„Brisant“-Podium der DPRG Bayern: Kontroverse Diskussion über Rolle der Aus- und Weiterbildung für die Professionalisierung der PR
Wie stellt sich die PR-Branche auf Medienwandel und Wissensgesellschaft ein? Wie wird Brain zu Working Capital? Was bringt die Wissensarbeiter nach vorn? Diese Fragen diskutierte das Podium der Veranstaltungsreihe „Brisant“ der DPRG Bayern „Aus, Weiter oder Bildung – Professionalisie-rung der PR“ am 8. Mai an der Bayerischen Akademie für Marketing und Werbung in München.
„Auf dem Weg zu einer Fata Morgana?“oder die „Unendliche Geschichte?“ – mit diesen Zitaten aus dem prmagazin eröffnete Moderator Michael Bürker, stellvertretender Vorsitzender der DPRG-Landesgruppe Bayern, die Diskussion. In einem Beitrag aus dem Jahr 1995 (!) hatten die Professoren Bentele und Szyska, den „Wildwuchs“ im Bildungsmarkt gebrandmarkt als das Resultat des Widerspruchs von gestiegenen Anforderungen und freiem Berufszugang.

Mehr Praxis und Soft Skills in der Hochschulausbildung

Romy Fröhlich, Kommunikations-Professorin an der Uni München und Vorsitzende des DPRG-Ausbildungsbeirats, ging gleich zu Beginn einen Schritt weiter: "Die Diskussion in Deutschland um PR-Aus- und Weiterbildung kreißt seit Jahrzehnten und gebiert doch nur Mäuslein.“ Außer die potentiell Auszubildenden interessiere die Misere niemanden ernsthaft. Mit Blick auf die finanzielle Ausstattung der Universitäten könne niemand mehr erwarten.

Michael Vogt, Studiengangsleiter PR der frisch zugelassenen privaten Macromedia Fachhochschule der Medien München, zugleich Honorarprofessor an der Uni Leipzig, betonte vor allem die nachhaltige Vermittlung persönlich-fachlicher Skills als gleichwertigen Baustein der Hochschulausbildung – neben der Verbindung wissenschaftlich-theoretischer Grundlagen und deren konkreter Anwendung und Umsetzung in der Praxis. „Einseitigkeit führt ins berufliche Abseits.“

Akademikeranteil steigt weiter

Ins gleiche Horn stieß Matthias Lung, Direktor der BAW Akademie für Marketing und Werbung, München. Der frühere Leiter Personalentwicklung der Süddeutschen Verlagsgruppe und Autor des Buchs „Betriebliche Weiterbildung“ betonte: „Soft Skills werden wichtiger; Hard Skills sind heute Selbstverständlichkeit.“ PR-Profis müssten jedoch mit wissenschaftlichen Spezialisten, wie Juristen, Wirtschaftswissenschaftlern und Marktforschern zusammenarbeiten können. Der Anteil an Akademikern unter den BAW-Studenten sei bei den angehenden PR-Fachwirten heute schon am höchsten und steige kontinuierlich weiter.

DPRG-Juniorensprecherin Alexandra Kutschenreuter, PR-Managerin bei Edelman und selbst über TU- und Fernstudium und Beraterprüfung in die PR eingestiegen, forderte klarere Regeln beim Berufseinstieg: Die ungeschützte Berufsbezeichnung, der freie Berufszugang und unzählige Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten würden Einsteigern nicht nur den Überblick erschweren, sondern seien auch verantwortlich für das geringe Ansehen der PR. „Dabei tut sich die Branche durch so genanntes Praktikums-Hobbing keinen Gefallen.“

Branchen-Spezialisten neben PR-Strategen und -Technikern

In der Vielfalt der Angebote bereits den Kern der Lösung sah Peter Steinke, Geschäftsführer des FAZ-Instituts und im DPRG-Bundesvorstand zuständig für Ausbildungsfragen: Jeder könne das für sich Richtige finden. Mit der Zertifizierung leiste die DPRG dabei einen wichtigen Beitrag zu mehr Transparenz und Qualität. Bei der PR-Berater-Prüfung stellte er eine baldige gemeinsame Lösung der Verbände in Aussicht. Gefragt seien neben PR-Instrumentalisten und Kommunikationsstrategen vor allem „spezialisierte Branchen- und Szenekenntnisse in einer komplexer werdenden Medien- und Instrumentenlandschaft“. „Die Nachfrage nach Spezialisten steigt.“

Wie enorm der Professionalisierungsbedarf ist, verdeutlichte Sebastian Poliwoda, stellvertretender Direktor der Akademie der bayerischen Presse und ehemals Autor der Süddeutschen Zeitung (u.a. Hochschul-Beilage): Viele PR-Agenturen und UK-Abteilungen hätten von Journalismus „keine Ahnung“. „Das führt vielfach zu dilettantischen Ergebnissen.“

In der abschließenden Publikumsdiskussion wurde vor allem das Dilemma der „Generation Praktikum“ heftig diskutiert. Die Budgets drücken auf Unternehmen und Agenturen, viele hielten sich mit Praktikanten über Wasser. Dabei waren sich alle einig: Darunter leiden letztlich alle: Unternehmen, Agenturen wie Praktikanten.   -Michael Bürker, PRJ-Korrespondent, München-


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