Zum Jahresende dreht sich das Personalkarussell wieder besonders schnell. Für viele Manager ist der Start ins neue Jahr auch mit einem beruflichen Neustart verbunden. Betrachtet man die Besetzungen von Top-Managementpositionen, ist eines auffällig: Nur selten gelangen bewährte Kommunikationsprofis an die Unternehmensspitze oder ins oberste Leitungsgremium. Die herausragende Bedeutung der Kommunikation und ihren Einfluss auf den Unternehmenserfolg bestreitet ernsthaft niemand mehr, aber dies spiegelt sich in der organisatorischen Einordnung der Kommunikation nur sehr selten wider. Mit den Gründen hat sich „PR-Journal“-Autor Wolfgang Griepentrog auseinandergesetzt.

Allenfalls durch eine fachliche Konzentration auf ein Spezial- oder Randgebiet der Kommunikation kann der Karriereweg in den Vorstand oder bis zum Vorstandsvorsitz führen. So kommt es vor, dass Kommunikationsprofis mit Finanzmarktkenntnissen vom Investor Relations Manager zum Finanzvorstand und weiter zum CEO aufsteigen. Auch Spezialisten in den Bereichen Nachhaltigkeit und Digitalisierung bekleiden hin und wieder Vorstandspositionen. Und wenn man sich vom Kommunikationsjob aus mit Zusatzkenntnissen ins HR-Management weiterentwickelt, ist auch ein Aufstieg zum Personalvorstand und ggf. weiter zum Vorstandschef nicht ausgeschlossen.

Aber von diesen eher seltenen Fällen abgesehen, liegen Einfluss und Position in der Karriere von Kommunikationschefs mehr oder weniger weit auseinander. Warum ist das so? Und welche Schlüsse sollten Kommunikationsmanager daraus ziehen? Nähern wir uns diesem politisch heiklen Thema mit drei Thesen:

1) „Kommunikation ist eine dienende Funktion.“

Entsprechend liegt die Mission von PR- und Kommunikationschefs nicht darin, sich selbst zu beleuchten, sondern dem Unternehmen und seinen wichtigsten Repräsentanten, insbesondere der Person an der Spitze, einen guten öffentlichen und internen Auftritt zu sichern. Die dienende Funktion könnte demnach schon vom Selbstverständnis her ausschließen, dass Kommunikationsmanager selbst an die Unternehmenssitze drängen.

Betrachtet man zudem die von mir in „Reputation Management für CEOs" beschriebene Rollenverteilung zwischen dem CEO als Hauptdarsteller auf der Bühne der Öffentlichkeit und der Kommunikationsleitung als Regieführer, wird klar, wie stark Kommunikations- und Unternehmenserfolg davon abhängen, dass diese beiden Rollen gut und vertrauensvoll zusammenwirken.

Einwenden könnte man, dass Kommunikation neben der dienenden auch eine wegweisende, steuernde und koordinierende Funktion hat und damit in der Praxis eine Führungsrolle wahrnimmt, die Managemententscheidungen beeinflusst und oft weit über die Kommunikation hinausgeht. Aber wäre das Ambition genug, um auch den Top-Job im Unternehmen anzustreben?

2) „Die Fähigkeit zur Kommunikation wird gemeinhin nicht als eine besondere, zu einer Vorstandsposition oder gar zur Spitzenfunktion im Unternehmen prädestinierende Managereigenschaft angesehen.“

Es ist zwar ebenfalls unbestritten, dass Top-Manager über eine herausragende Kommunikationsfähigkeit verfügen müssen, um ihrem Führungsauftrag gerecht zu werden. Schließlich werden Entscheidungen und Vorgaben auch der Unternehmensspitze nur gut umgesetzt, wenn sie gut vermittelt werden. Aber das wird eher als menschlicher Soft-Faktor verstanden und nicht als Managerqualifikation wie etwa die BWL- oder Controlling-Expertise, besondere branchen- und fachspezifische Erfahrungen oder strategische Kompetenzen. Hier macht sich einmal mehr das trotz jahrzehntelanger Entwicklung der Kommunikationsberufe immer noch diffuse Image der Fachdisziplin bemerkbar, die sich nie auf einheitliche, verbindliche Qualitätsstandards einigen konnte. Wenn aber der Wertbeitrag der Kommunikation nicht allgemein verstanden und akzeptiert wird, ist nachvollziehbar, warum auch dem besten PR-Profi der Aufstieg an die Unternehmensspitze verwehrt bleibt.

3) „Kommunikation bedeutet Macht“

Der vielleicht wichtigste Grund scheint mir allerdings unternehmenspolitischer Natur zu sein und nicht im Widerspruch zu These 2 zu stehen: „Kommunikation bedeutet Macht.“ Sie beeinflusst wesentlich die Wahrnehmung des Unternehmens nach innen und außen und die Beziehungen zu den Stakeholdern. Sie ist auch mächtig, weil sie unmittelbar die Kultur und Werte eines Unternehmens widerspiegelt und beeinflusst, weil sie die Deutung unternehmensrelevanter Zusammenhänge prägt und maßgeblich zur Orientierung beiträgt. Dass im machtpolitisch sensiblen Gremium des Vorstands niemand gerne diese Machtposition einem Profi überlässt, von dem man annehmen kann, dass er sie gut zu nutzen und zu konsolidieren weiß, ist verständlich. Da Kommunikationschefs im permanenten Austausch mit dem CEO und anderen Top-Managern an der Unternehmensspitze stehen, ist diese Machtposition in den angedeuteten Dimensionen auch permanent spürbar.

Was bedeuten diese drei Thesen für Kommunikationsmanager und was sollten diese anstreben? Sollen Sie sich gerade im Bewusstsein ihrer Macht zur dienenden Funktion bekennen und sich mit ihrer Rolle begnügen? Oder sollen sie im Gegenteil nach Höherem streben bis in die Unternehmensspitze, weil sie dann aus Kommunikationssicht den höchsten Wertbeitrag für das Unternehmen erreichen können?

Lassen Sie uns Antworten hierzu im branchenweiten Dialog finden: Welche beruflichen Ambitionen brauchen wir im Kommunikationsmanagement? Schreiben Sie gerne an die Redaktion oder an Wolfgang Griepentrog persönlich.

Über den Autor: Wolfgang Griepentrog ist Interim Manager und Kommunikationsberater. Er unterstützt Unternehmen bei der Verbesserung ihrer Kommunikations- und Marketingprozesse und bei der Positionierung mit einem differenzierten Markenprofil. In Krisen sowie im Change Management hilft er, unternehmenspolitische Handlungsspielräume zu sichern. Seit vielen Jahren unterhält er zudem seinen Blog „Glaubwürdig kommunizieren“. Hier gibt es Beobachtungen, Analysen, Anregungen rund um wirkungsvolle Kommunikation.


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