Das PR-Interview Persönliche Transformation? Mirjam Berle weiß, wo es lang geht
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- von Thomas Dillmann, Bad Honnef
Mirjam Berle mag herausfordernde Situationen. Menschen durch schwierige Zeiten zu begleiten und sie zu befähigen, das liegt ihr. Deshalb hat sich nach spannenden Aufgaben und problematischen Situationen als Kommunikationschefin bei Lufthansa Cargo, Thalia, Goodyear und dem Deutschen Fußball-Bund dazu entschlossen, die COLD Water Academy zu gründen. Im Podcast-Interview spricht sie über ihren Perspektivwechsel.
Nach knapp 20 Jahren in Kommunikationspositionen mit viel Verantwortung schaut sie heute eher von der Seite, vom Spielfeldrand aus auf das Geschehen in der PR- und Kommunikationsbranche. Dabei begleitet sie Fach- und Führungskräfte – bei weitem nicht nur aus dem PR-Umfeld – als Beraterin und Coach durch krisenbehaftete Situationen. Nachfolgend einige verschriftliche Auszüge aus dem Podcast-Interview, das ab dem 3. Juni hier in voller Länge zu hören ist.
Aus eigener Kraft handeln
PR-JOURNAL: In deiner Zeit als Kommunikationschefin hast du die Erfahrung gemacht, Menschen zu befähigen, sich aus schwierigen Situationen zu lösen und handlungsfähig zu bleiben. Auf Basis dieser Erfahrungen hast du die COLD Water Academy gegründet. Wofür steht dabei die Abkürzung COLD?
Mirjam Berle: Das C steht für Consequence und steht für die Frage, was eigentlich das Schlimmste ist, was mir passieren kann? Das O meint den Outcome, es steht nicht für Opportunity. Was ist eigentlich in der Situation, in der ich mich befinde, das für mich erstrebenswerte Ziel? Und L steht für Leverage, für die Hebel, die ich jetzt in diesem Moment selbst in der Hand habe. Gemeint sind Erfahrungen, Kompetenzen, Netzwerke, Stärken, die ich habe und nutzen kann. Und das D steht für doing. Hiermit meine ich nicht, irgendeinen Plan zu machen, sondern herauszuarbeiten, was ist der kleinstmögliche, machbare Schritt, den ich jetzt gehen kann in der Situation, in der ich bin.
Dafür steht COLD. Es geht um diese vier Schritte. Das Besondere daran ist, dass es bei den Emotionen, den Werten der Personen anfängt. Damit will ich meine Klienten befähigen, in schwierigen Situationen aus eigener Kraft heraus handeln zu können.
PR-JOURNAL: COLD beschreibt also, wie du selbst vorgegangen bist, als du in schwierigen Situationen gesteckt hast.
Mirjam Berle: Genau. Daher stecken meine wertvollsten Erfahrungen drin. Mit diesem Tool kann jeder seinen Weg finden, in schwierigen Situationen – ich würde tatsächlich sagen immer – handlungsfähig zu bleiben und den eigenen Weg selbst zu finden, auch wenn es möglicherweise zunächst aussichtslos erscheint.
Im kalten Wasser beweglich bleiben
PR-JOURNAL: Wie wurde das Angebot im Markt angenommen?
Mirjam Berle: Das entwickelte sich Schritt für Schritt. Das ging nicht von heute auf morgen. Ich bin Marathonläuferin, das beschreibt meinen Ansatz gut: immer nur fünf Kilometer weiter. Das Angebot wurde sehr gut angenommen, weil genau das gebraucht wird. Es geht darum, im kalten Wasser nicht zu erstarren, sondern beweglich zu bleiben, auch in schwierigen Situationen. Es sind oft die kleinen Krisen, die uns aufhalten. Es ist wichtig, diese leichter bewältigen zu können, dann klappt’s auch mit den großen besser. Das Feedback war sehr positiv, was mir zeigte, dass das Angebot benötigt wird. Aber das bedeutete nicht automatisch, dass es sofort verkauft wurde. Der Prozess hat sich entwickelt. Heute ist der Ansatz hinter COLD ein wesentlicher Bestandteil meines Coachings und meiner Beratung. Kommunikation ist dabei enorm wichtig – mit uns selbst und mit anderen.
PR-JOURNAL: Wird dieses Angebot überwiegend von Menschen aus der PR- und Kommunikationsbranche angenommen oder kommen deine Klienten aus verschiedenen Branchen?
Mirjam Berle: Meine Kunden kommen aus ganz unterschiedlichen Branchen, zum Beispiel Stahl oder Medien. Es geht immer darum, Transformation zu ermöglichen. Ich spreche lieber von Transformation als von Krise. Wenn man eine Transformation gut kommuniziert und die Menschen mitnimmt, empfinden sie keine innere Krise und bleiben beweglich. In Krisenzeiten hilft diese Herangehensweise gleichermaßen.
Hoher Druck für Fach- und Führungskräfte
PR-JOURNAL: Mit welchen Problemstellungen musst du dich am häufigsten beschäftigen? Was bewegt Fach- und Führungskräfte in der Wirtschaft, so dass sie deine Hilfe in Anspruch nehmen? Gibt es Herausforderungen, die die aktuelle Gereiztheit in Wirtschaft und Gesellschaft widerspiegeln?
Mirjam Berle: Der größte Druck lastet momentan auf Führungskräften im oberen Mittelmanagement. Sie stehen unter finanziellem Druck, müssen mit weniger Personal und Budgets auskommen und Restrukturierungen sowie Transformationen schneller umsetzen. Sie müssen ihre Teams mit einer gewissen Atemlosigkeit mitnehmen und dürfen sie nicht verlieren, da neue Fachkräfte schwer zu finden sind. Viele meiner Klienten stehen genau in diesem Spannungsfeld und suchen nach Wegen, wie sie das kommunizieren und ihre Teams dabei nicht verlieren. Es geht auch darum, mögliche Misserfolge zu vermitteln und dabei die Unterstützung der Stakeholder und Teams zu behalten.
Häufig geht es dabei auch um Haltung und Werte. Beispielsweise darum, sie in der Kommunikation zu verankern. Oder darum, zu wissen wofür man einsteht und wann es möglicherweise auch Zeit ist, zu gehen. Themen wie diese werden zunehmend wichtiger.
PR-JOURNAL: Wirst du mehr für Einzelcoachings oder für Gruppencoachings und Seminare gebucht?
Mirjam Berle: Es sind überwiegend Einzelcoachings, da es oft um sehr vertrauensvolle Themen geht, bei denen sich die Personen unsicher fühlen. Es ist manchmal wie ein Seelenstriptease. Es gibt auch Gruppen, aber Einzelcoachings überwiegen.
Eigene Kolumne
Ab dem Sommer wird Mirjam Berle übrigens wichtige Themen aus ihrer Beratungs- und Coaching-Praxis in einer monatlichen Kolumne im PR-JOURNAL vorstellen und dabei wertvolle Hinweise und Tipps für die Leserinnen und Leser geben. Schon jetzt freuen wir uns darauf. Wer bis dahin nicht warten möchte, findet weitere Informationen auf der Website von Mirjam Berle, auf der Website der C.O.L.D. Water Acadamy und im Newsletter C.O.L.D. Water News.
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