Autoren-Beiträge Problem oder Chance für PR-Abteilungen? LinkedIn als Gatekeeper-Killer

Wie Pressesprecher durch das Auftreten ihrer CEOs im Business-Netzwerk LinkedIn ihre Gatekeeper-Funktion verlieren. Und wie sie damit umgehen sollten. – Noch vor ein paar Jahren war die Pressestelle die „harte Tür”. An ihr mussten Journalistinnen und Journalisten vorbei, wenn sie Fragen an die Führungsetage hatten. Durch den zunehmenden Einsatz von Social Media wurde diese Tür durchlässiger. Doch mit Linkedin scheint sie eingetreten worden zu sein.

Markus Mayr, Co-Gründer und Geschäftsführer von Storypark, sieht LinkedIn als Chance für PR-Abteilungen. (Foto: Daniel Chassein)

Mehr als 70 der 100 HDAX-CEOs haben mittlerweile ein Linkedin-Profil, die meisten davon bespielen es recht regelmäßig. Ein Glück für Medien. Statt umständlich die Pressestelle anzuschreiben oder auf Rückfragen antworten zu müssen („Worum geht es? Was werden die Fragen sein? Über dieses und jenes Thema können wir nicht reden …"), reicht ein Klick, und schon ist man mit den mächtigsten Männern und Frauen verbunden.

Oder – wie letztens eine Journalistin zu mir meinte: „Ich schreibe CEOs einfach direkt auf LinkedIn an. Das ist viel einfacher, als über die Pressestelle zu gehen. Und die Abstimmung läuft im Nachhinein viel reibungsloser und schneller.“

Was bedeutet das für Pressesprecherinnen und -sprecher? Im schlimmsten Fall bekommen sie von der Anfrage der Medien überhaupt nichts oder erst viel zu spät mit. Oder sie wundern sich über Presseartikel, in denen es heißt, man hätte „ein Interview mit dem CEO geführt”.

Linkedin als Chance

Pressestellen sollten jetzt aber keine Schnappatmung bekommen, sondern aktiv auf ihre CEOs zugehen. Denn diese neue Tür ist gleichzeitig eine große Chance für Unternehmen, die bisher nicht im Licht der Medien standen. Das kann daran liegen, dass Journalisten eine schlechte Erfahrung hatten und gar nicht mehr aktiv mit Anfragen kommen. Oder dass sie grundsätzlich Pitches von PR-Leuten skeptisch gegenüberstehen und diese ungesehen löschen. Das Profil der Management-Ebene schafft einen neuen Zugang, der möglicherweise verbaute Türen öffnet.

Wir als Agentur merken das ebenfalls immer häufiger, dass unsere Kunden uns Presseanfragen zusenden, die sie über Linkedin erhalten haben. Stoppen können – und wollen – wir das nicht. Denn erst einmal ist jeder Kontakt zu Medien ein Gewinn für das Unternehmen. Wichtig ist nur, dass wir es mitbekommen und unterstützen können.

Morgen gekündigt, heute schon bei Linkedin

Blockieren ist nämlich schon lange nicht mehr möglich. Dass Firmengeheimnisse auf Social Media ausposaunt werden, überrascht niemanden mehr. Linkedin allerdings hat das „Bäumchen Wechsel-dich”-Spiel revolutioniert. Wenn Managerinnen und Manager ihren Wechsel zu einem neuen Unternehmen selbständig auf LinkedIn verkünden, ohne dass die PR-Abteilung darüber informiert wurde, kann dies für das Unternehmen zu unerwünschten Herausforderungen führen. Solche Situationen sind mittlerweile keine Ausnahme mehr – wie Beispiele von Marcus Groll (Ionity), Cawa Younosi (SAP) oder Alexander Saul (Vodafone) zeigen. Clevere Journalisten arbeiten schon lange mit den Profi-Tools von Linkedin und lassen sich über Jobwechsel automatisiert informieren. Zack … Scoop gelungen.

Mehr als nur Türsteher: Die neuen Aufgaben der PR-Abteilungen

Pressesprecherinnen und -sprecher sollten also nicht versuchen, diese neuen Kommunikationswege zu blockieren, sondern sie aktiv mitgestalten. Eine zentrale Aufgabe ist es nun, das Management über den Umgang mit der Presse zu schulen: Wie sind Interviewanfragen zu handhaben? Welche Themen dürfen nicht kommentiert werden? Und wie werden „Off-the-Record“-Absprachen getroffen?

Zudem müssen Presseabteilungen die internen Kommunikationsprozesse verstärken. Alle Stakeholder – vom Vorstand bis hin zu den Teamleitungen – müssen über wesentliche Veränderungen und die dazu passenden Sprachregelungen informiert sein. Nur so kann verhindert werden, dass über Social Media News an die Öffentlichkeit gelangen, die intern noch gar nicht kommuniziert wurden.

Der CEO als Storyteller: Gemeinsam den Content gestalten

Zusätzlich müssen Pressesprecher das Management enger in das Storytelling des Unternehmens einbinden. Die klassische Trennung zwischen dem „kreativen Content“ und der formellen Pressemitteilung wird zunehmend obsolet. LinkedIn eröffnet die Chance, Unternehmensgeschichten direkter, persönlicher und authentischer zu erzählen.

Die Zukunft der PR: Verbindungen stärken statt blockieren

Die Zukunft der PR liegt nicht darin, Zugänge zu blockieren, sondern darin, die Verbindungen zwischen Unternehmen, Medien und Öffentlichkeit zu stärken. Statt öffentlicher E-Mail-Adressen wie presse@unternehmen.de sollte es persönliche Kontaktmöglichkeiten auf der Website geben – inklusive Telefonnummer. Der direkte Zugang zur Presseabteilung führt zu einer offenen und kooperativen Zusammenarbeit, die die Unternehmenskommunikation stärkt. Dabei geht es nicht nur um die Vermittlung von Nachrichten, sondern auch darum, die Medien aktiv zu den richtigen Ansprechpersonen zu führen.

LinkedIn und andere Plattformen sind keine Bedrohung, sondern eine riesige Chance für alle Beteiligten. Sie erlauben direkte Kommunikation, schnelles Feedback und die Möglichkeit, Expertise zu zeigen. Pressesprecherinnen und Pressesprecher, die diesen Wandel annehmen und sich als strategische Partner für das Management positionieren, werden auch in Zukunft eine zentrale Rolle in der Unternehmenskommunikation spielen. Sie müssen proaktiv daran arbeiten, dass ihre Expertise genutzt wird, wenn es darum geht, Geschichten zu erzählen und Beziehungen aufzubauen.

Der Wandel ist da. Die Frage ist, ob wir ihn als Bedrohung sehen – oder als Chance, Unternehmenskommunikation neu zu definieren und weiterzuentwickeln.

Über den Autor: Markus Mayr ist Co-Gründer und Geschäftsführer der PR-Agentur Storypark, Hamburg, die Managerinnen und Manager bei Aufbau und Pflege ihrer Digital Personal Brand unterstützt. Unter dem Motto „Wir machen Marken persönlicher und Persönlichkeiten zu Marken“ betreibt das Team strategischen Markenaufbau. Und das mit klarem Fokus auf Business-Erfolg: Sales-Driven-PR, Better Employer Branding und Social-Business-Media sollen Unternehmen dabei helfen, nicht nur ihre kommunikativen, sondern auch ihre wirtschaftlichen Ziele zu erreichen.

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