Ulf Kartte

Ulf Kartte verlässt die Agentur K1 mit Wehmut und schreibt künftig Kriminalromane

Ulf Kartte, Mitgesellschafter und einer von drei Geschäftsführern der Kölner Agentur K1, geht zum Ende des Jahres in den (Un-)Ruhestand. Mit 64 Jahren kehrt er dem Agenturgeschäft den Rücken, um sich künftig ganz seiner Leidenschaft als Krimiautor zu widmen. Die Geschicke der Agentur legt er in die Hände seiner Mitgesellschafter Gunter Ortlieb und Christian Bügel. Im Interview mit dem „PR-Journal“ erklärt Kartte seine Beweggründe für den Abschied. Außerdem blickt er auf Highlights seiner Agenturkarriere zurück und gesteht ein, dass ihm der Abschied tatsächlich sehr schwerfällt. K1 war seit nunmehr 30 Jahren seine berufliche Heimat. Dem „PR-Journal“ fühlte Kartte sich eng verbunden und betreute über einen Zeitraum von mehreren Jahren mit seiner Agentur K1 die Rubrik „Das PR-Interview“.

PR-Journal: Herr Kartte, fast 30 Jahre nach der Gründung von K1 haben Sie sich vor einiger Zeit entschlossen, aus dem Agenturleben auszuscheiden. Was hat zu dem Entschluss geführt?
Ulf Kartte: Letztendlich war es eine allmähliche Entwicklung. Einerseits macht mir das Agenturgeschäft immer noch Spaß. Ganz zu Anfang meiner Agenturzeit war das übrigens nicht absehbar. Zunächst war ich mir unsicher, ob dieses Geschäftsmodell das richtige für mich ist. Doch mit der Zeit und dem Erfolg, der sich im Laufe der Jahre eingestellt hat – mit allen Höhen und Tiefen, die zwischendurch zu bewältigen waren –, fiel es mir schon schwer, jetzt den Abschied zu vollziehen. Den Ausschlag gegeben hat letztendlich – und jetzt kommt das ‚andererseits‘ –, dass ich meine Liebe zum Krimischreiben stärker ausleben wollte. Doch neben dem Agenturalltag ist das schwierig. Schreiben ist eben sehr zeitaufwendig. Mir war klar, dass ich mich irgendwann entscheiden muss.

PR-Journal: Nun gehe ich davon aus, dass man fast 30 gemeinsame Jahre mit den engsten Kollegen nicht so einfach hinter sich lassen kann. Wie schwer ist Ihnen dieser Entschluss gefallen, Sie hätten doch noch ein paar Jahre machen können?
Kartte: Mir ist bewusst, dass Zeit endlich ist. Deswegen wollte ich in Hinblick auf meine Zukunftspläne eine klare Entscheidung treffen. Und die ist mir schwer genug gefallen. Als ich den Film angeschaut habe, den mir meine Kolleginnen und Kollegen zum Abschied geschenkt haben, habe ich Rotz und Wasser geheult. Das zeigt einfach, wie eng man im Laufe der Jahre miteinander verbunden ist. Mit Gunter Ortlieb ist ja noch der Gründungsgeschäftsführer mit an Bord. Aber aufgrund der Tatsache, dass ich ja etwas Neues beginne, habe ich nicht das Gefühl, in Rente zu gehen. Die Freude auf neue Herausforderungen wird den Abschiedsschmerz hoffentlich bald ablösen.

