Studien Interne Kommunikation Lass mich jetzt wütend sein!

Wut im Büro gilt oft als Tabu. Dabei ist sie längst da, nur eben meist gut versteckt. Eine aktuelle Studie der Universität Hohenheim zeigt: Ärger muss kein Störfaktor sein. Richtig kanalisiert, kann er sogar die Produktivität steigern. Entscheidend ist, wie Menschen mit dieser Emotion umgehen und ob sie in einem Umfeld arbeiten, das den konstruktiven Umgang mit Gefühlen zulässt.

Ärger an sich ist kein Produktivitätskiller. (Foto: Maria Lysenko / Unsplash)

Damit wird die Frage nach dem emotionalen Klima zur kommunikativen. Denn ob Ärger angesprochen oder heruntergeschluckt wird, ob daraus ein Konflikt oder eine Lösung entsteht, hängt auch davon ab, welche Formen der Auseinandersetzung im Unternehmen möglich und gewollt sind. Die interne Kommunikation kann hier aktiv mitgestalten, wie Menschen sich mitteilen, wahrgenommen und eingebunden fühlen.

Nicht die Wut, sondern der Umgang entscheidet

Für ihre Studie befragte das Team um Dr. Robin Umbra und Prof. Dr. Ulrike Fasbender insgesamt 214 Angestellte aus zehn verschiedenen Branchen. Über zwei Wochen hinweg dokumentierten sie dreimal täglich ihre Erlebnisse mit Ärger, ihren Umgang damit und ihre Arbeitsergebnisse. Das Ergebnis: Zwischen Wut und Produktivität besteht kein direkter negativer Zusammenhang – entscheidend sind Bewältigungsstrategie und soziale Einbindung.

Besonders produktiv zeigte sich die sogenannte konfrontative Bewältigung: „Menschen, die ihren Ärger konstruktiv angehen und offen und respektvoll die Ursache ihres Unmuts ansprechen, können die Energie, die durch Wut freigesetzt wird, produktiv nutzen“, so Fasbender. Ärger wird in diesem Modell nicht unterdrückt, sondern genutzt – als Energiequelle und Korrektiv. Ein Risiko bleibt allerdings dort bestehen, wo dieser Ausdruck nicht möglich ist: Grübelndes, innerlich verharrendes Verhalten führt laut Studie häufiger zu Erschöpfung, Konzentrationsverlust und einem Rückgang der Produktivität.

Emotionale Sicherheit ist Teamsache – und Kommunikation

Ob Menschen Ärger äußern können, hängt nicht nur von individuellen Faktoren ab, sondern auch von der sozialen Einbindung. Wer sich im Team aufgehoben fühlt, wer ein echtes „Wir-Gefühl“ erlebt, nutzt negative Emotionen häufiger als Impuls zur Verbesserung. Die Studienautor:innen betonen: In vertrauensvollen Teams kann Wut zum Motivationsfunken werden. Ein günstiges Kommunikationsklima macht hier den Unterschied – auch für eher introvertierte oder grüblerisch veranlagte Personen.

Interne Kommunikation kann dabei eine Schlüsselrolle einnehmen: Sie schafft Formate, in denen Emotionen Platz finden dürfen; etwa in Team-Retros, Dialogveranstaltungen oder durch das Erzählen gemeinsamer Geschichten. Sie macht Zugehörigkeit erlebbar, vermittelt Werte, zeigt Haltung. Kurz: Sie sorgt dafür, dass Gefühle nicht nur gedacht, sondern geteilt werden können. Und genau diese Teilbarkeit macht den Unterschied zwischen Belastung und Antrieb.

Kommunikative Verantwortung neu denken

Wenn Wut am Arbeitsplatz nicht nur erlaubt, sondern sinnvoll genutzt werden soll, braucht es einen kulturellen Wandel und eine Kommunikation, die diesen Wandel begleitet. Führungskräfte müssen lernen, emotionale Signale nicht als Störung, sondern als Information zu begreifen. Mitarbeitende brauchen Räume, in denen sie sich auch mit kritischen Gefühlen zeigen dürfen. Und die Organisation muss bereit sein, diese Signale aufzugreifen und weiterzuentwickeln.

Die Studie zeigt eindrücklich: Emotionen sind kein Nebenschauplatz, sondern Teil der Wertschöpfung. Für Kommunikationsverantwortliche heißt das: Interne Kommunikation darf nicht nur informieren, sie muss Resonanzräume schaffen, Vertrauen fördern und Zugehörigkeit stiften. Dann wird aus Wut keine Bedrohung, sondern eine Ressource, mit der Teams wachsen können.

Interessierte können sich die aktuelle Studie hier ansehen.

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