Studien Communications Trend Radar 2023: Diese Entwicklungen verändern die Unternehmenskommunikation
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- von Thomas Dillmann, Bad Honnef
Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, der Klimawandel und die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft in den vergangenen Monaten grundlegend verändert. Für Unternehmen und deren Kommunikationsabteilungen ist es unerlässlich, Veränderungen frühzeitig zu erkennen und deren Chancen und Risiken richtig einzuschätzen. Dazu identifiziert der Communications Trend Radar seit drei Jahren systematisch Entwicklungen in den Bereichen Gesellschaft, Management und Technologie. Im Vordergrund steht die Frage: Welche Trends werden die Rolle, die Aufgaben und Prozesse von Kommunikationsabteilungen nachhaltig verändern? In diesem Jahr wurden State Revival, Scarcity Management, Unimagination, Augmented Workflows und Parallel Worlds als Treiber für Veränderungen erkannt. Nachfolgend werden die Trends vorgestellt.
„Wir wollen Kommunikationsverantwortliche dabei unterstützen, wichtige Entwicklungen – insbesondere außerhalb der eigenen Disziplin – schnell zu erkennen“, erklärt Professor Ansgar Zerfaß von der Universität Leipzig das Anliegen der Studie. Er leitet gemeinsam mit Professor Stefan Stieglitz von der Universität Potsdam die Forschungsreihe. „Die Trends werden von unserem Forschungsteam unabhängig und wissenschaftlich fundiert ausgewählt. Dazu wurden dieses Jahr erneut mehr als 100 Quellen aus Forschung und Praxis analysiert“, ergänzt Stieglitz.
Für 2023 wurden folgende fünf Trends herausgearbeitet:
State Revival: Das Comeback des Staates
Nach Jahrzehnten, in denen in der westlichen Welt die Logik des freien Marktes dominierte, hat sich in den vergangenen Monaten das Verhältnis von Staat und Wirtschaft deutlich verändert. Regierungen, Behörden, Parteien, Politikerinnen und Politiker haben als Protagonisten und Partner für Unternehmen neue Bedeutung gewonnen. Der Staat feiert ein Comeback – ob freiwillig oder unfreiwillig. „Für Kommunikationsabteilungen heißt das: Sie müssen verstärkt in Governmental und Public Affairs investieren, um ihre Interessen zu artikulieren und durchzusetzen“, erklärt Ansgar Zerfaß, der im Communications Trend Radar die Bereiche Gesellschaft und Management abdeckt. „Gleichzeitig sind Unternehmen gefordert, in politischen Debatten Stellung zu beziehen und Haltung zu zeigen – oder gezielt zu schweigen.“ Auch intern steigen die Erwartungen an die Unternehmenskommunikation, Veränderungen im politischen Umfeld frühzeitig zu antizipieren und den Vorstand zu beraten. Dazu muss die Kommunikation genügend Ressourcen und Kompetenzen aufbauen.
Scarcity Management: Wirtschaften in Zeiten des Mangels
Nach Jahren des Überflusses muss sich Europa an eine neue Situation gewöhnen: Knappheit. Ob bei Rohstoffen, Energie, bei Talenten oder Produkten – der Mangel ist allgegenwärtig. Zwangsläufig mussten viele Unternehmen ihre Wertschöpfungsketten und Prozesse anpassen. „Scarcity Management heißt, dass Unternehmen vorausschauend und verantwortungsvoll mit Knappheit und Engpässen umgehen müssen, um ihre Unternehmensziele dauerhaft sicherzustellen“, erklärt Zerfaß. Auch in Kommunikationsabteilungen sind knappe Ressourcen spürbar, allen voran beim Personal, aber auch bei Dienstleistungen, Materialien, Budgets und Zeit. Gleichzeitig ist die Kommunikation gefragt, Lieferengpässe zu kommunizieren und Kundenerwartungen zu managen. Doch Knappheit ist nicht nur eine Bedrohung für Unternehmen. Sie kann auch eine Chance sein, wenn es gelingt, die Nachfrage für Produkte oder Dienstleistungen zu steigern oder neue, effizientere Lösungen zu entwickeln.
