Der Sprach-Optimist Siezen oder duzen? Bist Du Team #gerneperDu, dann passen Sie gut auf
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- von Thomas Dillmann, Bad Honnef
Wir duzen uns ja gerne. Lässig, oder? Unser Sprach-Optimist Murtaza Akbar (Foto: Agentur Wortwahl) duzt sich mittlerweile sogar mit Studierenden seiner Lehrveranstaltungen. Was für eine Entwicklung! Dabei ist er echt froh, dass es auch das „Sie“ gibt. Er erzählt von drei konkreten Beispielen, warum wir nicht auf das „Sie“ verzichten sollten – und was er Unternehmen empfiehlt.
Von Murtaza Akbar, Neu-Isenburg
Wir duzen uns jetzt schon länger. Freut mich. Angefangen habe ich hier ja ordentlich mit dem Sie. Mittlerweile bin ich sogar mit Studierenden in meinen Lehrveranstaltungen per Du genauso wie mit manchen Kunden und vielen Coachees. Alles ganz entspannt, hat weniger mit dem Duzen und Siezen zu tun, sondern mit Einstellung, Empathie und Wertschätzung. Aber das weißt Du eh. Und ja im Englischen dieses lässige „you“, so awesome und easy höre ich immer wieder. Ganz offen: Ich find’s megagut, dass ich zwischen Sie und Du wählen kann. Welch‘ Luxus. „Nee, ich bin ganz klar Team #gerneperDu, Siezen kann ich mir gar nicht mehr vorstellen …“ sagen dann viele.
Verstehe ich. Aber ich möchte Dir gerne von drei Beispielen erzählen, warum ich echt froh bin, dass es auch das „Sie“ gibt. Sehr froh sogar.
- Workshop mit Hashtag …
Als ich bei einem Workshop bei einem Konzern mal als Experte (und nicht als Workshop-Referent) dabei war, ist eine junge Teilnehmerin direkt zum Start zum Flipchart gelaufen und hat dort engagiert den Hashtag #gerneperDu hingeschrieben.
Ergebnis: Die zehn Teilnehmenden waren aus allen Generationen und Hierarchieebenen. Jetzt rate mal, was die „erfahrenen“ Herren gemacht haben? Sich gewunden, gemacht und getan, um den ganzen Tag das „Du“ zu vermeiden. Und die jüngeren Generationen haben es dann auch gelassen, die Älteren so anzusprechen. Puh. #gerneperDu ziemlich verkrampft statt entspannt. - Best Worscht in Town ...
Kennst Du die Imbisskette? Die duzen jeden, konsequent, gerne auf Hessisch. Babbeln halt, so nennen wir das, gell. Als eine ältere Dame, elegante Erscheinung mit grauen Haaren dort vor mir in der Reihe stand, war ich gespannt. Und was tat die junge Frau, die hinter dem Tresen die Bestellungen aufnahm? Sie hat die ältere Dame instinktiv … gesiezt. - Publikum …
Meine Keynotes drehen sich um das schöne Thema Wortwahl. Und nicht das Gendern, Social Media oder sonstwas sind superkomplex, sondern das mit Abstand komplexeste Thema der deutschen Sprache ist das Duzen und Siezen. Isso. Es gibt hier nämlich keine Regeln, kein richtig und falsch. Meine Vorträge halte ich vor 50 bis 1.000 Menschen – und ich würde danach gerne jede und jeden so ansprechen, wie sie oder er sich das wünscht: per Du oder Sie. Nur ist mir das leider allein wegen der großen Anzahl nicht möglich, also sieze ich (erstmal). Oder folge meiner eigenen Empfehlung, die liest Du im nächsten Absatz. - Deshalb …
Ich gebe Dir, äh Ihnen, nee doch lieber Dir eine klare Empfehlung, die die junge Frau in Beispiel 2 am Imbisstresen intuitiv umgesetzt hat. Das mache ich auch – und sicher viele von Euch ebenfalls: Aufs Gefühl hören, das ist der mit Abstand beste Seismograf.
Das gilt ebenso in der Unternehmens- und Onlinekommunikation. Nur ein Beispiel: Kennst Du einen Newsletter, bei dem Du auswählen kannst, wie Du angesprochen werden möchtest: Du, Sie, nur mit Vornamen, auch mit Nachnamen und überhaupt? Komisch, oder? Alle wollen unsere Daten und alles von uns wissen, aber wie wir angesprochen werden möchten, interessiert wohl niemanden. Man bestimmt es oft einfach. Bis ich dann mal im Workshop mit den Kunden intensiv über viele ihrer Kanäle spreche … und auch die Frage stelle: Was sagt denn Euer Gefühl?
Und was sind Deine Erfahrungen und Empfehlungen zum Duzen und Siezen?
Der Autor Murtaza Akbar ist Geschäftsführer von Wortwahl – Agentur für Unternehmens- und Onlinekommunikation in Neu-Isenburg. Der gebürtige Frankfurter mit pakistanischen Wurzeln ist zudem Dozent an der Hochschule Darmstadt sowie Speaker, Präsentations- und Rhetoriktrainer – hier geht’s zu seiner Speaker-Broschüre. Zu erreichen ist Murtaza Akbar per E-Mail oder LinkedIn.
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