Yes you can Bergmann Reinhard CoverVersagens-Ängste kennt jeder von uns. Versagen in Drucksituationen vermutlich auch. Das passiert schließlich jedem einmal, auch den Besten der Besten. Beispiel gefällig? Blende zurück, ins Wimbledon-Endspiel Anfang Juli. Grand Slam-Rekordsieger Roger Federer stand vor einem erneuten Triumph im Mekka des Tennissports. Im fünften Satz hatte er bei eigenem Aufschlag zwei Matchbälle gegen den Weltranglistenersten Novak Djokovic. Federer, der wahrscheinlich beste Aufschläger auf der Profitour, traf bei beiden Punkten den ersten Aufschlag nichts ins Feld. Er musste zweimal über den zweiten, weniger gefährlichen Aufschlag gehen, spielte dann nicht hundertprozentig fokussiert, verlor beide Punkte. Er bekam keinen dritten Matchball mehr, Djokovic gewann am Ende das Match.

Wie kann das passieren? Und das dem sogenannten "Maestro", dem wohl größten Tennisspieler aller Zeiten?

Wenn das selbst einem Federer passiert, so könnten wir sagen, dann sollten wir vielleicht damit leben können, dass es auch uns passiert. Das ist eine Möglichkeit der Reaktion. Die andere wäre eine ehrliche und harte Selbst-Reflexion: Was ist bei uns in jenen Momenten gewesen, als wir dem Druck nicht standhielten? Bei wichtigen Situationen des Alltags, vielleicht in einem Bewerbungsgespräch, vielleicht bei einem wichtigen sportlichen Wettkampf, vielleicht in einer beruflichen Weichenstellung unserer Karriere. War es ein Moment der mangelnden Konzentration, fehlende Entschlossenheit, vielleicht die Folge einer schlaflosen Nacht? Und: Was muss ich tun, damit das beim nächsten Mal nicht passiert? Und: kann man das überhaupt beeinflussen?

Man kann! Wir können das. Das ist die Antwort zum Beispiel der Sportpsychologie. Eine Disziplin, die, so hört man, im modernen Profi- und Spitzensport immer häufiger zur Rate gezogen und zur Hilfe gerufen wird. Und das nicht zuletzt von den Branchenbesten. Natürlich arbeitet ein Roger Federer oder ein Novak Djokovic mit solchen Experten zusammen. Nicht erst seit gestern.

Spannende Anleitung zum eigenen Mentaltraining

Aus diesem Kompetenzfeld ist nun ein interessantes Autoren-Duo angetreten, um vor allem Leistungssportlern eine spannende Anleitung zum eigenen Mentaltraining an die Hand zu geben. Dr. Christian Reinhardt ist promovierter Sportpsychologe und arbeitet seit über zehn Jahren mit Profisportlern, Vereinen und Nationalmannschaften, aber auch mit Unternehmern und Managern. Mark Bergmann ist Profisportler und bringt seine Erfahrungen aus der Extrem-Kampfsportart Mixed-Martial-Arts (MMA) ein. Er ist außerdem Chefredakteur einer Fitness-Zeitschrift und kommentiert Kampfsport-Events im privaten Fernsehen.

Beiden ist mit dem zu rezensierenden Buch ein guter Wurf gelungen, der deutlich über die sonst übliche Ratgeber-Literatur hinausgeht, die oft zu flach ansetzt und zu schnell bei allgemeinen Rezepten landet, die aber nicht jeder gleichermaßen für sich adaptieren kann.

Individuelle Übungen und Trainings in jedem Kapitel

Bergmann und Reinhardt gehen anders vor. Kapitel für Kapitel gleich, bringen Sie zunächst ein prominentes Beispiel aus der Profisportszene, und zwar für Versagen gleichermaßen wie für Lernkurven und für beispielhafte Erfolgsmomente. Dann liefern sie die wissenschaftlichen Erklärungen und Grundlagen für psychische, emotionale und biologische Prozesse, die uns entweder hemmen oder aber uns in einen Lauf bringen. Dann folgen Ableitungen für individuelle Übungen und Trainings. Kompakte Programme mit der Abfolge einiger weniger, aufeinander aufbauender Lernschritte mit abschließenden Kurzzusammenfassungen runden die Kapitel ab. 

So können sich Leserinnen und Leser Schritt für Schritt ein Know-how aufbauen. Das beginnt mit einer starken und dominanten Körpersprache. Sie erfahren, dass und wie sie ihre Komfortzone verlassen müssen, weil sie nur in der Lernzone über die Hindernisse gehen können, die ihrem Erfolg im Weg stehen. Der Sportler erfährt, dass er vor dem Wettkampf nicht nur seinen Körper, sondern auch seinen Kopf und Geist aufwärmen muss – und wie das konkret aussehen könnte. Die Macht von Autokommunikation und Selbstgesprächen wird ebenso eindrucksvoll entfaltet wie der Weg zum Flow-Erlebnis, in dem alles wie von selbst zu gelingen scheint. Im letzten Drittel des Buches stehen dann zwei im Gesamtzusammenhang zentrale Kapitel: warum scheitern wir in Drucksituationen und wie lassen sich diese so trainieren, um bestehen zu können? Und wie gelingt uns eine bessere Konzentration?

Ausdrückliche Empfehlung – auch für Nicht-Sportler!

Diese und weitere Felder machen das 220 Seiten starke, sehr ansprechend gestaltete und sorgfältig redigierte Buch zu einem echten Weiterbildungsvergnügen. Es ist zwar vorwiegend für Sportler geschrieben. Aber im Grunde kann jeder andere vor allem im beruflichen Alltag profitieren, der zukünftig auf eine bessere mentale Stärke und Präsenz setzen möchte. Ich empfehle das Buch ausdrücklich.

Es gibt zwei mögliche Entscheidungen, was man nach der Lektüre tun kann. Ein Profisportler könnte beispielsweise zu der Erkenntnis gelangen, dass ihn die regelmäßige Arbeit mit einem Sportpsychologen stärken und erfolgreicher machen wird. Oder aber er tut das, was auch ganz normale Leser dieses Buches tun können: sich ein eigenes Programm mit Hilfe des Buches bauen, mit den Bausteinen, Tools und Übungen, die zur eigenen Persönlichkeit und zum eigenen Tun passen. Beides ist nach Lektüre dieses Buches sehr gut vorstellbar.

Titel: Yes You Can. Mentaltraining für Sport und Alltag; Autoren: Christian Reinhardt und Mark Bergmann, Verlag: EMF/Edition Michael Fischer, Igling 2019; Umfang: 220 Seiten, Hardcover; Preis: 18,00 Euro; ISBN-Nr. 978-3-96093-101-0

Kiefer Markus Prof FOM kleinerÜber den Autor der Rezension: Markus Kiefer (60, Foto) ist Professor an der FOM - Hochschule für Oekonomie und Management. Dort lehrt er BWL, mit dem Schwerpunkt der Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation. Darüber hinaus arbeitet er in Seminaren, Vortragsveranstaltungen und Workshops für Weiterbildungs-Akademien der Wirtschaft. Er berät Unternehmen in Fragen der Kommunikationsstrategie, der PR, Mitarbeiterkommunikation, Social Media und Krisenkommunikation. Im Recito Verlag, Essen, ist im Sommer 2018 sein neues Buch „Unternehmenskommunikation - Erfolgreiche Kommunikationskonzepte aus Wissenschaft und Praxis“ erschienen. Markus Kiefer richtet sich darin an Praktiker, die über den Tellerrand hinaus denken. Ein Buch für Kommunikatoren der Zukunft.


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