Autoren-Beiträge PR-Agenturen bei kununu: The Sound of Silence

PR-Agenturen als Arbeitgeber – kein einfaches Thema. Auf der einen Seite stehen längst überwundene Vorurteile, die von Zwölf-Stunden-Tagen bei geringer Bezahlung und toxischer Führung berichten. Auf der anderen Seite ist unbestritten, dass Agenturen heute moderne Arbeitgeber mit guten Arbeitsbedingungen sind. Doch wie gehen sie mit Feedback um? Ein Blick auf die Top 20 Agenturen aus dem PR-JOURNAL-Ranking bei der Bewertungsplattform kununu bringt mäßige Ergebnisse zutage.

Die Übersicht zeigt, dass sich PR-Agenturen mit ihrer Antwortquote im Durchschnitt bei den Flop-Branchen einreihen lassen müssen. (Abbildung: Employer Telling)

Wie ist die Ausgangslage? Der Wettbewerb um die besten Kreativtalente hat die Agenturszene erreicht. Viele Stellen sind zunehmend schwer zu besetzen. Es ist fast zwingend, als attraktive Arbeitgeber aufzutreten und ebenso attraktive Rahmenbedingungen zu schaffen. Ein Ort, der diese Employer-Branding-Entwicklung nahezu ungefiltert dokumentiert ist die Arbeitgeberbewertungsplattform kununu.

In deutlich mehr als zehn Millionen Bewertungen berichten Mitarbeitende von der Wirklichkeit in der deutschen Arbeitswelt – positiv, ausgewogen und negativ. Auch PR-Agenturen werden auf kununu oft und gerne bewertet. Die gemäß PR-JOURNAL-Ranking 20 größten PR-Agentur-Gruppen verzeichnen derzeit 2.919 Bewertungen (Stand März 2025) von ehemaligen oder aktuellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Hinzu kommen zahlreiche Bewerberbewertungen.

Steigende Bedeutung von kununu erfordert professionelles Bewertungsmanagement

Unsere Studie „Club der Gleichen 5 – Edition Bewertungsmanagement“ Studie „Club der Gleichen 5 – Edition Bewertungsmanagement“ ist eine sehr umfangreiche Analyse, die den arbeitgeberseitigen Umgang mit Bewertungen bei kununu ins Auge fasst. 3,44 Millionen Bewertungen wurden darin ausgewertet. Forschungsgegenstand ist die Frage, wie es um den Dialog zwischen Bewertenden und Arbeitgebern auf kununu bestellt ist. Wie antworten Arbeitgeber auf Bewertungen? Antworten sie überhaupt?

Hintergrund: Arbeitgeber haben die Chance zu jeder Bewertung Stellung zu beziehen, unabhängig davon, ob sie ein zahlungspflichtiges Unternehmensportrait auf kununu schalten oder nicht. Die zunehmende Bedeutung dieser Antwortpraxis ist leicht mit wissenschaftlichen Zahlen zu belegen: Satte 83,2 Prozent der kununu-Nutzenden lesen Arbeitgeberantworten, 46,4 Prozent sogar immer oder oft. Das ist das Ergebnis einer wissenschaftlichen Studie aus dem Jahr 2023, die sich mit dem Thema für den deutschen Arbeitsmarkt befasst hat und beweist, wie wichtig ein professionelles Bewertungsmanagement ist, um qualifizierte Talente zu gewinnen. Denn diese lesen mit, wie kritikfähig und wertschätzend sich Arbeitgeber im Dialog mit Kritikerinnen und Kritikern zeigen. Nicht selten entscheiden sich diese Mitlesenden daraufhin für oder gegen eine Bewerbung bei jeweiligen Unternehmen.

Agentur-Szene: Dunkelheit unter dem Leuchtturm

In einer Sonderauswertung für das PR-JOURNAL haben wir nun die 20 größten PR-Agenturgruppen und ihr Bewertungsmanagement analysiert. Wir wollten wissen: Werden Kommunikationsagenturen ihrer Kernkompetenz, der Kommunikation, auch im Dialog mit Mitarbeitenden (Bewerberbewertungen haben wir dabei ausgelassen) gerecht? Oder ist es dunkel unter dem PR-Leuchtturm? Die Antwort: Leider ist es dort stockdunkel.

