Das PR-Interview Cornelia Kunze: „Für gerechte Entlohnung von Frauen muss weiter gekämpft werden“

Interview zu den Ergebnissen des GWPR-Jahresindex 2021

Die Situation von Frauen in PR und Kommunikation hat sich auch 2021 weder international noch national verbessert, die Corona-Pandemie hat eher zu einer Verschlechterung beigetragen. Das zeigen die Umfrageergebnisse aus dem dritten Jahresindex von GWPR. Grund genug für das „PR-Journal“ die Vorsitzende des deutschen Chapter des GWPR, Cornelia Kunze, um ihre Einschätzung zu bitten. Kunze schaut kritisch auf die ermittelten Zahlen, sieht aber auch Chance für Verbesserungen. So sieht sie durch aktuell erheblichen Fachkräftemangel in der Branche, gute Chance für Teilzeitkräfte und Elternzeitrückkehrerinnen. Ihre Verhandlungsposition werde gestärkt. Kunze sagt aber auch, das für gerechte Entlohnung weiter gekämpft werden müsse.

Cornelia Kunze, Vorstandsvorsitzende von GWPR-Deutschland, stellt sich den Fragen des „PR-Journals“.

PR-Journal: Der GWPR hat seinen jährlichen Index vorgelegt und die Situation von Frauen in PR und Kommunikation erneut unter die Lupe genommen. Das Fazit könnte lauten: „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Denn bahnbrechende Verbesserungen für Frauen sind nicht festzustellen. Teilen Sie diese Einschätzung oder sehen Sie die Situation anders?
Cornelia Kunze: Tatsächlich hat ein weiteres Jahr Pandemie die Situation der Frauen eher verschlechtert. Unsere Studie zeigt, dass die Kinderbetreuung oder andere Betreuungspflichten aus Sicht von 86 Prozent der Befragten das größte potenzielle Hindernis für Frauen darstellt, wenn es darum geht, in Führungspositionen aufzusteigen. Hier weisen unsere Daten im Vergleich zu 2020 sogar einen Anstieg von acht Prozent auf.

PR-Journal: Was ärgert Sie denn am meisten: das Ungleichgewicht zu Ungunsten von Frauen in den Führungspositionen, das geschlechterspezifische Lohngefälle oder die Fälle von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, die laut Ihrer Untersuchung schon 52 Prozent der befragten Frauen erfahren mussten?
Cornelia Kunze: In allen drei Punkte brauchen wir Veränderung. Und ich würde sie auch nicht unbedingt voneinander trennen. Es geht dabei sowohl um Wertschätzung und Respekt gegenüber Frauen als auch um Gleichberechtigung, Fortschritt und Professionalität. Wir brauchen eine Kultur, in der sexuelle Belästigung nicht mehr unter den Teppich gekehrt, sondern geahndet wird.

GWPR Jahresindex 2021 Grafik Gender Pay Gap

„Gibt es in Ihrem Unternehmen einen Gender-Pay-Gap, von dem Sie wissen?“, lautete die Frage, die zu diesen Einschätzungen im GWPR-Jahresindex 2021 geführt hat. (Quelle: GWPR-Jahresindex 2021)

PR-Journal: Schauen wir mal etwas genauer auf die Situation in Deutschland. Stehen die Frauen in PR und Kommunikation in Deutschland besser da als im internationalen Vergleich? Einige Zahlen, die Sie ermittelt haben, lassen zumindest darauf schließen, dass Remote-Arbeit eher möglich ist und auch das Lohngefälle deutlicher gesehen wird.
Cornelia Kunze: Leider sind die Teilnahmezahlen aus Deutschland zu niedrig, so dass wir keine repräsentativen Ergebnisse zitieren können. Wir sehen einen Hinweis darauf, dass das geschlechtsspezifische Lohngefälle zugunsten von Männern in Deutschland ein noch größeres Problem ist als in anderen Ländern. Und wir sehen auch, dass das flexible Arbeiten und die Möglichkeit „remote“ zu arbeiten, hier ausgeprägter ist als im internationalen Durchschnitt.

PR-Journal: Die Co-Präsidentin und Mitbegründerin von GWPR, Angela Oakes, kommentierte die Ergebnisse der Jahresuntersuchung vorsichtig optimistisch. Sie sagte: „Mit den Veränderungen zu flexibleren Arbeitsmodellen durch Covid und der Anerkennung, dass Frauen und eine wirklich vielfältige Belegschaft einen Unterschied für die Profitabilität eines Unternehmens machen, ist Licht am Ende des Tunnels.“ Teilen Sie diese Einschätzung für die Situation in Deutschland?
Cornelia Kunze: In der deutschen Kommunikationsbranche wird der Mangel an Fachkräften gerade immer deutlicher sichtbar. Aktuell sind bundesweit um die 1.800 Stellen in Agenturen unbesetzt. Das entspricht auch meiner persönlichen Erfahrung. Die Situation eröffnet neue Möglichkeiten, beispielsweise für Teilzeitkräfte und Elternzeitrückkehrerinnen. Es stärkt ihre Verhandlungsposition. Mehr Flexibilität hilft Frauen und Männern, Beruf und Familie besser zu vereinbaren. Für gerechte Entlohnung muss trotzdem weiter gekämpft werden.

PR-Journal: Unabhängig von der Bewertung der Jahresergebnisse setzen Sie Ihre Arbeit zur Frauenförderung ja kontinuierlich fort. Was sind denn aus Ihrer Sicht die wichtigsten Instrumente, um Frauen zu fördern und damit die Zahlen zu Gunsten der Frauen ausgeglichener zu gestalten? Welche Schwerpunkte wird also der GWPR in seiner Arbeit für 2022 setzen?
Cornelia Kunze: Unser Programm richtet sich an unserer Mission aus: „Connect, Support, Champion women in our profession.“ Etwa alle vierzehn Tage haben Mitglieder und oft auch Gäste die Möglichkeit an Panel-Diskussionen, Fireside-Chats oder auch kleineren Gruppendiskussionen zu aktuellen Themen unseres Berufsfelds teilzunehmen und darüber auch ihr Netzwerk zu erweitern. Eine große Rolle spielt unser Mentoringprogramm in Deutschland und ab 2022 auch erstmals international.

PR-Journal: Ändert das dann auch etwas am Gender-Pay-Gap? Für mich ist das Jahr für Jahr eines der größten Ärgernisse, wenn wir die Lohnentwicklung in der Branche vorstellen und immer wieder auf die erheblichen Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen stoßen, die sich – wenn überhaupt – nur marginal verringern. Einen richtig lauten Aufschrei dazu habe ich übrigens auch noch nicht vernommen. Woran liegt das?
Cornelia Kunze: In Deutschland wird immer noch zu wenig über Geld gesprochen! Das ist ein Tabu-Thema und gleichzeitig eines, welches Führungskräften die Möglichkeit gibt, Entlohnung subjektiv nach eigenem Ermessen festzulegen. In der aktuellen Situation werden Gehälter steigen müssen, das ist eine gute Gelegenheit für mehr Transparenz und in Folge auch von mehr Leistungsgerechtigkeit.

PR-Journal: Vielen Dank für Ihre Antworten, Frau Kunze.

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