Unimagination: Wenn das Unvorstellbare Wirklichkeit wird
Ein dritter Weltkrieg? Computer, die die Weltherrschaft anstreben? Ereignisse, die bislang als unvorstellbar galten, rücken plötzlich in den Bereich des Möglichen. Dies erfordert neue Strategien, um die Widerstandsfähigkeit und Flexibilität von Unternehmen zu stärken. Ziel muss es sein, selbst in Zeiten tiefgreifender Veränderungen handlungsfähig zu bleiben. Dazu ist es wichtig, die individuelle Fähigkeit bei Führungskräften und Mitarbeitenden zu stärken, Ungewissheit besser zu tolerieren. Improvisations- und Resilienztrainings können dabei helfen. Der Kommunikationsabteilung kommt in solchen Zeiten besondere Bedeutung zu: „In Krisenzeiten müssen die Informationsbedürfnisse von internen und externen Zielgruppen möglichst schnell zu befriedigt werden“, betont Ansgar Zerfaß. „Deswegen sind Kommunikationsabteilungen prädestiniert, in schwierigen Zeiten voranzugehen“, glaubt der Forscher. Um diese Rolle auszufüllen, müssen Kommunikationsverantwortliche kontinuierlich die Unternehmensumwelt beobachten, den Umgang mit Krisen üben und dieses Wissen im Unternehmen weitergeben.
Augmented Workflows: Wie KI die Kommunikation unterstützt
Künstliche Intelligenz wird in Kommunikationsabteilungen verstärkt Einzug halten – vor allem weil die dahinterliegende Technologie große Fortschritte gemacht hat. Chatbots wie ChatGPT werden massentauglich, synthetisch erstellte Texte sind kaum noch von redaktionellen Beiträgen zu unterscheiden. „Wir gehen davon aus, dass Maschinen die Arbeit von Kommunikationsprofis nicht ersetzen werden, sondern ergänzen – auf Englisch Augmentation“, erklärt Stefan Stieglitz, der mit seinem Team die Technologietrends untersucht. Wie diese Zusammenarbeit zwischen Mensch und KI genau aussehen wird, wer die Führungsrolle übernimmt und wer für Entscheidungen verantwortlich ist – dies gilt es noch auszudiskutieren. Unabhängig davon sind die Erwartungen hoch: KI-gestützte Anwendungen sollen einfache Routineaufgaben übernehmen und so Freiräume für persönliche und individuelle Kommunikation schaffen. Sie sollen bei der Personalisierung von Inhalten unterstützen oder selbstständig Berichte erstellen. Auch die Auswertung von Daten für Entscheidungsprozesse kann KI-gestützt schneller und unabhängiger erfolgen und so Fehleinschätzung minimieren.
Parallel Worlds: Eintauchen in alternative Welten
Ein weltweites Metaverse, in der die reale und virtuelle Welt in einer einzigen Umgebung vereint sind und eine neue Dimension der Interaktion eröffnen? „Noch ist das sehr weit entfernt. Ob und wann diese Idee Wirklichkeit wird, ist aktuell nicht absehbar und hängt von technologischen Lösungen aber auch der Akzeptanz der Nutzer ab“, betont Stieglitz. Doch schon heute verändern immersive Technologien unsere Wahrnehmung und erschaffen Parallelwelten, in denen Realität und Fiktion verschwimmen. Das macht sie für die Kommunikation so interessant. Events, Messen, Stakeholder-Dialoge oder die Zusammenarbeit im Team – sie alle können mittels 3D-Technologien wie Augmented Reality, Virtual Reality oder Hologramme immersiv gestaltet werden und versprechen eine intensivere und interaktivere Art des Erlebens. Eine weitere Anwendung: Digital Twins. Diese können eingesetzt werden, um wichtige Kommunikationsprozesse digital nachzubilden und verschiedene Szenarien zu simulieren. So lassen sich strategische Entscheidungen vorab planen.
Communications Trend Radar Report
Im Communications Trend Radar Report werden alle fünf Trends in englischer Sprache ausführlich vorgestellt und ihre Auswirkungen auf die Unternehmenskommunikation diskutiert. Die Broschüre steht hier kostenlos zum Download zur Verfügung.
Hintergrund zur Studie
Der Communications Trend Radar ist eine wissenschaftliche, interessensunabhängige Studie, die jedes Jahr fünf relevante Trends für die Unternehmenskommunikation aus den Bereichen Gesellschaft, Management und Technologie herausarbeitet.
Das Forschungsteam des Communications Trend Radar von links: Stefan Stieglitz, Daniel Ziegele, Sünje Clausen und Ansgar Zerfaß. (© Akademische Gesellschaft)
Das Forschungsteam unter der Leitung der Professoren Stefan Stieglitz (Universität Potsdam) und Ansgar Zerfaß (Universität Leipzig) geht interdisziplinär vor und wertet dafür zahlreiche Publikationen und Beiträge aus Wissenschaft und Praxis aus. Die Studienreihe wird organisiert von der Akademischen Gesellschaft für Unternehmensführung & Kommunikation, einem Think-Tank für strategische Kommunikation. Die Initiative verfolgt das Ziel, die Arbeit von Kommunikationsabteilungen durch unabhängige, wissenschaftlich fundierte Studien zu unterstützen und einen engen Erfahrungsaustausch zwischen Forschung und Praxis aufzubauen. Mehr dazu auf der Website der Akademischen Gesellschaft für Unternehmensführung und Kommunikation.
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