Macht der Bilder Lehrstück über Kommunikation Taylor Swift hat es getan
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- von Jost Listemann, Berlin
Das TV-Duell zwischen Donald Trump und Kamala Harris hat hohe Wellen geschlagen. Dazu beigetragen hat auch ein Instagram-Post von Mega-Star Taylor Swift. Genau zum Ende des TV-Duells erklärte sie ihre Unterstützung für das Team Harris und Walz. Unser Kolumnist Jost Listemann hält Timing, Bildsprache und Botschaft für ein Lehrstück über Kommunikation im 21. Jahrhundert. Und der Blogger Sascha Pallenberg lobt den Instagram-Post von Swift als „PR-technisch wie aus einem Hollywood-Drehbuch“.
Das Gesicht weiß ausgeleuchtet wie Marlene Dietrich, der Blick zwischen Aufforderung zur Annäherung und selbstbewusster Distanz. Die Haare offen, die Farben gedeckt. Die schwarz-weiße Katze auf ihrer Schulter majestätisch gelangweilt. Nur der Mund – rot, knallrot. Sie wusste, dass Hunderte Millionen Menschen dieses Bild sehen würden. Ein kommunikatives Kunstwerk aus digitaler Performanz, weiblichem Selbstbewusstsein und medialer Bildmacht im Zeitalter von KI. Dazu ein Text, gleichsam einfühlsam und politisch, radikal ehrlich und präzise durchdacht. Die größte weibliche Macht im Netz hat sich entschieden. Und sie hat sich entschieden, dass global öffentlich zu machen. Der Feenstaub der Reichweite Taylor Swifts wird sich nun über die Kampagne von Kamala Harris legen. Ist das die Entscheidung im US-Wahlkampf? Sicher nicht. Ist es ein Symbol für die öffentliche Kommunikation des 21. Jahrhunderts? Sicherlich.
Das Timing der „Katzenfrau“
Nichts daran war Zufall: Die Menschen saßen noch vor den Fernsehern, da flog der Post von Taylor Swift in die Timelines der Smartphones der USA und weltweit. 284 Millionen Follower und viele weitere Millionen in den Netzwerken sahen das Bild der „Katzenfrau“.
Ihr Statement, bestes Storytelling: Sie hat „wie viele von Euch“ die TV-Debatte verfolgt. Als „Wählerin“ informiere sie sich über die Positionen der Kandidatin und des Kandidaten. Mehr Augenhöhe geht nicht, und dann: Die Bildfälschungen mit KI, die sie als Unterstützerin von Trump darstellte, hätten sie zu dem Entschluss gebracht, sich öffentlich zu positionieren. „The simples way to combat misinformation is with the truth!“. Jetzt stellt sie sich hinter die „Kriegerin“ Kamala Harris, „because she fights for the rights!“.
Künstlerin und Weltfigur
Nicht weniger als ein Lehrstück politischer Kommunikation im Zeitalter von KI ist der amerikanischen Sängerin gelungen, für die man eine eigene Kategorie definieren muss: Weltfigur. Gefeiert in Konzerten rund um den Globus, ihre Konzerte Ziel islamistischer Attentatspläne in Wien und jetzt der Post der „Katzenfrau“. Als Künstlerin und Weltfigur gelingt es der 34-Jährigen eine digitale Nähe herzustellen, die Hundert Millionen Menschen erreicht.
Dabei verkörpert sie weibliches Empowerment: Begehrt werden zu wollen, ohne Unterwerfung. Geliebt werden zu wollen, ohne Anpassung. Für sich selbst schön sein zu wollen, nicht nur für die anderen. Gleichzeitig zeigt sie sich dem globalen und medialen Sturm gewachsen, den sie erschaffen hat, in dessen Zentrum sie lebt und den sie immer weiter antreibt. Diese Energie final in die Waagschale des brutalsten und gefährlichsten Wahlkampfs der Gegenwart zu werfen, zeugt nicht nur von enormem Selbstbewusstsein, sondern auch von Verantwortung – sich selbst gegenüber und den „Swifties“ in aller Welt: Nein, ich lasse mich nicht digital instrumentalisieren! Ich sage Euch, wo ich stehe und Ihr könnt Euch entscheiden. Und es steht Euch frei, mir zu folgen.
Das alles erzählt sie mit einem einzigen Blick, einem einzigen Bild und einem einzigen Post. Nach zwölf Stunden hatten 8,3 Millionen Menschen den Post geliked, 1,3 Millionen geteilt. Willkommen im digitalen Welttheater des 21. Jahrhunderts.
Über den Autor: Jost Listemann berät Führungspersönlichkeiten und Unternehmen in Phasen der Transformation. Darüber hinaus unterrichtet er an der Universität Halle am Institut für Politikwissenschaft und an der Media University Berlin im Fachbereich Journalismus und Unternehmenskommunikation. Seit 2003 ist er geschäftsführender Gesellschaft der TIME:CODE:MEDIA GmbH.
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