Edelman Trust Barometer16 LogoDas Edelman Trust Barometer 2016 bringt es an den Tag: Gegen einen international ermittelten Trend, der einen Vertrauenszugewinn für Regierungen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Unternehmen und Medien ausweist, verliert die deutsche Regierung an Vertrauen. Gleiches gilt für die Automobilindustrie. Obwohl Unternehmen international allgemein an Vertrauen gewinnen, hat die Affäre um manipulierte Dieselfahrzeuge die Automobilindustrie zurückgeworfen und dem Qualitätslabel ‚Made in Germany‘ einen Schlag versetzt. Das sind einige Schlaglichter aus dem Edelman Trust Barometer 2016 – nach Angaben des Kommunikationsdienstleisters mit mehr als 33.000 Befragten in 28 Ländern die größte repräsentative Erhebung zum Thema Vertrauen in Regierungen, Nichtregierungsinstitutionen (NGO), Unternehmen und Medien.

Merkel verliert die Elite
Themen wie die Flüchtlingskrise verpassen laut Trustbarometer der deutschen Regierung einen deutlichen Dämpfer. Erstmals seit vier Jahren sinkt das Vertrauen in Angela Merkel und ihr Kabinett in der Einkommens- und Bildungselite. Unter den Befragten der informierten Öffentlichkeit – Menschen mit einem überdurchschnittlichen Haushaltseinkommen und einem Hochschulabschluss, die intensiv Medien nutzen – vertrauen nur noch 45 Prozent der Regierung Merkel und ihren Ministern, ein Rückgang um fünf Prozentpunkte nach drei stabilen Jahren. Unternehmen hingegen haben leicht an Glaubwürdigkeit gewonnen: plus zwei Prozentpunkte auf 47 Prozent. Deutlicher konnten Medien zulegen (vier Prozentpunkte auf 49 Prozent). NGOs sind mit 61 Prozent nach wie vor die vertrauenswürdigste unter den untersuchten Institutionen. Der leichte Rückgang ihrer Glaubwürdigkeit im vergangenen Jahr ist damit wieder aufgeholt, NGOs bleiben ein Fels in Sachen Vertrauen.

Der Vertrauensverlust in die Regierung ist umso eklatanter, da weltweit das Vertrauen in alle vier Institutionen gestiegen ist. Regierungen haben im globalen Durchschnitt um drei Prozentpunkte auf 51 Prozent zugelegt, NGOs um vier Prozentpunkte auf 67 Prozent, Unternehmen und Medien sogar um jeweils sechs Prozentpunkte auf 63 bzw. 57 Prozent.

Regierung reagiert zu langsam auf akute Probleme
„Sucht man nach den Gründen für den Vertrauensverlust in die Regierung zeigt sich, dass die Befragten der Regierung kaum zutrauen, die akuten Probleme in unserer Gesellschaft zu lösen“, sagt Susanne Marell, CEO von Edelman.ergo. In der informierten Öffentlichkeit glauben 43 Prozent daran, in der allgemeinen Bevölkerung sind es sogar nur 35 Prozent. Genau umgekehrt ist es bei Unternehmen: Ihnen trauen 63 Prozent der informierten Öffentlichkeit zu, den Herausforderungen wechselhafter Zeiten gewachsen zu sein. In der allgemeinen Bevölkerung sind es 58 Prozent.

„Das Vertrauen, das die Menschen Unternehmen entgegenbringen, geht Hand in Hand mit großen Erwartungen“, sagt Susanne Marell. 80 Prozent der allgemeinen Bevölkerung geht davon aus, dass es Unternehmen gelingen kann und sollte, gleichzeitig ihre Gewinne zu steigern und die ökonomischen und sozialen Bedingungen in der Gesellschaft zu verbessern. Im vergangenen Jahr lag dieser Wert noch bei 72 Prozent. „Die Ansprüche der Menschen an eine – im unternehmerischen wie im gesellschaftlichen Sinne – gute Unternehmensführung steigen damit deutlich“, so Marell.

Automobilbranche bricht ein
Wie schnell sich Vertrauen verspielen lässt und wie lange es dauert, es zurückzugewinnen, zeigen die Ergebnisse des Edelman Trust Barometers für die Automobilbranche und den Finanzsektor. Noch vor einem Jahr spielten Autohersteller und Zulieferer in der Liga der Top-Branchen. Mit 61 Prozent lag ihr Vertrauenswert gleichauf mit der global seit Jahren glaubwürdigsten Branche Technologie. 2016 hat sich das Bild rapide gewandelt: Nach dem Skandal um manipulierte Abgaswerte bei Dieselfahrzeugen brach der Vertrauenswert um 20 Prozentpunkte auf 41 Prozent ein. Kritischer werden nur Pharmahersteller (38 Prozent) und der Finanzsektor (32 Prozent) beäugt.

