Einfuehrung in moderne Ukom Buchcover Autoren Jan Rommerskirchen Michael RoslonDarf man von einem Lehrbuch erwarten, das eine Einführung in die "moderne" Unternehmenskommunikation ankündigt – und in den Untertiteln einen gleichwertigen Fokus auf Grundlagen, Theorie und Praxis verspricht? Auf den Prüfstand gestellt, ergibt eine Suche nach (analogen) Klassik-Instrumenten der Unternehmenskommunikation wie Kundenzeitschrift, Mitarbeiterzeitschrift und anderes kein Resultat. Derlei kommt nicht einmal begrifflich vor. Auch sucht man vergeblich nach einer ausgewogenen Erörterung, ob und wie das Intranet als Dreh- und Angelpunkt einer effizienten Mitarbeiterkommunikation (noch) geeignet ist. Praxis-Orientierung könnte anders daherkommen. Das mag mit dem gedanklichen Fokus der Autoren auf eine "moderne" Unternehmenskommunikation zu tun haben.

Ob die genannten Klassiker aber komplett "out" sind, ist eine ganz andere Frage. Sie wäre zumindest einer ernsthaften Erwägung wert, die man in dieser Einführung aber ebenso vermisst wie durchgehende Fallbeispiele oder Best Practices aus Wirtschaft und Industrie. Diese sind eher sparsam gehalten.

Autoren sind ausgewiesene Sozialwissenschaftler

Dagegen werden die beiden anderen Untertitel-Ansprüche auf Theorie-Darstellung mehr als eingelöst. Das ist die Stärke dieser Einführung. Beide Autoren sind ausgewiesene Sozialwissenschaftler. Beide lehren als Professoren an der renommierten privaten Fresenius-Hochschule.

Michael Roslon ist dort Studiengangsleiter für Tourismus-, Hotel- und Eventmanagement, mit akademischem Stammbaum bei den Kommunikationswissenschaftlern der Universität Essen-Duisburg. Jan Rommerskirchen kennt man aus zahlreichen Publikationen und als Herausgeber einer akademischen Zeitschrift („Journal für korporative Kommunikation“). Er ist Studiendekan des Masterstudiengangs Corporate Communications, lehrt aber auch Philosophie und Soziologie an seiner Hochschule.

Die souveräne, interdisziplinäre Theorie-Stärke beider Autoren in den Geistes - und Sozialwissenschaften spürt man in jedem der sieben Hauptkapitel des Buches. Und ganz besonders in den beiden Grundlagen-Kapiteln des Buches, in denen ausführlich hergeleitet wird, warum Unternehmen sich heute, mehr denn je, überhaupt in und durch Kommunikation behaupten müssen. Grundlinien einer strategisch angelegten Kommunikation werden deutlich.

Wirklich "moderne" Unternehmenskommunikation

Stark sind die Seiten über "Themenmanagement", gut verbunden mit den Feldern von Issues Management, Risikokommunikation, Krisenkommunikation und Agenda Setting. In vergleichbaren Lehrbüchern findet man so grundlegende Ausführungen zu diesen Feldern nicht immer. Und dabei ist genau dieser Ansatz wirklich eine "moderne" Unternehmenskommunikation, nämlich das umsichtige und sensible Besetzen von Themen und, wo möglich, das Erringen von "Thought Leadership" in der Fachwelt oder gar Meinungsführerschaft bei öffentlichen Debatten. Und auch Kapitel 3, in welchem es um das Entwickeln von Botschaften geht, gibt sich beim Kontext von "Storytelling" nicht einfach mit den Etappen der "Heldenreise" ab, sondern schürft tiefer und bringt dem Leser Goffmans Rollen- und Bühnen-Verständnis nahe. Das Kapitel richtet dann weiterhin den Blick auf die verschiedenen Disziplinen der Unternehmenskommunikation, mit Schwerpunkten in der Mitarbeiterkommunikation, CEO-Kommunikation, Investor Relations.

Marketing-lastig

Bei den Kapiteln 4 und 5, Markenkommunikation und Zielgruppen, ist eine kritische Rückfrage des Rezensenten allerdings zwingend: Gehört das in dieser Form überhaupt in eine Einführung zur Unternehmenskommunikation? Was hier entfaltet wird, ist ganz überwiegend eindeutig Marketing-lastig, begrifflich wie auch mit Blick auf die genutzten Quellen.

Näher an der Erwartungshaltung, die Spezifika der Unternehmenskommunikation zu begreifen, kommt der Leser dann wieder bei den Kapiteln 6 und 7. Wobei auch hier durchaus kritisch zu hinterfragen ist, ob es in dieser Ausführlichkeit nötig gewesen wäre, seitenlang auf klassische (Produkt-) Werbung und die dazugehörige Mediaplanung einzugehen. Auch hier muss konstatiert werden, in dieser Form gehört das alles eher in eine Einführung zur Marketingkommunikation als in eine zur Unternehmenskommunikation. Aber durchaus interessant, wie systematisch die Autoren die Stoffe entlang der Kategorien Paid, Owned und Earned Media ordnen. Bei den Kanälen liegen ihre Interessen eindeutig bei den digitalen Medien.

Anregend mit Blick auf Gegenwart und vor allem Zukunft von Unternehmenskommunikation und Kommunikationsmanagement ist dann hingegen wieder das Schlusskapitel. Hier sind die Autoren dann wirklich wieder voll in ihrem Anspruch, "moderne" Unternehmenskommunikation zu vermitteln. Dabei diskutieren sie nicht nur die Ausmaße der Digitalisierung. Verdienstvoll ist, wie sehr sie den Blick der Unternehmen dafür schärfen, gleichermaßen um die Königsdisziplinen einer zeitgemäßen Kommunikation von Wirtschaft und Industrie zu kämpfen, nämlich um Legitimität und Vertrauen.

Beeindruckende Mischung von Klassikern und aktueller Fachliteratur

Jedes Kapitel führt am Ende eine Vielzahl an ausgeschöpften Quellen auf. Beeindruckend dabei immer die Mischung von Klassikern und aktueller Fachliteratur. Wohltuend dabei: der Blick geht deutlich über die BWL und Kommunikationswissenschaft hinaus, greift auch maßbliche philosophische, soziologische, volkswirtschaftliche und politikwissenschaftliche Literatur auf.
Fazit daher: Eine Einführung in das Fachgebiet mit beachtlichem akademischem Anspruch – auch mit Blick auf die gedachte oder von den Autoren sicher auch gewünschte Leserschaft. Eine Einführung, die weniger auf das konkrete WIE der Unternehmenskommunikation zielt, aber mit der man sehr wohl das WARUM einer zeitgemäßen und auf maßgeblicher Theorie fußenden Kommunikation begreift und dann auch selbst begründen kann.

Titel: Einführung in die moderne Unternehmenskommunikation. Grundlagen, Theorien und Praxis; Autoren: Jan Rommerskirchen / Michael Roslon; Verlag: Springer Gabler, Wiesbaden 2020; Umfang: 272 Seiten; Preis: 32,99 Euro; ISBN 978-3-658-30029-6

Kiefer Markus Prof FOM kleinerÜber den Autor der Rezension: Professor Dr. Markus Kiefer (64, Foto) war von 2010 bis Ende des Sommersemesters 2022 hauptberuflich an der FOM – Hochschule tätig, als Professor für Allgemeine BWL, mit dem Schwerunkt Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation. Ab dem Wintersemester 2022 wird er an der FOM und im Wechsel an weiteren Hochschulen Lehraufträge mit Schwerpunkt PR und Unternehmenskommunikation wahrnehmen.


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