Kommentare Clickbaiting Was sehen wir? Und warum?

Wer professionell kommuniziert, wählt Worte mit Bedacht. Aber wie steht es um die Bilder, die wir dazu veröffentlichen? Was zeigen wir? Und warum eigentlich?

Seit ich die redaktionelle Verantwortung für den LinkedIn-Kanal des PR-Journals übernommen habe, denke ich über diese Frage anders nach. Nicht, weil mir vorher das Bewusstsein gefehlt hätte. Sondern weil sich mit der Plattform eine ganz eigene Dynamik einstellt: Bilder funktionieren. Menschen klicken Gesichter. Gruppenfotos performen besser als reine Texttafeln. Das weiß jeder, der mit LinkedIn arbeitet. Aber heißt das auch, dass wir diese Bilder immer brauchen? Oder dass wir sie nicht besser einordnen müssten?

Mich beschäftigt dabei besonders die Schere zwischen Bild und Text. Also die Frage: Was suggeriert das Bild und was erzählt der Beitrag? Stimmen diese Ebenen überein? Ergänzen sie sich? Oder widersprechen sie sich vielleicht sogar? (Der Performance wegen?)

Ein Bild erzeugt Aufmerksamkeit, keine Frage. Aber Aufmerksamkeit ersetzt nicht automatisch Verständnis. Und sie ersetzt schon gar nicht Kontext. Gerade in sozialen Netzwerken läuft Kommunikation oft über visuelle Reize, aber die Geschichte dahinter bleibt vage oder unausgesprochen. Ich frage mich: Was sagt es über unsere Branche aus, wenn ein starkes Foto mehr Beachtung bekommt als der Gedanke, den es begleiten soll?

In diesem Zusammenhang habe ich angefangen, Bildbeschreibungen bewusster zu nutzen – nicht „versteckt“ im Alt-Text, sondern sichtbar im Posting selbst. Ich beschreibe, wer auf einem Foto zu sehen ist, was genau abgebildet wird, wo die Aufnahme und durch wen entstand. Nicht, weil das technisch notwendig wäre. Sondern weil ich glaube, dass es ein Mehrwert ist.

Eine solche Bildbeschreibung ist für mich mehr als eine klassische Bildunterschrift. Sie schafft Kontext – gerade für jene, die das Bild aus unterschiedlichen Gründen nicht oder nur eingeschränkt wahrnehmen können. Und das betrifft weit mehr Menschen, als man denkt: Menschen mit Sehbeeinträchtigungen. Menschen mit Rot-Grün-Schwäche. Menschen mit niedriger Bandbreite, auf deren Geräten das Bild gar nicht geladen wird. Aber auch Menschen, die den kulturellen oder inhaltlichen Kontext eines Bildes nicht ohne Weiteres einordnen können. Menschen, die schlicht nicht wissen, wer oder was abgebildet ist.

Natürlich kann (und soll) der Alt-Text weiterhin seine Aufgabe erfüllen – barrierefreie Kommunikation braucht technische Standards. Aber reicht das wirklich aus? Reicht es, sich auf das Unsichtbare zu verlassen, wenn es um Sichtbarkeit geht? Oder sollten wir nicht öfter überlegen, wie wir Kommunikation so gestalten, dass sie möglichst vielen Menschen wirklich etwas sagt? Wäre das nicht respektvoll gegenüber unseren Rezipient:innen?

Und nein: Ich glaube nicht, dass es dafür eine universelle Lösung gibt. Aber ich finde, wir sollten diese Fragen wieder stärker in den Vordergrund rücken. Müssen wir wirklich jedes Bild posten, das gut klickt? Und wenn wir es tun: Erklären wir ausreichend, warum wir es zeigen? Was es mit dem Text zu tun hat, den wir danebenstellen? Welche Geschichte wir erzählen wollen?

Vielleicht müssen wir Social Media tatsächlich wieder sozialer denken. Und Public Relations wieder stärker als Relations. Die Bildbeschreibung im Posting ist nur ein Beispiel. Aber vielleicht ein Anfang, um Kommunikation wieder mehr als gemeinsame Verständigung zu begreifen und weniger als Klick-Spiel.

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