Studien PR-Skills Der Druck in der Branche steigt
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- von Annett Bergk, Hamburg
PR verändert sich. Nicht langsam. Nicht punktuell. Sondern grundlegend. Und welche Kompetenzen braucht es, um jetzt und in Zukunft als Kommunikationsprofi bestehen zu können? Kirsten Altenhoff, Mitautorin der Studie „Künftige Rollen und Kompetenzen in der Kommunikationsprofession im Wandel der Digitalisierung“ spricht über die neue Logik in Teams, klare Rollen und die Frage, warum strategische Kompetenz heute zur Basisausstattung gehören muss.
PR-Journal: Frau Altenhoff, wenn man die aktuelle Studie von AG CommTech und der GK Personalberatung liest, bekommt man fast den Eindruck, wir erlebten einen Epochenbruch in der PR. Ist das übertrieben?
Kirsten Altenhoff: Nein, das ist ziemlich treffend. Dieser Wandel ist tatsächlich fundamental, weil sich nicht nur Tools oder Prozesse verändern, sondern unser ganzes Selbstverständnis in der Kommunikation. Ich kreiere nicht mehr meine eigenen Produkte, sondern ich koordiniere, bewerte, ermögliche. Ich werde zur Dirigentin. Und das verändert den Job radikal. In der Leitung genauso wie auf anderen Ebenen.
PR-Journal: Wie sieht das in der Praxis aus? In den Teams, mit denen Sie arbeiten?
Altenhoff: Was wir oft sehen, und auch in der Studie belegen, ist eine Art Zwischenzustand. Mit zunehmender KI-Nutzung verändern sich die Rollen, alte Aufgaben fallen weg und neue kommen hinzu, aber das zeigt sich noch selten in neuen Rollenbeschreibungen oder gar Positionstiteln. Die Realität verändert sich, aber die Strukturen ziehen noch nicht mit.
PR-Journal: Zu welchem Zeitpunkt wäre es aus Ihrer Sicht sinnvoll, wirklich neue Profile zu schaffen?
Altenhoff: Das hängt stark vom Ziel ab. Wenn ich als Unternehmen sagen kann „Ich will gezielt einen Qualitätsvorsprung“ oder „Ich will Strukturen schaffen, die skalieren“, dann brauche ich auch Klarheit über Rollen. Und das bedeutet manchmal, etwas Neues zu schaffen. Aber es muss nicht immer die ganz neue Stelle sein. Manchmal reicht es, bestehende Rollen weiterzudenken, aber bewusst und transparent.
PR-Journal: Ein anderer Begriff, der sich durch Ihre Studie zieht, ist „hybride Kompetenzentwicklung“. Was verstehen Sie darunter?
Altenhoff: Das ist eigentlich der Kern des Ganzen: Ich brauche heute nicht nur eine neue Fähigkeit, sondern ein neues Zusammenspiel von Fähigkeiten. Technologische Kompetenz, also das Verständnis, wie Tools funktionieren. Strategische Kompetenz, um einordnen, bewerten und steuern zu können. Und dazu die klassische Fachlichkeit, die natürlich weiter zählt, d.h. sprachliche Exzellenz, Medienverständnis, Wirkung von Botschaften usw. Diese drei Ebenen müssen zusammen gedacht werden.
PR-Journal: Wie groß ist denn die Bereitschaft, das wirklich anzunehmen?
Altenhoff: Das ist die wahrscheinlich größte Baustelle. Viele wissen inzwischen, dass sich etwas verändern wird und muss. Aber solange sie mit ihrer bisherigen Arbeitsweise noch durchkommen, machen sie weiter wie bisher. Ich höre oft: „Wir haben keine Zeit“ oder „Unsere Priorität liegt gerade woanders.“ Das ist nachvollziehbar, aber gefährlich. Denn der Veränderungsdruck steigt.
PR-Journal: In der Studie sieht es aus, als wären Agenturen dabei ein Stück weiter als die Unternehmen. Warum ist das so?
Altenhoff: Weil sie stärker unter Druck stehen. Insbesondere große Agenturen sind in der Regel sehr viel weiter, weil sie mit umfassender KI-Expertise, die oft deutlich über die vieler Unternehmen hinausgeht, einen klaren Wettbewerbsvorteil haben Das ist ein echter Marktfaktor geworden und ein Beschleuniger für Kompetenzaufbau.
PR-Journal: Apropos Kompetenz: Gibt es bestimmte Anforderungen, die Sie inzwischen voraussetzen?
Altenhoff: Die spezifischen Anforderungen, auch im Zusammenhang mit KI, unterscheiden sich von Position zu Position. Aus der Studie wird deutlich, dass übergeordnet im Zuge der technologischen Entwicklung insbesondere Neugier, Offenheit und strategisches Denkvermögen wichtiger werden, also Voraussetzung für Positionen auf allen Ebenen ist. Ich hatte neulich ein Gespräch mit einer Kommunikationsleiterin, die sagte: „Ich stelle niemanden mehr ein ohne strategische Kompetenz.“ Strategisches Denken ist kein Add-on mehr, sondern die Basis. Unternehmen brauchen in zunehmendem Maße Kommunikator:innen, die Zusammenhänge verstehen, Entscheidungen treffen können oder auch Wirkung einordnen. Vieles andere kann man schulen, aber das muss da sein.
PR-Journal: Was ist mit dem C-Level? Die Studie zeigt: Dort wird der Wandel oft nicht wirklich vorangetrieben.
Altenhoff: Das stimmt. Laut unserer Studie kommt in vielen Organisationen noch zu wenig von oben. Wenn das Top-Management nicht den strukturellen und strategischen Rahmen zur KI-Integration schafft, dann wird es für Kommunikationseinheiten deutlich schwieriger, die technologische Transformation voranzutreiben. Das Grundverständnis, die Verankerung sowie die Vernetzung im gesamten Unternehmen sind wichtige Voraussetzungen für einen erfolgreichen Prozess. Zudem braucht es auf jedem Level Vorbilder und Führungskultur.
PR-Journal: Wie sieht Ihre persönliche Vision aus? Wenn Sie auf die nächsten Monate schauen: Worauf freuen Sie sich? Was wollen Sie selbst lernen?
Altenhoff: Ich freue mich auf den Moment, in dem ich nichts mehr manuell von einer App in die nächste übertragen muss. Wenn ich KI-Assistenten einfach mitlaufen lassen und mich auf all das Menschliche, Kreative und Verbindende konzentrieren kann, was das Leben und die Personalberatung zum Gelingen braucht. Das wird herrlich.
Die Arbeitsgemeinschaft CommTech und die GK Unternehmens- und Personalberatung legen mit der Studie dar, wie Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und CommTech die Rollen und Kompetenzanforderungen in der Unternehmenskommunikation und PR fundamental verändern. Der Fokus liegt auf konkreten Rollenprofilen, Zukunftskompetenzen und einem strategischen Umgang mit dem Wandel – praxisnah, analytisch und mit Best-Practice-Beispielen. Die vollständige Studie steht kostenlos zum Download bereit.
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