Rezensionen Erfrischend Employer Branding aus Sicht der Unternehmenskommunikation
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- von Markus Kiefer, Heiligenhaus
Employer Branding als Thema hat seit ein paar Jahren Konjunktur. In der Unternehmenspraxis und Beratungsbranche schon länger auf dem Tisch, häufen sich nun auch Studien und wissenschaftliche Publikationen. Zumeist wird das Thema aus der Marketingperspektive behandelt, und dies im Kontext und als Unterthema der Markentheorie. Umso erfrischender ist es, hier auf ein Buch einzugehen, dass es dezidiert anders macht. Empfehlung!
Denn Astrid Nelkes Handbuch Employer Branding ist aus der Perspektive der Unternehmenskommunikation geschrieben. Das ist die Kernkompetenz Nelkes, die das Fach als akademische Lehrerin schon seit vielen Jahren in Forschung und Lehre vertreten hatte, bevor sie 2021 mit einer Professur für Angewandte Wirtschaftspsychologie an die HAM-Hochschule für Angewandtes Management in Ismaning/München berufen wurde. Darüber hinaus berät sie Unternehmen mit ihrer eigene Agentur.
Personalmarketing erfordert ein gutes Zusammenspiel
Employer Branding wird klassisch als ein Teilbereich des Personalmarketings verstanden. Aus der Perspektive von Astrid Nelke ist das jedoch nur dann erfolgversprechend, wenn es zu einem kontinuierlichen und lebendigen Zusammenspiel zwischen den Verantwortlichen aus den Bereichen Personal, Unternehmenskommunikation und Geschäftsführung kommt.
Umfassender Theorieteil
Die Basics zum Thema breitet Astrid Nelke in einem 130-seitigen Theorieteil zuverlässig aus, in Kenntnis von aktueller maßgeblicher Literatur aus HR und Kommunikations- und Medienwissenschaft und BWL (ausgewiesen durch die vielen verwendeten Quellen im 14-seitigen Literaturverzeichnis). Auffällig sind die inhaltlichen Schwerpunkte der Autoren. Viele Publikationen zum Thema stellen die Wertefrage im Kontext von Unternehmenskultur in den Mittepunkt. Und den Cultural Fit von Bewerbern zum Wertekanon, den das Unternehmen lebt und das dieses – hoffentlich! – von seinen Konkurrenten schon in der Terminologie erkennbar abhebt. Das ist ja auch eine wesentliche Kommunikationskunst, wenn man auf den Einheitsbrei von vielen Unternehmens- und Karriere-Websites und die Austauschbarkeit der dort betonten Werte in der Marketing-Welt sieht, wo alle gleichermaßen Fairness, Exzellenz und Kundenorientierung für sich reklamieren. Ja, und was macht dann den Unterschied, wenn (fast) alle für die (fast) gleichen Werte stehen?
Nelke hält das für alles andere als trivial. Und dennoch hebt sie anderes hervor. Sie nimmt den Blickwinkel der Kandidaten ein und beschreibt, was diese von Anfang an auf dem Weg zu und mit den von ihnen in Betracht genommenen Unternehmen gehen („Customer Experience“, „Customer Journey“) – und welche Fehler man dabei machen kann. Sie erklärt, wie man zu einer passgenauen Identifizierung der wirklich für das Unternehmen Passenden kommt und wie man diese kommunikativ optimal adressiert (“Candidate Profiling“). Und sie betont, wie je unterschiedlich die Generationen X, Y und Z ticken, sowohl mit Bezug auf die vom Unternehmen erwarteten Leistungen als auch auf die Art der kommunikativen Annäherung.
Praxisteil mit nutzbaren Ideen
Es folgt ein 150-seitiger Praxisteil. Dies erklärt das Handbuch-Etikett im Titel. Denn Astrid Nelke hat das Buch nicht allein verfasst, sondern Mitstreiter aus ihrer Hochschule und aus ihrem Beraternetzwerk zur Mitarbeit gewonnen. Aus wissenschaftlicher Perspektive hervorgehoben seien die Beiträge
- des HAM-Wirtschaftspsychologie-Professors Axel Koch über gesundes Arbeiten und gesunde Arbeitsplätze,
- der Pädagogin, Psychologin und Trainerin Eva Brandt über hybrides Leadership sowie
- eine gemeinsame Studie von Astrid Nelke und der SRH-Professorin Angela Bittner-Fesseler über digitale Formate des Employer Branding für Start Ups.
Darüber hinaus gibt es Praxisberichte über das Employer Branding verschiedener kleiner und mittelständischer Unternehmen, mit einem interessanten Branchen-Mix – durchaus geeignet, dem nach Lösungen für seine eigene Arbeitgebermarke suchenden Leser aus der Praxis Ideen für interessante Inhalte zu bieten.
Checklisten für die Bestandsaufnahme
Ein auf die Praxis zielender Anhang mit einem Dutzend Checklisten rundet den Buchinhalt ab, besonders geeignet für alle, die mit einer kritischen Bestandsaufnahme des eignen Tuns im Unternehmen starten möchten. Das lässt sich, zum Teil jedenfalls, auch für erste Schritte nützen, ohne dass ein externer Berater sofort mit am Start sein muss. Wem bei der Frage, über welche Kommunikationskanäle man denn potentielle Bewerber ansprechen kann, nur oder vor allem die eigene Website einfällt, der studiere die Checkliste auf Seite 273 – sie verzeichnet 23 (!) unterschiedliche Kommunikationsmittel- und Formate.
Fazit: ein wirklich gelungenes und für die Praxis anregendes, leicht zu rezipierendes Buch, das wirklich deutlich macht: One size fits all-Lösungen sind für eine attraktive Arbeitgebermarke nicht angesagt. Wie das Gegenteil funktioniert, wird mit der Lektüre dieses Buches deutlich vorstellbarer.
Titel: Handbuch Employer Branding; Autorin: Astrid Nelke; Verlag: Praxium Verlag Zürich, 2. erweiterte Neuauflage 2023; Umfang: 300 Seiten; Preis: 55,00 Euro; ISBNNr. 978-3-906092-41-6
Über den Autor der Rezension: Professor Dr. Markus Kiefer (66) war von 2010 bis Ende des Sommersemesters 2022 hauptberuflich an der FOM – Hochschule tätig, als Professor für Allgemeine BWL, mit dem Schwerunkt Unternehmens- und Wirtschaftskommunikation. Seit dem Wintersemester 2022 nimmt er an der FOM und im Wechsel an weiteren Hochschulen Lehraufträge mit Schwerpunkt PR und Unternehmenskommunikation wahr.
Mittelstandskommunikation – Fachbuch von Professor Kiefer
In einem neuen, 48-seitigen Fachband setzt sich Kiefer mit den aktuellen Herausforderungen der mittelständischen Unternehmenskommunikation auseinander. In elf Kolumnen beleuchtet er Themen wie Kommunikationsstrategien, Erfolgskontrolle, den Umgang mit KI oder Führungskräftekommunikation unter Berücksichtigung der spezifischen Besonderheiten der mittelständischen Industrie. Der Titel „Mittelstandskommunikation“ ist im Juli 2024 erschienen und steht auf der Website des Rechtsverlags zum Preis von 4,76 Euro zum Download im PDF-Format zur Verfügung.
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