CEOs im Dilemma
Verantwortlich für die strategische Ausrichtung eines Unternehmens – und damit den Aufbau von Vertrauen – ist der CEO. Und die Unternehmenslenker stecken dabei in einem Dilemma. Auf der einen Seite hält sie nur eine Minderheit für glaubwürdig. Daran ändert auch der deutliche Anstieg des Vertrauenswertes um zehn Prozentpunkte auf 39 Prozent nichts. Gleichzeitig sind die Erwartungen an den CEO immens. Die Befragten schreiben ihm sehr deutlich ins Logbuch, was er erreichen muss und wie er zu handeln hat.

74 Prozent sind der Ansicht, dass Unternehmenslenker zu sehr auf kurzfristige Profite schielen, 62 Prozent glauben, dass sie zu viel Lobbying betreiben. Im Gegenzug sehen 72 Prozent zu wenig Engagement von CEOs, wenn es um langfristige Ziele geht und für 65 Prozent setzen sie sich nicht genug für die Schaffung neuer Arbeitsplätze ein. Dabei erwartet mit 77 Prozent die absolute Mehrheit der Befragten, dass sich CEOs zu gesellschaftlichen Fragen äußern und sich in politische Diskussionen einmischen.

Manager müssen integer sein und transparent kommunizieren
Die Frage, wie CEOs Vertrauen aufbauen können, beantwortet das Edelman Trust Barometer sehr eindeutig: Die Menschen erwarten von ihm Integrität, z.B. ethisches Verhalten im Geschäftsleben und eine transparente Kommunikation. Dabei klaffen Anspruch und wahrgenommene Wirklichkeit jedoch erheblich auseinander.

Gesellschaftliches Engagement verschafft Unternehmen wirtschaftlichen Nutzen
Mit ihrem Engagement für gesellschaftliche Fragen befriedigen Unternehmen nicht allein die Ansprüche, die Menschen in Deutschland an sie stellen. Sie ziehen selbst einen erheblichen wirtschaftlichen Nutzen daraus. Sind Unternehmen auch sozial engagiert, haben 85 Prozent Vertrauen in die Zukunft der jeweiligen Firma und würden sie als Arbeitgeber empfehlen. Ohne soziales Engagement liegen beide Werte nur bei 58 Prozent. Die eigenen Mitarbeiter sind zudem motivierter und neigen eher dazu, im Unternehmen zu bleiben, wenn dieses sich in der Gesellschaft engagiert (jeweils 82 %). Tut es das nicht, sinken beide Werte erheblich auf 59 bzw. 62 Prozent. 89 Prozent empfehlen Produkte und Dienstleistungen von sozial aktiven Unternehmen, für Unternehmen ohne Engagement sind es nur 69 Prozent.

Online hängt traditionelle Medien ab
Traditionelle Medien verlieren nicht nur Leser und Zuschauer, ihnen wird auch nicht mehr so stark vertraut wie noch vor einigen Jahren (im Fünf-Jahresvergleich minus sechs Prozentpunkte auf 57 Prozent). Suchmaschinen haben dagegen deutlich auf- und traditionelle Medien fast eingeholt: von 46 Prozent im Jahr 2012 auf heute 56 Prozent. Besonders augenfällig ist in diesem Jahr der rapide Vertrauensgewinn von Medien, die nur im Internet erscheinen, die nun 46 Prozent der Befragten für glaubwürdig halten (plus elf Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr, seit 2012 plus 16 Prozentpunkte).

Einen Blick in die Zukunft des Vertrauens in Medien liefern die Ergebnisse für die Gruppe der Millennials (auch Generation Y, geboren zwischen 1980 und 1999). Sie sind „Digital Natives“, die meisten von ihnen haben nie ohne Internet und Mobilfunk gelebt. Suchmaschinen genießen bei ihnen das höchste Vertrauen (59 %), gefolgt von traditionellen Medien (55 %) und Medien, die nur im Internet erscheinen (53 %). Besonders groß ist der Unterschied zwischen Millennials und der Gesamtbevölkerung bei den Owned Media, also etwa der Unternehmenswebsite oder dem Corporate Magazin. Unter den jungen Menschen sagen 43 Prozent, dass sie diesen Medien vertrauen, zehn Prozentpunkte mehr als in der allgemeinen Bevölkerung.

Laut Edelmann seien daher der Aufbau eigener Medien-Plattformen und -Kanäle sowie eine Strategie für Suchmaschinenoptimierung vor diesem Hintergrund Investitionen in die Zukunft der Kommunikation. Anders betrachtet: Mehr denn je ist es wichtig, jungen Menschen nahe zu bringen, eine kritische Distanz gegenüber Owned Media zu wahren und sich nicht nur auf eine Quelle zu verlassen.


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