Das PR-Interview Magdalena Rogl "Make Diversity great again"
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- von Annett Bergk, Hamburg
Wer das sagt, lehnt sich weit aus dem Fenster. Magdalena Rogl tut es mit Absicht. Sie trifft einen Nerv. Die einen hören den ironischen Seitenhieb auf einen reaktionären Slogan. Die anderen verstehen, was verloren gegangen ist.
Magdalena Rogl war lange das bunte Gesicht der Digital- und Kommunikationsszene. Heute ist sie vor allem eines: strategisch. Als Diversity-Botschafterin setzt sie sich nicht nur für mehr Sichtbarkeit ein, sondern für strukturelle Veränderung. Was andere von ihr lernen können: Kommunikation ist nicht die Klammer, sondern der Kern.
"Seit vier Jahren arbeite ich hauptberuflich im Bereich Diversity. Und ganz ehrlich: Das ist in erster Linie anstrengend", sagt Rogl. Was auf LinkedIn nach Glitzer und Regenbogen aussieht, ist in der Realität oft harte Arbeit. Nicht, weil Vielfalt nicht bereichernd wäre, sondern weil sie herausfordert.
"Früher war es einfach: Man hatte Meetings mit kleinen Versionen von sich selbst. Gleiche Meinung, schnelle Entscheidungen, alle happy."
Heute ist das anders. Andere Perspektiven erforderten Empathie, Konflikttoleranz, echtes Zuhören. "Aber genau darin liegt die Kraft. Nur wenn wir Ideen ganzheitlich anschauen, kann Innovation entstehen." Und dennoch: Viele Unternehmen ziehen sich zurück.
"Manche sagen jetzt: Das brauchen wir nicht mehr. Aber wer sich die Anstrengung erspart, verpasst die Zukunft."
Kommunikation braucht Struktur, nicht nur Haltung
Rogl weiß, wovon sie spricht. Ihre eigene Geschichte steht sinnbildlich für "Diversity of Background": Ausgebildete Kinderpflegerin, Quereinstieg in den Journalismus, dann der Weg in die Kommunikationsleitung.
"Ich werde nie verstehen, wie es sich anfühlt, eine andere Hautfarbe zu haben. Aber ich weiß, wie es ist, ausgegrenzt zu werden", sagt sie.
Diese Erfahrung schärfe den Blick, sei aber natürlich keine Voraussetzung. "Entscheidend ist, dass wir uns dem Thema öffnen. Und dass wir verstehen, wie viel Energie es kostet, tagtäglich mit Ausschlüssen zu leben."
Was heißt das für Kommunikationsabteilungen? "Man muss nicht immer gleich eine große Strategie aufsetzen. Oft sind es die kleinen Dinge, die Kultur verändern", meint Rogle und damit beispielsweise psychologische Sicherheit: Wie wird in Meetings gesprochen? Wer kommt zu Wort? Gibt es Räume für anonymes Feedback oder offene Fragen?
Dennoch braucht es systemische Antworten. Rogl beschreibt ein Modell, das sowohl auf Führungsebene als auch in internen Communities verankert ist. Entscheidend sei die Verbindung beider Ebenen: "Jede Community sollte ein Sponsoring durch eine Führungskraft haben. Das ist nicht nur ein Zeichen, sondern auch ein Verstärker. Wenn das C-Level offen von seinen Learnings aus der Zusammenarbeit berichtet, wird das greifbar." Diese Sponsorship-Rolle, betont Rogl, darf aber kein Abzeichen sein. Es gehe nicht um Symbolik, sondern um Beteiligung.
Diversity-Ziele müssen Teil der Kommunikationsstrategie sein
Dass Kommunikation eine Schlüsselrolle spielt, ist für Rogl keine Floskel. "Nothing about us without us" lautet ihr Mantra. Nur wenn Betroffene mitreden, wird Kommunikation authentisch.
"Wir müssen immer fragen: Was ist die richtige Erzählform für diese Gruppe? Und wie schaffen wir Bezug zur Organisation?"
Diversity ist kein Add-on. Es gehört in die Unternehmensziele und damit auch in der Kommunikation: "Idealerweise werden DEI-Ziele Teil der Zielvereinbarungen. Dann werden sie auch als businessrelevant wahrgenommen." Und wenn sie nicht erreicht werden? "Dann braucht es Konsequenzen oder zumindest eine ehrliche Analyse: War es fehlende Information? Widerstand? Ressourcenmangel?"
Klingt nicht nach einem Patentrezepte, aber nach Haltung. Rogl hat ein Verständnis dafür, dass Diversity nicht von allein passiert. "Wir sind privilegiert, in einer Demokratie zu leben. Das verpflichtet uns, uns einzubringen." Die eigentliche Aufgabe? "Nicht nur für andere sprechen, sondern ihnen das Wort geben."
Magdalena Rogl macht sich für eine Arbeitswelt stark, in der Empathie und Vielfalt keine gelebte Realität sind. Der STERN hat sie deshalb „Botschafterin der Emotionen“ genannt. Als Diversity & Inclusion Lead arbeitet sie eng mit Führungsteams, D&I-Communities und Expert*innen zusammen, um nachhaltige Veränderung in Wirtschaft und Gesellschaft voranzutreiben. Für ihren Einsatz wurde sie mehrfach ausgezeichnet, u. a. als eine der „25 Frauen, die unsere Wirtschaft revolutionieren“ und als PROUT Executive 2023. Sie engagiert sich ehrenamtlich als Wertebotschafterin bei GermanDream, als Mentorin für die Deutschlandstiftung Integration und als Beiratsvorsitzende bei Queermentor. 2022 erschien ihr Buch „MitGefühl – warum Emotionen im Job unverzichtbar sind“.
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