Am 24. Juli berichteten wir auf Veranlassung des gemeinnützigen Vereins LobbyControl, der über Machtstrukturen und Einflussstrategien in Deutschland und der EU aufklären will, über eine merkwürdige PR-Kampagne der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), mit der unter der Journalistentarnkappe eifrig PR gemacht wurde (siehe Newsletter Nr. 209 vom 28. Juli). Dabei kann man den Eindruck gewinnen, dass hier der Bürger über eine kommerzielle Kommunikationskampagnen im Unklaren gelassen werden soll. Nicht nur der Bürger erfährt nicht, wer ihm hier etwas souffliert, die angeheuerten (neudeutsch: gecasteten) Journalisten selber wurden mit Versprechnungen gelockt, die sich als Luftschlösser erwiesen.

PR-Desaster für INSM: Luftschlösser für junge Journalisten. Mit Promis wie Josef Ackermann oder Anne Will bewirbt die Lobby-Gruppe INSM ein TV-Projekt. Doch die Genannten haben einer Kooperation nie zugestimmt. (...) Was jungen Reportern als große Chance erscheint, entwickelt sich für die Initiatoren des Projekts "Deutschland 24/30" zu einem handfesten PR-Desaster. Denn hinter der Kampagne steckt niemand geringeres, als die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), eine durch die Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektroindustrie finanzierte Gruppierung, die sich selbst als "überparteiliche Plattform" bezeichnet. sueddeutsche.de

Dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" erklärte Roland Vogt, Projektleiter der INSM, es habe sich um Arbeitspapiere gehandelt, die bedauerlicherweise weitergegeben und für die Anwerbung der Journalisten genutzt wurden (Nachzulesen in der Ausgabe Nr. 31/2009 S.81). Damit habe man nicht suggerieren wollen, dass Prominente wie Anne Will und Josef Ackermann tatsächlich zur Verfügung stünden, die im Papier genannten Personen hätten abgesagt. Bedauerlich ist indess die Tatsache, dass weder Spiegel noch Süddeutsche Zeitung auf LobbyControl als Urheber der Recherchen hinweisen.

Da fragt man sich natürlich, warum in diesem Konzeptpapier konkrete Namen genannt wurden, deren Teilnahme überhaupt nicht fest stand, oder die überhaupt garkeine Anfrage erhalten hatten, und wieso dies zur Anwerbung von Journalisten diente. Und wenn man gerade dabei ist, Fragen zu stellen, kommt einem der Gedanke, wer sich das denn alles ausgedacht hat, die Antwort liegt nahe: eine PR-Agentur, am besten eine, die es mit den gängigen PR-Kodices nicht so ganz genau nimmt.

Die Agentur Allendorf Media in Köln hält im Auftrag der INSM den Projekt-Etat und die Verantwortung für die Kampagne "Deutschland 24/30". Déjà vu: Allendorf war bereits kurz zuvor an PR-Massnahmen einer Kampagne der Deutschen Bahn beteiligt, die vom Deutschen Rat für Public Relations (DRPR) gerügt wurde. Herr Gaul, es gibt weitere Arbeit!


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