Das PR-Interview PR-Ausbildung Wenn KI die Einstiegs-Jobs übernimmt, wer bildet dann noch aus?

Schreiben ohne ChatGPT? Für die jüngere Generation kaum mehr vorstellbar. Recherchieren, Zusammenfassen, Wettbewerbsanalysen sind Aufgaben, mit denen Trainees einst in die PR hineinwuchsen und bei denen KI heute selbstverständlich zum Einsatz kommt. Aber können die AI-Natives die Zuarbeit einer Maschine professionell bewerten, ohne je selbst recherchiert und geschrieben zu haben? Was heißt das für die zukünftige PR-Ausbildung?

Laura Buchholz, Trainee (links), und Nora Feist, CEO von Mashup Communications, diskutieren. (Foto: Saskia Uppenkamp / Annett Bergk)

PR-Journal: Viele Unternehmen streichen gerade Einstiegspositionen oder lassen sie durch KI ersetzen. Warum halten Sie bei Mashup Communications weiterhin am Traineeship fest?

Nora Feist: Ganz einfach: Weil wir auch in Zukunft PR- und Storytelling-Talente brauchen! Ohne Einstieg gibt es auch keine Aufstieg. Junge Menschen müssen die Chance bekommen, in verantwortungsvolle Rollen hineinzuwachsen. Für uns galt immer schon: Wer die nächste Generation stärken will, muss sie begleiten und nicht belehren. Natürlich aber verändert KI ein Traineeship und dabei lernen wir stetig neu dazu.

Laura Buchholz: Wenn KI mich bei Recherchen, Zusammenfassungen oder Feinheiten im Texten unterstützt, bleibt mehr Zeit für das, was ich wirklich lernen möchte – wie ich mit Kund:innen kommuniziere oder Geschichten auf den Punkt bringe.

PR-Journal: War KI Thema im Bewerbungsgespräch?

Buchholz: Ja, direkt! Im Bewerbungsgespräch hieß es: „Hast du für die Probeaufgabe ChatGPT verwendet? Der Text war so gut.“ Ich war kurz unsicher – darf man das sagen? Aber Nora hat mir versichert, ich könne da ehrlich sein, da KI bei Mashup Communications transparent zum Einsatz kommt. Ich habe erklärt, dass ich ChatGPT als Tool zum Ausformulieren genutzt habe, und gleichzeitig betont, dass die Gedanken und Ideen im Text von mir stammen. Mir war wichtig, dass meine Arbeit dahinter gesehen und mir zugetraut wird, mit KI reflektiert umzugehen.

Feist: Genau darum geht’s: KI soll kein Tabu sein, sondern ein Werkzeug. Uns interessiert, wie jemand damit arbeitet und ob der eigene Kopf immer noch kritisch mitdenkt. Wer mit KI arbeitet, braucht Haltung, nicht nur ein Toolset. Da müssen wir aber selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Einen Schritt in die Richtung haben wir getan, indem wir für uns fünf KI-Prinzipien für eine verantwortungsbewusste Zusammenarbeit mit Künstlicher Intelligenz definiert haben. 

Pr-Journal: Die da wären?

Feist: Erstens verstehen wir Prompting als Teil des kreativen Handwerks, das heißt, wir verfolgen neue Entwicklungen, testen Methoden und machen unser Team fit im Umgang mit KI. Zweitens gilt: Ethik vor Automatisierung. Wir setzen uns kritisch mit den Schwächen generativer KI auseinander, etwa mit Gender-Bias oder kulturellen Verzerrungen, und übernehmen Verantwortung. Drittens Transparenz: Wir zeigen offen, wenn KI beteiligt war. Viertens denken wir weiter als bis zum Trainingsdaten-Ende: KI ist für uns eine Inspirationsquelle und kein Ersatz für unsere Kreativität. Und fünftens erleichtert KI zwar die Zusammenarbeit, ersetzt aber weder Teamgeist noch echtes Projektverständnis.

