Das PR-Interview Reputationsschutz mit Hilfe von KI: Quantensprung für die Markenführung
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- von Thomas Dillmann, Bad Honnef
Wie funktioniert die Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) im Reputationsmanagement? Ketchum Germany CEO Matthias Wesselmann und Frederik Tautz, Partner und Managing Director Data and Innovation bei Ketchum, erläutern diese Frage im Interview des Monats im PR-JOURNAL-Podcast. Dabei stellen sie konkrete Beispiele aus der Praxis vor und zeigen, welch wichtige Rolle dabei immer noch die menschliche Expertise bei der Auswertung der KI-Ergebnisse spielt.
Als Basis, Information und Grundlage für das Interview diente das Ketchum Playbook für datengetriebene Markenführung und Corporate Reputation in Zeiten von KI. Matthias Wesselmann und Frederik Tautz erläutern, wie KI Unternehmen hilft, Markttrends und Konsumentenverhalten zu analysieren, um Reputationsschäden frühzeitig zu erkennen und positive Kommunikationsstrategien zu entwickeln.
PR-JOURNAL: Matthias, warum ist aus eurer Sicht KI im digitalen Zeitalter essentiell für Markenführung und Reputationsschutz von Unternehmen?
Matthias Wesselmann: KI kann Kommunikatorinnen und Kommunikatoren dabei helfen, Markttrends und das Konsumentenverhalten zu analysieren sowie die Wahrnehmung der Marke im Markt zu verstehen. KI macht die riesigen Datenmengen des digitalen Zeitalters messbar und nutzbar.
Hilfe in reputationskritischen Momenten
PR-JOURNAL: Könnt ihr ein Beispiel nennen, um die Leistungsfähigkeit der KI zu verdeutlichen?
Wesselmann: KI kann in reputationskritischen Momenten helfen, die oft schwer zu erkennen sind. Sie analysiert beispielsweise Kundenbewertungen auf verschiedenen Plattformen und erkennt frühzeitig negative Trends. Ein weiterer Bereich ist die Identifizierung relevanter Kommunikationsthemen. KI kann helfen, Nischen zu finden und Themen zu identifizieren, über die noch niemand spricht.
Außerdem ermöglicht KI die Analyse großer Datenmengen in einem einheitlichen Kontext. Sie kann gesellschaftliche, wissenschaftliche und politische Trends analysieren und wichtige Signale herausfiltern.Frederik Tautz: Die Zeitkomponente ist ebenfalls wichtig. Durch Plattformen wie beispielsweise TikTok, die in sehr kurzen Abständen immer wieder neuen Video-Content ausspielen, haben wir viel weniger Zeit, um auf reputationssensible Momente zu reagieren. KI ermöglicht hier eine schnelle Analyse und Reaktion auf die veränderte Medienlandschaft.
Zeitgewinn
PR-JOURNAL: Vereinfacht gesagt, bietet KI also einen Zeitgewinn und die Möglichkeit, Einzelinformationen zu kombinieren, um Zusammenhänge zu erkennen.
Wesselmann: Ja, genau.
PR-JOURNAL: Wie kann KI Marken, Unternehmen und Produkten helfen, für ihre Zielgruppen relevant zu bleiben? Wie lässt sich Reputation mit Hilfe von KI effizient aufbauen und schützen?
Tautz: KI erkennt reputationssensible Signale deutlich schneller. Früher wurden einzelne Signale oft übersehen. KI hilft uns heute, die Bedeutungsschwere und das Risiko von Signalen besser einschätzen zu können. Dadurch können wir faktenbasierte Entscheidungen treffen und die Reputation schützen.
Wesselmann: Wir nutzen intelligente Metriken, um die Ausbreitungsdynamik eines Themas zu bestimmen. So können wir quantifizieren, wie viel Aufmerksamkeit ein Thema bekommt und ob es viral gehen könnte.
Reputationsmanagement per Autopilot ist nicht empfehlenswert
PR-JOURNAL: Das heißt, trotz der Leistungsfähigkeit der KI muss der Mensch das Ganze immer noch einordnen und greifbar machen?
Wesselmann: Auf jeden Fall. Reputationsmanagement per Autopilot ist nicht empfehlenswert.
PR-JOURNAL: Kommen wir zum zweiten Schritt: Wie kann KI helfen, Kommunikationsthemen und -inhalte zu identifizieren?
Tautz: KI kann relevante Themen identifizieren und ihre Relevanz bewerten. Sie hilft uns zu verstehen, welches Thema das größte Potenzial hat und welche Themen noch nicht besetzt sind.
Wesselmann: Wir füttern die KI mit Pressemitteilungen, Social Media Daten, Geschäftsberichten und Medienbeiträgen. Dadurch kann sie die Interessen der Zielgruppen und die relevanten Themenfelder identifizieren.
PR-JOURNAL: Arbeitet ihr bereits für Kunden nach diesem Muster?
Tautz: Ja, KI ist in unserem Alltag präsent. Wir nutzen sowohl öffentlich verfügbare Systeme als auch Eigenentwicklungen.
Wesselmann: Wir haben ein eigenes KI-System auf der Microsoft Azure Cloud, das wir für verschiedene Kundenanforderungen nutzen können.
KI als neuer Gatekeeper
PR-JOURNAL: Ihr habt im Playbook die KI als neuen Gatekeeper beschrieben. Was bedeutet das?
Wesselmann: KI-Systeme wie Perplexity oder OpenAI liefern Antworten auf Fragen und beeinflussen somit die Meinungsbildung. Wenn eine Marke der KI nicht bekannt ist, kann es sein, dass sie nicht empfohlen wird.
Tautz: Deshalb ist es wichtig, dass sich Unternehmen mit dem Thema ‚Generative Engine Optimization‘, kurz ‚Geo‘, beschäftigen und sicherstellen, dass die KI über ihre Marken und Produkte Bescheid weiß.
PR-JOURNAL: Was empfehlt ihr Kolleginnen und Kollegen aus der Branche, um bei diesem Thema dran zu bleiben?
Tautz: Neugierig sein und einfach ausprobieren!
Wesselmann: ‚Stay hungry, stay foolish‘! KI geht nicht wieder weg, also sollte man sie nutzen und sich mit ihren Möglichkeiten auseinandersetzen.
Soweit die schriftlichen Auszüge aus dem Gespräch mit Matthias Wesselmann und Frederik Tautz von Ketchum Germany. Das Podcast-Interview in voller Länge gibt es hier:
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