Rezensionen Rezension: Corporate Video als neues Leitmedium der Unternehmenskommunikation?

You Tube und seine Kinder Buchcover NomosHat Corporate Video das Potential, als Leitmedium die Unternehmenskommunikation zu führen und den (ersten) Ton anzugeben? Wir leben zweifellos im Zeitalter der Bewegtbilder und die Mediennutzungsdaten zeigen weltweit den Vormarsch der zunehmenden Videonutzung, und das nicht nur bei der jüngeren Generation. Kann ein Tagungsband mit Beiträgen der Beteiligten aus dem Jahr 2009 uns heute hilfreiche Antworten auf die Eingangsfrage geben? Herausgeber und Verlag waren davon offensichtlich überzeugt und legten deswegen im Jahr 2019 eine aktualisierte Fassung der Erstauflage von "You Tube und seine Kinder" aus dem Jahr 2010 vor. Achim Beißwenger hatte seine jährliche Konferenz "Audiovisual Media Days" abgehalten, die später in den Münchener Medientagen aufgegangen ist. Er gewann die Vordenker der Bewegtbild-Branche zur Publikation ihrer insgesamt 16 Beiträge.

Es soll nicht wie eine Mäkelei an der zweifelsfreien Expertise der Autoren klingen. Aber man darf schon feststellen, dass die Aufsätze zum Medienrecht, zu Technologie-Entwicklungen, zu Mediennutzung von Bewegtbildern allgemein und zu Corporate Video-Nutzung speziell, Entwicklungen in der Online-Werbewirtschaft im Grunde veraltet sind. Einfach weil die Daten zu alt sind. Dasselbe gilt auch für die Case Studies.

Aber der Band enthält eine ganze Reihe von Beiträgen, deren Substanz weit über die Darlegung aktueller Daten und Entwicklungen hinausreicht. Drei von ihnen seien namentlich genannt und gewürdigt.

An erster Stelle ist der Beitrag von Thomas Mickeleit zu nennen. Der langjährige Kommunikationschef von Microsoft Deutschland, davor von IBM und Volkswagen, ist heute als Honorarprofessor in der Lehre für Corporate Media und Interne Kommunikation und als Berater tätig. In einem heute noch lesenswerten Beitrag zeichnet er die Entwicklung des ursprünglichen Firmen-TV, zum Beispiel der Deutschen Bahn, zur Corporate Video in all seinen vielschichtigen Facetten im Intranet, in den dialogischen Formaten der Videokommunikation und als tragende Säule moderner Wissensvermittlung faszinierend nach. Dabei räumt er erfrischend klar mit der Vorstellung beziehungsweise Aufgabenteilung auf, für den Transfer von Informationen gäbe es Texte und für die Emotionen dann die Videos – eine völlig verkürzte Wahrnehmung des Leistungsvermögens der Bewegtbildkommunikation. In Mickeleits Beitrag wird wirklich das Potential von Corporate Video als Leitmedium spürbar.

Über den Tag hinaus bedeutsam ist auch der Text von Marc Mielau und Axel Schmiegelow. Der eine ist BMW-Kommunikationsmanager und der andere erfahrener Manager in der Digitalwirtschaft. Beide beschreiben in ihrem Beitrag die auch heute noch beispielgebende Leistung von BMW im Feld der Bewegtbildkommunikation. Sie berichten unter anderem die Erfolgsgeschichte der damaligem Pionier-Leistung der Münchener mit "BMW-Films", jener seriellen, turboschnellen, prickelnden Kurzgeschichten von Starregisseuren um einen Hollywood-Filmstar, die das Werbevideo für Autos in eine neue Dimension hob. Und ebenso wegweisend war die Entwicklung von BMW-TV, die kompakt nacherzählt ist.

Ebenfalls in unseren Tagen noch anregend ist der Beitrag von Gernold P. Frank über Videospiele. Der BWL-Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin ist auch genau der richtige Autor für dieses Themenfeld. Sein Schwerpunkt ist die Personal- und Organisationsentwicklung. Und genau hier wird Gamification immer stärker von Bedeutung sein. In der Personalgewinnung, in der Weiterbildung, in modernen Lern-Formaten. Franks Beitrag setzt hier die richtigen Akzente.

Gerade für diese genannten drei Beiträge und auch für weitere Beiträge über Personal Branding und Audio-Elemente in der Kommunikation gelten die einschränkenden Bewertungen im ersten Teil dieser Rezension ausdrücklich nicht. Sie lesen sich allesamt frisch und geben auch für die Gegenwart noch wertvolle Denkanstöße.

Und um auf die Ausgangsfrage zurückzukommen – gerade nach Lektüre der zuletzt genannten Beiträge hat der Leser viele Argumente in der Hand, um Corporate Video als mögliches Leitmedium der Unternehmens- und vor allem auch der Markenkommunikation zu reflektieren.

Titel: YouTube und seine Kinder. Wie Onlinevideo, Web TV und Social Media die Kommunikation von Marken, Medien und Menschen revolutionieren; Herausgeber: Achim Beißwenger; Verlag: Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden; 2. aktualisierte Auflage 2019; Umfang: 290 Seiten; Preis: 34,00 Euro; ISBN 9-783848-751303

Kiefer Markus Prof FOM kleinerÜber den Autor der Rezension: Markus Kiefer (63, Foto) ist Professor an der FOM - Hochschule für Oekonomie und Management. Dort lehrt er BWL, mit dem Schwerpunkt der Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation.
Im Rechtsverlag (Düsseldorf / Stadtlohn) hat er im März 2021 das Buch „Kommunikationskompetenz“ und die Essay-Sammlung „Moderne Unternehmenskommunikation“ veröffentlicht. Das Buch zeigt Wege zu einer zeitgemäßen Führungskräfte- und Organisationskommunikation auf, die zweite Schrift liefert Bausteine und Vorschläge für die Praxis – insbesondere der mittelständischen Unternehmenskommunikation. Zur Verlags-Website mit direkter Bestellmöglichkeit geht es 
hier.

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