Das PR-Interview Rollenverschiebung Wie KI den Berufseinstieg verändert
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- von Annett Bergk, Hamburg
Die klassischen Einstiegsjobs in der Kommunikation – früher Türöffner und Lernfeld zugleich – geraten unter Druck. Wirtschaftliche Unsicherheit und der Einsatz von KI verändern die Anforderungen radikal. Was bedeutet das für eine Generation, die mitten in dieser Transformation ins Berufsleben startet? Wir haben mit Abel Fekade gesprochen, der aktuell Communication Management im Master in Leipzig studiert und bei den Vereinten Nationen in New York ein Praktikum absolviert.
PR-Journal: Aktuell häufen sich Meldungen, dass klassische Einstiegspositionen in vielen Branchen wegfallen oder stark reduziert werden. Wie bewerten Sie das?
Abel Fekade: Wenn ich solche Nachrichten lese, löst das natürlich erst einmal Unruhe aus. Gleichzeitig habe ich den Eindruck, dass ich mich daran schon etwas gewöhnt habe, weil diese Entwicklung nicht erst seit gestern spürbar ist. Für uns Studierende gehören diese Veränderungen schon länger zur Realität. Sichtbar wird das nicht nur bei klassischen Einstiegspositionen, sondern längst auch bei studentischen Jobs. Praktika werden teilweise nur noch als Pflichtpraktika ausgeschrieben oder ganz gestrichen und selbst Werkstudentenstellen sind von Einstellungsstopps betroffen. Ich habe das auch selbst erlebt: Als ich meinen letzten Werkstudentenjob beendet habe, war intern lange unklar, ob die Stelle überhaupt nachbesetzt werden kann.
PR-Journal: Mit welchem Gefühl gehen Sie den Berufseinstieg an?
Fekade: Ich habe den Eindruck, dass es unser Jahrgang bei der Jobsuche in gewisser Hinsicht schwerer haben wird. Allerdings sehen wir uns in diesem Umbruch nicht nur als Betroffene. Was wir heute im Studium lernen, ist eben nicht nur operatives Handwerkszeug, sondern vor allem auch eine strategische Perspektive darauf, wie Kommunikation gestaltet werden kann.
PR-Journal: Sie sehen sich also als Teil des Prozesses?
Fekade: Richtig. Viele von uns forschen gezielt zu KI in Kommunikationsteams und einige haben im Studium oder in Werkstudentenjobs schon sehr konkrete Expertise aufgebaut. Dadurch entstehen sicher auch neue Chancen. Ein Kommilitone von mir hat zum Beispiel den Großteil seiner Zeit im Werkstudium damit verbracht, eine Promptbibliothek auf Basis unserer Studieninhalte für sein Team zu erstellen. Ich beobachte bei mir und meinen Kommiliton:innen, dass wir uns inzwischen ganz genau überlegen, in welchen Branchen und Unternehmen wir uns bewerben, welche Industrien zukunftsfähig sind und wo wir die Transformation aktiv mitgestalten können.
PR-Journal: Wie finden Sie das heraus?
Fekade: Dafür ist es immer hilfreich, sich schon im Studium durch Praktika zu orientieren und auch sichtbar zu machen. Nicht jeder Berufseinstieg läuft über einen klassischen Bewerbungsprozess. Ich habe mich zum Beispiel bewusst dazu entschieden, mein Masterstudium nicht in Regelstudienzeit zu beenden. Der Großteil meines Jahrgangs verlängert das Masterstudium um ein Praxissemester, um sich besser auf den Berufseinstieg vorzubereiten. Aber wenn Einstiegsrollen gar nicht erst ausgeschrieben werden, wächst die Gefahr, dass Menschen ohne privilegierte Netzwerke noch schwereren Zugang haben. Das verstärkt Chancenungleichheit.
PR-Journal: Erzählen Sie uns von Ihren bisherigen Praxiserfahrungen. Spielte KI schon eine Rolle?
Fekade: In meinen bisherigen Stationen konnte ich sehr gut erleben, wie KI den Arbeitsalltag verändert und neue Möglichkeiten zur Mitgestaltung eröffnet. In der Zeit, als ChatGPT veröffentlicht wurde, habe ich bei Klenk & Hoursch in Hamburg gearbeitet und verfolgt, wie im Team überlegt wurde, ob und wie wir KI sinnvoll einsetzen können. Es ging damals um ganz praktische Fragen: Welche Strukturen braucht es dafür, was lässt sich wirklich an ein Tool abgeben und welche Aufgaben müssen weiterhin klar beim Menschen bleiben? Seitdem hat sich viel getan; Klenk & Hoursch hat heute neben einem AI Solutions Architect einen Head of Innovation im Hamburger Team und nutzt eine eigene KI-Plattform.
Zwei Jahre später, während meines Praktikums bei FGS Global, habe ich dann ganz selbstverständlich den internen KI-Assistenten in meiner Arbeit nutzen können. „Fergus“ war für mich fast wie ein Junior-Praktikant: Ich konnte ihm kleinere Aufgaben delegieren, die sonst viel Zeit kosten, dadurch effizienter arbeiten und bessere Ergebnisse liefern.
PR-Journal: Und in Ihrer aktuellen Position?
Fekade: Für mein aktuelles Praktikum bei den Vereinten Nationen war der Umgang mit KI bereits Teil des Assessments. Ich musste demonstrieren, wie ich Tools im Kommunikationskontext einsetze, und nutze sie dort nun auch regelmäßig.
PR-Journal: Das klingt nach einer Rollenverschiebung.
Fekade: Ja, ich merke, dass ich nicht mehr nur von Senior-Kolleg:innen lerne, sondern sie teilweise selbst berate, wenn es beispielsweise darum geht, KI-Tools im Team vorzustellen oder gezielt Einsatzmöglichkeiten zu finden. Das gelingt sicher auch deshalb, weil ich ein generelles Interesse für technologische Entwicklungen mitbringe. Ich höre regelmäßig Technik-Podcasts, probiere neue Tools aus und versuche, diese Erfahrungen mit meinem Studium zu verbinden. Vor diesem Hintergrund arbeite ich aktuell an meiner Masterarbeit, in der ich mich gezielt mit der Implementierung von KI in der Krisenkommunikation auseinandersetze. Das ist für mich eine Chance, Theorie, Praxis und meine Interessenfelder enger zu verknüpfen und mich gut für den Berufseinstieg aufzustellen.
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