Schauen wir uns aber erst einmal die Ergebnisse der allgemeinen Studie an, um sie später für die Agenturszene einordnen zu können. Arbeitgeber, die mindestens 50 kununu-Bewertungen verzeichnen und damit eine relevante Wahrnehmung auf der Plattform besitzen, lassen aktuell nahezu drei Viertel ihrer Bewertungen unbeantwortet. Sie kommen auf eine Antwortquote von gerade einmal 27,9 Prozent. Besonders interessant in unserem Kontext: der Blick auf das Branchenranking. Hier landen Arbeitgeber aus der Hotelsparte mit einer überdurchschnittlichen Quote von 42,5 Prozent auf dem Spitzenplatz. Das ist weniger überraschend, da sie es gewohnt sind in ihrem Kerngeschäft mit Bewertungen umzugehen. Auf den weiteren Plätzen folgen Steuerberatungen (36,2 %), Handwerksbetriebe (35,2 %) sowie Handelsunternehmen (35,0 %). Auf den letzten Plätzen des Branchenrankings finden sich dagegen Automobilunternehmen (21,0 %), Verwaltungs- und Administrationsorganisationen (18,6 %), Forschungseinrichtungen (13,3 %) sowie Sport- und Beauty-Unternehmen (8,1 %) wieder.

PR-Agenturen am Tabellenende des Bewertungsmanagement

Wenn wir die Zahlen der größten deutschen PR-Agenturen in dieses Branchenranking einreihen, haben wir schlechte Nachrichten für die Agenturszene: Denn diese stehen dort auf dem drittschlechtesten Rang. Insgesamt kommen sie auf eine Antwortquote von unterdurchschnittlichen 13,9 Prozent. Von 2.919 Bewertungen, die die 20 größten PR-Agenturen erhalten haben, werden gerade einmal 405 beantwortet. Zwar gibt es einige löbliche Ausnahmen wie beispielsweise „Palmer Hargreaves“ (Antwortquote 44,9 %) oder die LHLK-Gruppe (Antwortquote 35,3 %), die bei einer ernstzunehmenden Anzahl an Bewertungen akzeptable Antwortquoten erreichen, auf der anderen Seite verfehlen aber auch einige Agenturen den Anspruch einer nachhaltigen und regelmäßigen Kommunikation. So antworten drei große Agentur-Gruppen überhaupt nicht auf das Feedback ihrer (Ex)-Mitarbeitenden. Kommunikationswirkung für Bewertende und vor allem für Mitlesende: They don´t care!

Neben der schwachen quantitativen Bilanz finden wir in einer Stichprobe auch zahlreiche mangelhafte qualitative Antworten. Formalien wie eine simple Ansprache der Bewertenden, einfacher Ausdruck von Wertschätzung, fehlt auffällig oft. Etwas beleidigt wirkende Antworten, die die Anonymität der Plattform anprangern und sich einen direkten Austausch nach der Bewertung wünschen, verzichten gleichzeitig auf Kontaktmöglichkeiten in der Antwort – ganz nach dem Motto: „Lass uns sprechen, ich sag Dir aber nicht wie“. Darüber hinaus gehören bei Agenturen, die zwar eine akzeptabel Antwortquote erreichen, Antworten im sich wiederholenden „Copy-and-Paste“-Style zum kommunikativen Standard – eine wahrliche Bankrotterklärung für eine Kommunikationsagentur. Zudem sind die von uns analysierten Agenturen groß darin, auf Lob zu reagieren, Kritik aber lieber zu ignorieren – auch das ist für Mitlesende, die ihre Bewerbungsentscheidung treffen möchten, ein verheerendes Signal.

Gerade Kommunikationsspezialisten können nicht nicht kommunizieren

Fazit: Leider sind es ausgerechnet PR-Agenturen, die im Umgang mit Bewertungen im Arbeitgeberkontext kommunikativ scheitern. Das ist fahrlässig. Hier gilt das Zitat des arg strapazierten Kommunikationswissenschaftlers Paul Watzlawick: „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Das überwiegende Schweigen auf Kritik ist als Kommunikationsakt keine Lösung – erst recht nicht für Kommunikationsspezialisten. Als Arbeitgeber geben sie sich zudem interpretationsoffen und erlauben eine Fülle von Deutungen, die nicht mehr zu kontrollieren sind – etwas, das gerade PR-Profis am besten wissen. Denn durch ihr Verhalten lassen sie Deutungsansätze zu, die so lauten könnten: „Da wird schon etwas dran sein“, „die sind zu arrogant, um sich mit der Kritik auseinanderzusetzen“, „sie behaupten zwar alles Mögliche auf Ihrer Karriereseite. Sobald aber Widersprüche auftauchen, ducken die sich weg“ oder „die sind nicht in der Lage, mit modernen Plattformen wie kununu umzugehen“. In etwa so klingt der als Titel für diesen Beitrag gewählte „Sound of Silence“ – nicht sehr PR-Like, leider.

Über den Autor: Sascha Theisen ist gemeinsam mit Dr. Manfred Böcker Gründer und Inhaber von Employer Telling, der Unternehmensberatung für Arbeitgeberattraktivität. Employer Telling bietet seit 2017 Workshops, Seminare und Beratung zum Umgang mit kununu. Mehrmals im Jahr veranstaltet Employer Telling ein unternehmensübergreifendes, digitales Seminar zum Thema.

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