FC Bayern Muenchen LogoIch gebe es zu, der FC Bayern München war noch nie mein Lieblingsverein. Dennoch muss man als Fußball-Fan respektieren und durchaus auch anerkennen, welch überragende Leistungen Verein und Mannschaften seit Jahrzehnten bringen. In Deutschland ist Bayern München unangefochten, in der Champions-League zählt der Verein zu den Top-Clubs. Und doch läuft es alles andere als rund in München an der Säbener Straße. Die desaströse Jahreshauptversammlung hat gezeigt, woran es vor allem fehlt: an guter, durchdachter und vor allem strategischer Kommunikation. Ein Verein dieser Güteklasse ist offensichtlich nicht dazu in der Lage einen Dialog auf Augenhöhe mit kritischen Fans zu führen.

Taschenspieler Tricks in Bezug auf die Tagesordnung, gerichtliche Verfügungen im Vorfeld, Zurückweisung von Spontananträgen – die Vereinsmitglieder bei der Jahreshauptversammlung machten ihrem Unmut Luft. Die Veranstaltung geriet aus den Fugen, Buh-Rufe, Vorstand- und Hainer-raus-Rufe, die Bilder und Videos sind bekannt.

Doch wie konnte es dazu kommen? Weil der gesamte Vorstand sich als unfähig erwiesen hat, einen offenen und konstruktiven Dialog mit kritischen Fans zu führen. Die Vorbereitung der Jahreshauptversammlung glich schon einer Abwehrschlacht. Bloß nicht über das Katar-Sponsoring sprechen lassen, schien das einzige Ziel für den Abend zu sein. Defensiv und ängstlich zuvor und von oben herab während der Versammlung agierten die „Spitzenkräfte“.

Der neue Vorstandschef Oliver Kahn hat seine Rolle noch nicht gefunden. Er wirkte wenig souverän – er hat das Katar-Sponsorship nicht einmal erwähnt – und hatte es vor allem im Vorfeld der Jahreshauptversammlung versäumt, einen Dialog mit den kritischen Fans zu suchen und Formate zu schaffen, bei denen man die zu erwartende Kritik abholt, um Druck aus dem Kessel zu nehmen.

Präsident Herbert Hainer, der frühere CEO von adidas, zeigte, dass er Kritik nicht gewöhnt ist und schon gar nicht gut ertragen kann. Von oben herab kanzelte er die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Jahreshauptversammlung ab, am Ende schloss er kurzerhand einfach die Rednerliste. Er zeigte, dass er überhaupt nicht darauf eingestellt war, dass es hier zu einer offenen Diskussion kommen könnte. Man hatte doch im Vorfeld alles dafür getan, es nicht dazu kommen zu lassen – der Plan ging nicht auf.

Man könnte noch viele Einzelheiten des für den FC Bayern katastrophalen Abends heraus picken und aufzeigen, wie schlecht die Vereinsbosse vorbereitet waren. Doch genau in dieser mangelhaften Vorbereitung liegt ja das eigentliche Desaster. Ein Club von Weltrang ist nicht dazu in der Lage mit Hilfe gut geplanter und überlegter Kommunikation einen vernünftigen Dialog mit den eigenen Mitgliedern zu führen. Ein breit aufgesetzter Dialogprozess auf Augenhöhe mit den Mitgliedern und Fans im Vorfeld hätte Abhilfe schaffen können. Die PR- und Kommunikationsbranche verfügt über eine ausreichende Zahl von Dienstleistern, die hier sicher gerne und vor allem professionell agiert hätten. Diese Chance wurde vertan, jetzt ist der Aufwand ungleich größer, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen.


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