Henriette Viebig, Head of Group Communications des Körber-Konzerns. (Foto: Körber)

Seit 2014 ist Henriette Viebig als Head of Group Communications für Körber tätig. Und seither arbeitet sie an der Herkulesaufgabe, die Transformation des Unternehmens mithilfe von Marke und Kommunikation entscheidend mitzugestalten. Aus dem einst wenig bekannten Konzern mit 12.000 Mitarbeitern und mehr als 100 Standorten weltweit (zwei Milliarden Euro Umsatz) soll ein Unternehmen mit einer Marke voller Strahlkraft werden. Im Podcast-Interview mit der „PR-Journal“-Redaktion schildert Henriette Viebig, wie sie die Marke zum strategischen Leitstern für Körber macht und warum die Marke im Mittelpunkt der gesamten Kommunikationsarbeit steht. Das Podcast-Interview ist online seit dem 1. Mai. Nachfolgend einige Auszüge aus dem Interview.

PR-Journal: Frau Viebig, als Head of Group Communications des Körber-Konzerns kümmern Sie sich nicht nur um die 360-Grad-Kommunikation, sondern auch um die Marke. Wesentlicher Teil Ihrer Aufgabe in den vergangenen Jahren war dabei, aus der Körber AG mit seinen damals 40 einzelnen Marken einen einheitlichen globalen Markenauftritt zu entwickeln. Das dürfte Ihre Arbeit in dieser Zeit besonders stark bestimmt haben. Wie mühsam oder auch langwierig war das?
Henriette Viebig: Also, das Thema Markenaufbau war nicht die erste Aufgabe, sondern zunächst ging es um Internationalisierung und Modernisierung der Kommunikation. Das Thema Marke kam erst später hinzu, weil dieser strategische Hebel auch für die Unternehmenstransformation des ganzen Konzerns durchaus erst zu einem späteren Zeitpunkt eine Rolle spielte.
Als ich 2014 angefangen habe, war das Marken Portfolio so wie Sie es gerade beschrieben haben, sehr vielfältig ausgerichtet, sehr stark auf die einzelnen Industrien, die wir bedienen. Die Frage, ob es für einen Konzern unserer Größenordnung sinnvoll ist, wirklich in die Zukunft hinein 40 und mehr einzelne Marken aktiv zu halten, zu pflegen, für Sichtbarkeit zu sorgen, Mitarbeitende und Kunden mitzunehmen, hat sich dann konkret herauskristallisiert.

Körber
Körber ist ein global agierendes Technologieunternehmen mit Hauptsitz in Hamburg. Gegründet im Jahr 1946, ist der Konzern heute in den Geschäftsfeldern Digital, Pharma, Supply Chain, Technologie und Tissue tätig. Körber beschäftigt weltweit rund 12.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an mehr als 100 Standorten. Körber ist bekannt für eine breite Palette an Produkten und Lösungen, die von der Verpackung und Inspektion von Medikamenten, über die Optimierung von Supply-Chain-Prozessen bis hin zur Optimierung von Produktionsabläufen reicht. Dabei setzt das Unternehmen auf enge Zusammenarbeit mit Kunden und Ökosystempartnern. Körber gilt als Vorreiter in der Digitalisierung und Automation von Industrieprozessen.

PR-Journal: Wann das war?
Viebig: Wir haben 2019 angefangen, uns mit einem größeren strategischen Projekt auch dieser Fragestellung zu widmen. Das haben wir dann sehr klassisch aufgebaut. Wir haben Interviews mit Mitarbeitenden aus allen unseren Geschäftsfeldern mit langer und auch nicht so langer Konzernzugehörigkeit geführt. Um möglichst viele verschiedene Stimmen zu hören, haben wir sehr intensiv auch mit Kunden, mit Medienvertretern und mit anderen Marktteilnehmern gesprochen, um sagen zu können, welchen Wert diese einzelnen Marken haben, die zum Teil sehr etabliert waren in den Nischen-Märkten, die wir bedienen. Die Frage, die wir uns gestellt haben, lautete, ob wir es überhaupt vertreten können, alles auf eine Karte zu setzen.
Das heißt also, dass wir uns strategisch sehr gut angeguckt haben, was geht und was wir uns auch an Marken- und Aufbauarbeit zutrauen, weil wir insgesamt 12.000, demnächst vielleicht 13.000 Kolleginnen und Kollegen weltweit sind.
Die Entscheidung ist dann Ende 2019 gefallen – zusammen mit dem Konzernvorstand und den Leitungen unserer einzelnen Geschäftsfelder.

