. Halten Sie andererseits aber auch keine negativen Nachrichten zurück. Wenn Kunden abspringen, Etats reduziert oder Kampagnen in die "Post-Corona-Ära" verschoben werden, gehört es zu Ihren Aufgaben, dies umgehend zu kommunizieren und einzuordnen. Überlassen Sie die Deutungshoheit nicht dem Flurfunk. Weiterhin sollten Sie auch proaktiv und regelmäßig Stimmungslagen und Bedürfnisse abfragen, den Teamgeist stärken, die Einzelleistung würdigen und auch immer wieder den Gesamtkontext in Erinnerung rufen.

Wenn der Corona-Schutzschirm nicht reicht …

Bund und Länder haben umfangreiche Corona-Soforthilfen verabschiedet, die sich aber bezüglich Höhe und Genehmigungsvoraussetzung deutlich unterscheiden. Diese sollten – sofern abrufbar – zur Deckung der laufenden Betriebskosten verwendet werden. Stehen Jobs auf der Kippe, bietet das kürzlich aufgestockte Kurzarbeitergeld die Möglichkeit, gleichzeitig wertvolles Know-how im Unternehmen zu halten und die Existenz Ihrer Mitarbeiter zu sichern. Gerät Ihre Liquidität in Schieflage, können Sie Steuerstundungen beantragen. Wenn nötig, sollten Sie Ihren Mitarbeitern so unmissverständlich wie einfühlsam kommunizieren, dass anstehende Urlaubsanträge fair auf die zweite Jahreshälfte verteilt werden müssen.

Vertrauen und Unterstützung im Home-Office

Angesichts der bundesweit geltenden Kontakteinschränkungen und Hygiene-Vorgaben arbeitet auch in der PR-Branche ein erheblicher Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bis auf Weiteres im Home-Office. Diese jetzt mit übertriebener Kontrolle oder Fürsorge zu belästigen, wirkt sich eher kontraproduktiv aus. Laut einer Studie der Stanford University aus dem Jahre 2015 sind "Telearbeiter" grundsätzlich produktiver, erfahrungsgemäß zeigen High-Performer auch außerhalb der Agenturwände und ohne direkte Supervision ihr gewohntes Leistungsniveau und oft sogar mehr. Zeigen Sie aber nichtsdestotrotz gerade jetzt besonders viel Verständnis für die veränderte Situation und die Herausforderungen Ihrer Angestellten und bieten Sie Unterstützung an. Etablieren Sie regelmäßige Video-Konferenzen und Calls, um die Kommunikation miteinander aufrechtzuerhalten. Lassen Sie dabei nicht nur Fachthemen zu, sondern fördern Sie auch Smalltalk. Persönliche Anrufe bei Ihren Mitarbeitern, schnelle antizipatorische Bereitstellung von arbeitserleichternden Materialien und Geräten im Home-Office zeigen Ihren Angestellten Ihre Wertschätzung und stärken die Arbeitsmoral.

Kundenkommunikation: Fakten statt Emotionen

Idealerweise halten Sie auch schon unter "normalen Umständen" ein enges und vertrauensvolles Kommunikationsband zu Ihren Kunden und gehen proaktiv auf sich anbahnende Veränderungen auf Kundenseite ein. Jetzt sollten Sie in diesem Bereich noch erheblich zulegen, fast schon "überkommunizieren". Denn selbst wenn sich Ihre betriebswirtschaftliche Gesamtlage noch einigermaßen positiv darstellt, werden sicherlich einige Kunden aufgrund eigener Umsatzrückgänge versuchen, ihre PR- und Kommunikationsetats zusammenzuschrumpfen oder komplett zu streichen. Reagieren Sie auf entsprechende Vorstöße Ihrer Klienten aber bitte auf keinen Fall emotional. Behalten Sie vielmehr einen kühlen Kopf und argumentieren Sie ausschließlich und umfassend auf Basis von Zahlen, Daten und Fakten. Bieten Sie eine flexible Verlängerung der ursprünglich vereinbarten Zahlungsziele an. Offerieren Sie eine temporäre Schwerpunktverlagerung der Kommunikationsstrategie oder akzeptieren Sie schlimmstenfalls auch eine vorübergehende Reduzierung Ihrer Agenturleistungen. Versuchen Sie alle Kunden zu halten – ein späterer Ausbau der vorübergehend auf Sparflamme laufenden Dienstleistung ist einfacher als eine neue Zusammenarbeit zu initiieren.

Nach der Krise ist vor der Krise

Wer sich 2019 angesichts erfreulicher Umsatzzahlen (der GWA-Durchschnitt lag bei zirka 1,5 %, das Pfeffer-Ranking wies für PR- und Kommunikationsagenturen ein Plus von fast 9 % aus) bereits an das Sprichwort "Spare in der Zeit, so hast du in der Not" hielt, steht den Corona-Unwägbarkeiten wesentlich entspannter gegenüber. Die gute Nachricht lautet: Auch jetzt lassen sich noch Rücklagen bilden beziehungsweise entsprechende Prozesse etablieren, um zukünftigen Herausforderungen selbstbewusst entgegentreten zu können.

Über den Autor: Allan Grap ist Geschäftsführer der Bettertrust GmbH in Berlin und Kommunikator mit Leidenschaft. Er betreut zahlreiche Mandanten aus den Bereichen Finanz- und Digitalwirtschaft. Sein Spezialgebiet ist die PR-seitige Betreuung von Unternehmern bei der strategischen Positionierung des Managements als Thought Leader in internationalen Medien.


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