"In den letzten Jahren größere Konstanz entwickelt"

PR-Journal: Schauen wir mal zurück. 30 Jahre lang eine kleine Agentur mit etwa zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu führen, das bedeutet sicher auch, dass Sie manche Highlights hatten, aber auch manchen Tiefpunkt. Können Sie uns da ein paar neuralgische Punkte nennen?
Kartte: Vor allem in den Anfangsjahren war es bei uns eigentlich immer nur supergut oder ganz schlecht, normal war es nie. In den letzten Jahren haben wir eine größere Konstanz entwickelt, die uns guttut. Natürlich gab es über die Jahre hinweg einige Highlights, die ich nicht missen möchte.
Erwähnen möchte ich die Kampagne „Gib AIDS keine Chance“ unter der damaligen Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit, Rita Süssmuth, die von Ende der 1980er- bis in 1990er-Jahre hineinreichte. Komplett neu war, dass es eine Kampagne war, die ausschließlich auf Dialogkommunikation gesetzt hat. Ich war damals einer der Coaches.
Enorm beschäftigt und beeindruckt hat mich auch ein Auftrag der Internationalen Organisation für Migration. Vor ungefähr zehn Jahren sollte K1 Zwangsarbeiter aus dem 3. Reich aufspüren, die aufgrund ihrer Homosexualität verfolgt und drangsaliert worden waren. Denn ihnen sollten späte Entschädigungszahlungen zukommen. Die Voraussetzung war aber, dass diese Menschen entsprechende Anträge stellen mussten. Bis hin zu einem Auftritt bei der Bundespressekonferenz war diese Arbeit wirklich sehr bewegend.
Ein Highlight für unsere Agentur ist für mich bis heute, dass es uns gelungen ist, den weltweit tätigen Lackhersteller Axalta seit mehr als 20 Jahren an uns zu binden. Was mit Einzelaufträgen für die nationale Kommunikation anfing, hat sich für uns zu einem internationalen Case entwickelt. Heute betreuen wir neben einer Reihe von analogen und digitalen Kundenmedien unter anderem auch einen Teil der Pressearbeit für Axalta in Europa. In der Kundenbeziehung ist bis heute eine starke Dynamik drin, die uns auch als Agentur weiterbringt.

PR-Journal: Was waren denn in dieser Zeit die Negativ-Punkte?
Kartte: Wer mehr als 30 Jahre zusammenarbeitet, kann nicht nur von positiven Erfahrungen sprechen, das ist klar. Als besonders schwierig habe ich in Erinnerung, wenn es in der Akquise nicht lief und dann noch Kunden gekündigt haben. 2012 hätte das beinahe dazu geführt, dass wir den Laden zu machen. Wir haben uns dann aber zusammengerauft und die Krise bewältigt. In dieser Zeit ist der frühere Mitgesellschafter Pit Junker ausgestiegen. Für ihn ist 2016 Christian Bügel gekommen.

"Richtig gute Newcomer sind nicht so einfach zu finden"

PR-Journal: Sie haben die Notwendigkeit, im Kommunikationsgeschäft flexibel zu bleiben, sich an Marktentwicklungen anzupassen und sich auf Trends einzulassen an der Entwicklung der eigenen Agentur gespürt. Wie haben sich dabei die Anforderungen an junge Leute, die ins Agenturgeschäft wollen, verändert? Und was ist heute eine unerlässliche Voraussetzung, um im Agenturgeschäft Fuß zu fassen?
Kartte: Als ich in den PR-Beruf eingestiegen bin, musste man ein leicht erweitertes Stellenprofil eines Journalisten erfüllen, das reichte. Heute ist es ungleich komplexer und anspruchsvoller geworden, und das ist gut so. Denn das Anforderungsprofil an angehende Kommunikatorinnen und Kommunikatoren berührt sehr viel mehr Kompetenzen als Schreiben zu können und sich mit Medien auszukennen. Heute sind BWL-Kenntnisse, Konzeptionslehre, Kommunikationsverständnis, vor allem aber Kenntnisse im Digitalgeschäft, Social Media und Projektmanagement erforderlich. Hinzu kommen noch die Soft Skills, die eine kommunikative Begabung erkennbar machen. Mir fallen hier Kommunikationsfreudigkeit, Empathie und sicher auch Einsatzbereitschaft ein. Richtig gute Newcomer sind nicht so einfach zu finden.