PR-Journal: Wie schwierig war es, die Zustimmung und Unterstützung aller relevanten Stakeholder im Unternehmen zu bekommen? Die Stärke der einzelnen Marken haben Sie ja angedeutet. Welche Widerstände gab es auf dem Weg in die neue Konzernstruktur? Wie haben Sie es geschafft, diese Widerstände zu überwinden?
Viebig: Der Schlüssel lag darin, dass es uns gelungen ist, viele Menschen aus allen Geschäftsfeldern und Hierarchieebenen des Konzerns von Anfang an am Prozess zu beteiligen. Sie konnten sich bereits bei der Entwicklung der gemeinsamen Marken-Story einbringen. Das galt nicht nur für Führungskräfte, sondern für alle Mitarbeitenden. Das war ein wichtiger Baustein an dieser Stelle.
Aber natürlich ist das Thema Marke auch sehr emotional. Und da muss man auch zugestehen, dass Menschen ihre Gefühle, ihre Liebe zeigen und für ihre sehr erfolgreichen Marken einstehen. Deshalb wollten wir auch das Positive, was in diesen etablierten Marken drinsteckt, mit rüber nehmen in die neue gemeinsame Markengeschichte.

PR-Journal: Wie gut ist Ihnen das gelungen?
Viebig: Körber als strategische Management Holding hatte sich vor dem Markenrelaunch sehr zurückgehalten mit einer eigenen Kommunikation in den Markt hinein. Im internen Prozess haben wir deshalb einzelne der Markennamen erhalten, also zum Beispiel bei der Bezeichnung von Produkten oder Produktklassen oder Kompetenzen in unserem Portfolio. Das haben wir gemacht, um einen sehr sanften, langfristigen Transfer hin auf die eine Marke zu haben.
Inzwischen sehen wir die Ergebnisse und sind zufrieden, weil die Kunden uns spiegeln, dass sie Körber inzwischen besser verstehen und ein starkes Zutrauen in uns als Partner im Markt entwickelt haben.

PR-Journal: Was waren die Kernbausteine für die Markenentwicklung?
Viebig: Einer der wesentlichen Punkte war für uns die nach Innen gerichtete Positionierung mit der Arbeitgebermarke. Der zweite Punkt war, zu schauen, wie sich unsere Wettbewerber im Technologie-Umfeld aufstellen und wie wir hier einen Unterschied machen können. Das waren zwei Kernpunkte in der Entwicklung der Marken Story.
Befragungen von Kunden haben dann ergeben, dass unser Markenprofil klar erkennbar sei und deutlich werde, was noch alles an Power in Körber steckt. Und wir merken es auch im Zuge von Akquisitionen – wir sind ja immer noch dabei, mit unserer Buy- and Build-Strategie weiterzumachen –, dass wir auch bei neu hinzukommenden Kolleginnen und Kollegen eine große Strahlkraft entwickeln.

PR-Journal: Warum ist es also für Sie ein Erfolgsmodell geworden, dass die Markenverantwortung in der Zuständigkeit der Kommunikation liegt? Das ist ja längst nicht überall der Fall. Diese Frage zielt grundsätzlich darauf, wie sich das Tätigkeitsfeld der Kommunikatoren verändert und was da möglicherweise auch noch hinzukommt.
Viebig: Ich glaube, es ist ein ganz wesentlicher Baustein, wenn wir das Silo-Denken überwinden. Viele nach vorn denkende Kolleginnen und Kollegen haben aber schon vor vielen Jahren angefangen darüber zu diskutieren, dass Integrierte Kommunikation oder 360 Grad Kommunikation absolut davon profitiert, Marke als starken Treiber und auch strategischen Leitstern für Kommunikation und Marketing zu sehen. Ich sehe auch im Austausch mit Kollegen aus anderen Unternehmen ganz unterschiedlicher Größe, dass die Integration zwischen der klassischen Marketingkommunikation, also der marktgerechten Kommunikation und der klassischen PR immer stärker voranschreitet. Und wenn die Marke als Leitstern gesehen wird, dann hat man ein sehr starkes Narrativ, von dem alle profitieren.

PR-Journal: Die Überwindung der Grenzen zwischen den Kommunikationsdisziplinen liegt Ihnen offensichtlich besonders am Herzen. So haben Sie bei Körber eine besonders enge Zusammenarbeit zwischen Kommunikation und HR, um Ihr Employer Branding als Teil der Markenstrategie voran bringen zu können.
Viebig: Absolut. Denn es ging uns ja bei unserer Markenbildung eben nicht nur um die Außenwirkung in die Industrien hinein, für die wir arbeiten, sondern es ging uns eben auch um das Employer Branding, darum, eine starke Arbeitgebermarke aufzubauen. Deswegen haben wir auch diesen starken Fokus auf die Entwicklung der Markenstory, auf ein gutes Narrativ gelegt, das Zugkraft hat für die Motivation der Mitarbeitenden, die wir schon haben.
Insofern ist dieses Miteinander mit HR, genauso wie das Miteinander oder stark integrierte Denken zwischen Marketing und klassischer Unternehmenskommunikation heute ein Muss, es geht eigentlich gar kein Weg dran vorbei.

Eine erste Passage aus dem Podcast-Interview ist hier im „PR-Journal“-Podcast (ab Minute 20:02‘) zu finden. Das Interview in voller Länge gibt es ab dem 1. Mai hier.


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