PR-Journal: Und wie lief das Onboarding ab? Spielte KI da die versprochene große Rolle?

Buchholz: KI-Tools waren vom ersten Tag an Teil meines Arbeitsalltags. Aus dem Prompting-Unterricht an der Universität der Künste hatte ich schon Erfahrung mit ChatGPT. Als es dann aber darum ging, für eine Pressemitteilung zu prompten und es nur hieß "Hier sind die Login-Daten", fühlte ich mich etwas ins kalte Wasser geworfen. Was mir dann wirklich geholfen hat: interne Weiterbildungen, ehrliches Feedback – und vor allem der Austausch mit dem Team.

Feist: Wir müssen uns bewusst machen: Auch für viele Berater:innen ist KI neu. Deshalb gilt für uns: ermutigen statt vorsagen. Schreiben, Konzepte entwickeln oder Strategien ausarbeiten bleibt Handwerk. Und das lernt man im Tun: mit Feedback, mit Zeit, mit Raum für Fragen. Trainees brauchen die "Trainee-Journey", wie wir sie bei uns nennen, um sich mit Themen wirklich auseinanderzusetzen – egal, ob mit oder ohne KI.

PR-Journal: Wie läuft die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine im Alltag?

Buchholz: Für mich ist ChatGPT mein Sparringspartner, dank dem ich schneller lerne. Dabei kann es verlockend sein, sich Aufgaben abnehmen zu lassen, bei denen die eigene Kreativität gefragt ist – besonders, wenn ich mir etwas noch nicht so ganz zutraue. Wenn mir das bewusst wird, lenke ich dagegen und hole lieber ganz altertümlich Stift und Papier heraus. Mir hilft das Tool enorm, wenn ich einen Einstieg oder einen roten Faden suche. Künstliche Intelligenz ist nur keine Einbahnstraße: Ich gebe etwas rein und muss dann auch bewerten, ob das Ergebnis passt.

Feist: Das ist der entscheidende Punkt: bewerten können. Ich vergleiche es gern mit Übersetzungsprogrammen. Ich kann Deutsch-Englisch gut beurteilen, weil ich beide Sprachen spreche. Bei Deutsch-Russisch wäre ich aufgeschmissen. In der Kommunikation ist es genauso: Die Sprache der Kund:innen ist eine, die wir lernen müssen. ChatGPT übersetzt, aber wir müssen verstehen, ob es den Ton trifft. KI verändert die PR-Ausbildung, aber nicht, was den Kern guter Geschichten ausmacht: echtes menschliches Verstehen, klare Haltung und das Feingefühl für die Sprache.

PR-Journal: Und was geben Sie der nächsten Generation von Kommunikator:innen mit auf den Weg?

Feist: Mut und Neugier sind wichtiger als Perfektion. Die Tools ändern sich – unser Job bleibt: gute Geschichten finden und erzählen. Das gelingt nur, wenn wir verstehen, worüber wir sprechen und schreiben. Deshalb: Lasst Zeit zur Auseinandersetzung mit der Materie. Und gebt euren Trainees die Chance und das Vertrauen, ihren eigenen Weg im Umgang mit KI zu finden. Nur so entsteht Kommunikation auf Augenhöhe – auch mit Maschinen im Team.

Buchholz: Ehrlich sein. Nicht verstecken, wie ihr arbeitet, sondern zeigen, dass ihr Verantwortung übernehmt. Wenn man zu sehr auf ChatGPT & Co. baut, ohne die eigenen Skills zu trainieren, kann das Vertrauen in sich selbst leiden.

Über die Gesprächspartnerinnen: Nora Feist ist Geschäftsführerin von Mashup Communications, einer Berliner Agentur für PR und Brand Storytelling. Als HR-Verantwortliche fokussiert sie sich auf Employer Branding und sorgt dafür, dass arbeitstechnisch zusammenkommt, was zusammenpasst. Laura Buchholz ist Trainee bei Mashup Communications. Zuvor hat sie Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste studiert.

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