Nicht immer ist die wörtliche Bedeutung auch die gemeinte. (Bild: MPI für empirische Ästhetik / F. Bernoully)

„Ist das ironisch gemeint?” – Gute Frage! Nicht immer erkennen wir Ironie auf Anhieb. Ein interdisziplinäres Forschungsteam am Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik in Frankfurt am Main hat herausgefunden, dass Ironie vor allem durch das Verschieben der Betonung innerhalb eines Satzes vermittelt wird. Die Ergebnisse der Studie sind soeben als Open-Access-Artikel in der Fachzeitschrift „Journal of Experimental Psychology: General“ erschienen.

Die Studie gliedert sich in einen größeren Forschungsrahmen rund um das Verständnis von Klang-Bedeutungs-Assoziationen ein: Musik zu hören, auf einen Stau zu achten oder den Gemütszustand eines Sprechers zu erkennen, sind vermeintlich „einfache“ kognitive Prozesse. Doch das Grundprinzip, das ihnen allen zugrunde liegt, nämlich das Verstehen von Klängen und Geräuschen, ist bisher wenig erforscht.

Hier setzte das interdisziplinäre Forschungsteam bestehend aus Experten der Geistes-, Sozial- und Kognitionswissenschaften an: In ihrer Studie fokussierten sich die Forscherinnen und Forscher auf Betonungen innerhalb eines Satzgefüges, sogenannte prosodische Betonungen. Bekannt ist, dass diese für die verbale Kommunikation von Bedeutung sind. Meist ist jedoch unklar, wie genau sie dazu beitragen, die Absichten eines Sprechers zu vermitteln.

„Wir haben uns bei unseren Untersuchungen auf ironische Äußerungen konzentriert. Denn anhand dieser lässt sich besonders gut nachvollziehen, dass – und wie – akustische Eigenschaften eine entscheidende Rolle für das Verständnis von identisch formulierten Sätzen spielen können“, erklärt Erstautorin Pauline Larrouy-Maestri.

Die Forscherinnen und Forscher wählten 14 kurze deutsche Sätze aus, die je nach Kontext sowohl ironisch als auch nicht-ironisch gedeutet werden können, zum Beispiel „Mach‘ doch noch ein bisschen lauter“ oder „Der Hund hört aber gut“. Die Sätze wurden von 14 Sprecherinnen und Sprecher einmal ironisch und einmal nicht-ironisch klingend eingesprochen. In den daraus resultierenden 392 Aufnahmen benannten 20 Zuhörerinnen und Zuhörer akustisch markante Worte. Damit identifizierten sie die wahrgenommenen prosodischen Betonungen. Darüber hinaus bewerteten 53 weitere Teilnehmer, wie ironisch sie die 392 aufgenommenen Sätze empfanden.

Die kombinierte Analyse von Ironiebewertungen, akustischen Merkmalen und verschiedenen prosodischen Betonungsmerkmalen ergab, dass Ironie in erster Linie durch eine Verschiebung der Betonung signalisiert wird – und zwar vom Ende eines Satzes hin zu einer früheren Position.

„Durch die Betonung von Wörtern am Anfang eines Satzes gibt der Sprecher Hinweise darauf, dass die wörtliche Bedeutung nicht unbedingt die gemeinte ist. Diese Positionsverschiebung könnte als eine Art ‚Warnhinweis‘ für Hörerinnen und Hörer dienen, um mögliche alternative Bedeutungen des Satzes in Betracht zu ziehen“, resümiert Larrouy-Maestri.

Die prosodische Betonung spielt bei der Wahrnehmung von Ironie also eine entscheidende Rolle. Diese Erkenntnis unterstützt die Ansicht, dass der dynamische Aspekt der Prosodie wichtige Hinweise in der Kommunikation vermittelt, und leistet damit einen Beitrag zum weiteren Verständnis von Klang-Bedeutungs-Assoziationen bei Menschen.


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