Chancen-Kompass Salamitaktik in der Karrierekommunikation? Weniger Show, mehr Substanz
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- von Thomas Dillmann, Bad Honnef
„Neues Jahr, neue Herausforderungen... mehr verrate ich noch nicht!“ – Kennst du solche mysteriösen Ankündigungen in den sozialen Medien? Vielleicht spielst du selbst mit dem Gedanken, deinen beruflichen Neuanfang so zu inszenieren. Was auf den ersten Blick nach gekonntem Spannungsaufbau aussieht, entpuppt sich bei näherer Betrachtung oft als kommunikative Gratwanderung.

Die Salamitaktik der Selbstdarstellung
Ausgerechnet wir Kommunikationsprofis, die in unserer täglichen Arbeit vor der „Salamitaktik“ warnen, bedienen uns ihrer plötzlich selbst. Scheibchenweise werden Informationen gestreut: Erst die kryptische Andeutung, dann das vielsagende „Stay tuned“, gefolgt von nebulösen Hinweisen auf „aufregende Zeiten“. Eine Schnitzeljagd für das eigene Netzwerk, bei der die Puzzleteile bewusst unvollständig bleiben.
Doch weshalb tun wir das? Wieso vergessen wir unsere professionellen Prinzipien, wenn es um die eigene Karrierekommunikation geht?
Zwischen Kontrolle und Kontrollverlust
Die Antwort liegt vielleicht tiefer, als wir vermuten. Häufig ist es nicht der Wunsch nach Aufmerksamkeit, der uns zu dieser Art der Kommunikation verleitet, sondern paradoxerweise die Furcht vor dem Ungewissen. In Zeiten beruflicher Veränderung, wenn unser gewohntes Fundament ins Wanken gerät, suchen wir nach Wegen, die Situation zu beherrschen – und sei es nur über die Informationsfreigabe.
Dabei wissen wir es doch besser: Souveränität gewinnen wir nicht durch das Zurückhalten von Informationen, sondern durch klare, stimmige Kommunikation. Diese scheibchenweise Vorgehensweise ist eine Illusion, die sich schnell ins Gegenteil verkehren kann. Vor allem dann, wenn wir es anderen überlassen, die Einzelteile in ein passendes Bild zu bringen – und schlimmstenfalls die Lücken mit Spekulationen zu füllen.
Der Wert der Selbstkommunikation
Statt uns in der Inszenierung zu verlieren, sollten wir uns auf unsere kommunikative Kernkompetenz besinnen: die Fähigkeit, komplexe Botschaften klar und verständlich zu vermitteln. Unser Wertekompass kann uns dabei als verlässlicher Orientierungspunkt dienen. Glaubwürdigkeit, Transparenz und Professionalität sind keine Lippenbekenntnisse, sondern Grundpfeiler erfolgreicher Kommunikation – auch und gerade bei der eigenen Karrierekommunikation.
Dabei ist eines klar: Unsere Geschichte wird mit Blick auf eine Kommunikationsrolle zur harten Währung. Sie entscheidet mit darüber, was potenzielle Arbeitgeber oder Kunden über uns erfahren und wie sie uns wahrnehmen. Sie bestimmt damit letztendlich unseren Marktwert. Nichts zu sagen ist dabei aber auch keine Lösung – denn dann überlassen wir es anderen, unsere Geschichte zu erzählen und sie womöglich zu ihrer zu machen.
Ein beruflicher Neuanfang ist keine PR-Kampagne, die maximale Sichtbarkeit generieren muss. Er ist vielmehr eine Gelegenheit, unsere professionelle Integrität unter Beweis zu stellen – und genau dafür Aufmerksamkeit und Anerkennung bekommen. Wie wäre es, wenn wir statt kryptischer Ankündigungen offen kommunizieren, sobald die Fakten geklärt sind? Wenn wir unsere Energie darauf verwenden, den Übergang als ganzheitliches Bild zu gestalten, statt ein kommunikatives Versteckspiel zu inszenieren? Und auf diese Weise unsere eigene Geschichte in der Hand behalten.
Von der Selbstinszenierung zur Selbstführung
Der Jahreswechsel ist häufig der Zeitpunkt für beruflichen Wechsel. Vielleicht oder gerade deshalb eine gute Einladung, unsere eigenen Kommunikationsmuster zu reflektieren. Vielleicht helfen diese Fragen dabei:
- Was treibt deine Art der Karrierekommunikation wirklich an? Unsicherheit? Der Wunsch nach Kontrolle? Oder das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit?
- Entspricht deine Kommunikation deinen eigenen professionellen Standards?
- Wie würdest du anderen in einer vergleichbaren Situation raten zu kommunizieren?
Professionell bleiben – auch in eigener Sache
Am Ende gilt auch bei der eigenen Karrierekommunikation die goldene Regel unseres Berufs: Du musst nicht alles sagen, was wahr ist – aber alles, was du sagst, muss wahr sein. Diese Maxime gibt uns nicht nur professionelle Orientierung, sondern auch persönlichen Halt in Zeiten der Veränderung. Denn wenn wir das Gefühl haben, alles fällt auseinander, kann eine klar kommunizierte, wahrhaftige Geschichte der Anker sein, der uns und unserer Glaubwürdigkeit Stabilität verleiht – mit weniger Show und mehr Substanz.
Gedanken zum Mitnehmen:
- Behandle deine Karrierekommunikation mit der gleichen Professionalität wie deine sonstige Kommunikationsarbeit.
- Nutze deinen Wertekompass als Orientierung – auch und gerade bei beruflichen Veränderungen.
- Vertraue auf deine kommunikative Expertise, statt dich in einer künstlichen Inszenierung zu verlieren.
- Plane deine Kommunikation strategisch: Kläre wer, was, wann und über welche Kanäle kommuniziert wird.
Über die Autorin: Veränderung ist die ständige Begleiterin von Mirjam Berle. In ihrer über 20-jährigen Karriere hat sie unzählige Transformationsprozesse und Krisensituationen hautnah miterlebt – als Führungskraft und Kommunikatorin. Als Wegbereiterin für Wandel berät und begleitet Mirjam heute Führungskräfte dabei, neue Wege zu erkennen und souverän zu beschreiten.
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