"Auf den Keks gegangen sind mir Profilierungsneurosen"

PR-Journal: Eine persönliche Frage, jetzt dürfen Sie ja ohne Rücksicht auf irgendwelche Konventionen darauf antworten: Was ist Ihnen im Verlaufe der vergangenen 30 Jahre am meisten auf den Keks gegangen und was hat Ihnen am meisten Spaß gemacht?
Kartte
: Ich fange mal mit dem positiven Teil der Antwort an: Besonders gut gefallen hat mir immer, wenn es gelungen ist, sich mit Kolleginnen und Kollegen anderer Agenturen offen und ehrlich austauschen zu können. Dieses positive Netzwerken, das hin und wieder auch in Freundschaften mündete, habe ich immer wieder als wohltuend empfunden. Dann war es nämlich so, dass die ehrliche Neugier und Bereitschaft, sich aufeinander einzulassen im Vordergrund standen. Ein gutes Umfeld hat dafür die Allianz inhabergeführter Kommunikationsagenturen (AIKA) geboten.

Auf den Keks gegangen sind mir in all den Jahren immer wieder die Profilierungsneurosen, die unser Job so mitbringt. Je nach Veranstaltung oder Medium hat das teils Züge angenommen, die mir unangenehm waren. Ein weiterer Punkt, der mir in den vergangenen Jahren immer stärker zu schaffen gemacht hat, ist da eher grundsätzlicher anzusiedeln: Ich meine den Einfluss der Einkäufer in den Unternehmen. Speziell als kleinere Agentur wird man zuweilen behandelt wie ein Warenlieferant, der gesagt bekommt, wie groß die Paletten sein müssen, auf denen angeliefert werden muss. In einem solchen Verhältnis kann kein Vertrauen entstehen. Das ist aber in einer Kunden-Agentur-Beziehung unerlässlich, sonst kann kein kreatives Miteinander entstehen, das den Kunden wirklich weiterbringt.

"Profil immer wieder nachjustiert"

PR-Journal: Vielleicht jetzt mal etwas seriöser gefragt: Welche Entwicklung müssen Agenturen mit PR-DNA nehmen, um sich auch künftig am Markt zu behaupten?
Kartte: Aus meiner Sicht müssen Agenturen mit PR-DNA immer den Anspruch haben, besonders gut mit Inhalten und Texten umzugehen. Das setzt immer noch ein gutes konzeptionelles Denken und journalistisches Verständnis voraus. Denn wenn die Story dann klar erkennbar wird - oder das Narrativ, wie man heute sagt – dann kann man an die Ausarbeitung gehen und beispielsweise entscheiden, welche Zielgruppen man mit welchen Themen über welche Kanäle erreichen will.
Dem geht aber voraus, ein klares Profil mit einer marktfähigen Positionierung zu haben. Und wenn man glaubt, dieses Profil ein für alle Male gefunden zu haben, dann wird es Zeit, dies schon wieder zu überprüfen und zu hinterfragen. Wir bei K1 haben diese Prozesse immer wieder hinter uns gebracht und unser Profil immer wieder nachjustiert.

PR-Journal: Nun können Sie ja die weitere Entwicklung der PR- und Kommunikationsbranche entspannt von der Seite aus betrachten. Was aber werden Sie machen? Werden Sie sich bei Ihrer alten Agentur einmischen und als weiser Ratgeber auftreten oder werden Sie die Hauptfigur Ihrer ersten beiden Kriminalromane, Kommissar Brokat, weitere Fälle klären lassen?
Kartte: Natürlich freue ich mich, wenn ich auch in Zukunft hin und wieder für K1 beratend tätig sein kann. Ansonsten werde ich vor allem an der Fertigstellung meines dritten Kriminalromans arbeiten, der in meiner Heimatstadt Bonn spielt. Dafür habe ich mit Kommissar Philipp Antoniou eine neue Hauptfigur entwickelt. Hans Brokat hat erst einmal Urlaub.  

PR-Journal: Dazu wünschen wir Ihnen viel Erfolg, Herr Kartte. Vielen Dank für das Gespräch.


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