Pressefreiheit weltweit 2013 KarteDie Dominanz der Sicherheitsbehörden schränkt die Arbeit von Journalisten in vielen Ländern ein, inzwischen gilt das auch für traditionelle Demokratien. Das ist eines der zentralen Ergebnisse, die die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) in ihrem Report über die Pressefreiheit ans Tageslicht befördert hat. Die Rangliste der Pressefreiheit zeigt, wie stark in manchen Ländern die Arbeit von Journalisten erschwert wird. „Selbst Staaten wie die USA und Großbritannien rücken investigative Journalisten und ihre Hinweisgeber mittlerweile in die Nähe des Terrorismus“, kritisierte ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske in Berlin. „Dass Länder mit einer langen Tradition freier Medien in ähnliche Sicherheitsreflexe verfallen wie Diktaturen, ist unerträglich. Das macht nicht zuletzt all jenen kritischen Journalisten das Leben schwer, die in autoritären Staaten ihre Freiheit und Gesundheit aufs Spiel setzen.“

Die ROG-Rangliste der Pressefreiheit vergleicht die Situation der Medien in 180 Staaten und Regionen für den Zeitraum von Dezember 2012 bis Mitte Oktober 2013. An der Spitze der Rangliste stehen west- und nordeuropäische Länder, Schlusslichter sind wie seit Jahren Eritrea, Nordkorea und Turkmenistan.

Schaglichter
Innerhalb Europas nimmt Deutschland (Platz 14, +3) weiterhin eine Position im oberen Mittelfeld ein. Auch hierzulande wurde 2013 verstärkt sichtbar, wie sehr Journalisten im Visier in- und ausländischer Sicherheitsbehörden stehen. In einem Fall versuchte die CIA, Informationen über einen deutschen Reporter beim Bundesverfassungsschutz abzufragen; ein anderes Beispiel war die jahrelange Überwachung mehrerer Journalisten durch den niedersächsischen Verfassungsschutz. Wiederholt beschlagnahmten Ermittler Recherchematerial oder forschten gezielt nach Medienkontakten. Bedenklich ist die Neuregelung der Bestandsdatenauskunft. Auch gelangt die Presse oft nur schwer an Behördenauskünfte. Mehrfach erhielten Journalisten Drohungen von Neonazis, Salafisten oder aus dem Umfeld von Kriminellen. Durch Schließungen, Übernahmen und Zusammenlegungen von Redaktionen sinkt die Vielfalt der Presse weiter.

Großbritannien
Großbritannien (Platz 33, -3 Plätze) setzte die Zeitung The Guardian wegen ihrer Veröffentlichungen zu den Recherchen Snowdens unter massiven Druck und zwang die Redaktion, Festplatten mit Informationen des Whistleblowers zu zerstören. Um sich vor gerichtlichen Schritten der Regierung gegen weitere Enthüllungen zu schützen, schloss das Blatt eigens eine Kooperation mit der New York Times.

USA
In den USA (Platz 46, 13 Plätze niedriger als im Vorjahr) hat die staatliche Verfolgung von investigativen Journalisten und ihren Hinweisgebern aus den Sicherheitsbehörden ein nie gekanntes Ausmaß erreicht. Die 35-jährige Haftstrafe für Bradley/Chelsea Manning und die Jagd auf den NSA-Whistleblower Edward Snowden sollen Nachahmer offenkundig davon abschrecken, Journalisten brisante Informationen über Fehlverhalten von Regierung und Behörden zuzuspielen.

Griechenland
Massiv verschlechtert hat sich die Situation der Medien in Griechenland (Platz 99, -14), das binnen fünf Jahren um 50 Plätze in der Rangliste abgerutscht ist. Im Zeichen der Sparpolitik schloss Ministerpräsident Antonis Samaras im Juni in einer einsamen Entscheidung die staatliche Rundfunkanstalt ERT mit ihren vier Fernseh- und fünf Radiosendern. Die angekündigte Nachfolgeanstalt soll nur mit einer Minimalbesetzung an Personal ausgestattet werden.

Ungarn
Auch in Ungarn (Platz 64, -7) verschlechterte sich die Lage weiter. Um kritische Behördenanfragen nicht zuletzt investigativer Journalisten zu verhindern, wurde dort das Recht auf Informationsfreiheit beschnitten. Im November erhöhte das Parlament die Strafe für Herstellung und Verbreitung mutmaßlich verleumderischer Ton- und Bildaufnahmen auf bis zu drei Jahre Haft.

Bulgarien
Am schlechtesten innerhalb der EU schneidet Bulgarien (Platz 100, -12) ab, wo bei regierungskritischen Demonstrationen regelmäßig Journalisten Ziel von Polizeigewalt waren und unabhängige Journalisten mit Schikanen rechnen müssen.

Türkei
In der Türkei (Platz 154, +1) wurden bei den regierungskritischen Gezi-Protesten von Mai bis September 153 Journalisten verletzt und 39 vorübergehend festgenommen. Zugleich offenbarten die Proteste ein Klima der Selbstzensur, das durch wirtschaftliche und politische Interessen wichtiger Medieneigentümer begünstigt wird. Mindestens 14 Journalisten wurden infolge der Proteste entlassen, 22 gingen von sich aus. Zehntausende Internetseiten sind gesperrt; nach den Protesten kündigte die Regierung Erdogan weitere Einschränkungen an.

Russland
In Russland (Platz 148, +1) haben mehrere repressive Gesetze die Medienfreiheit weiter eingeschränkt. Seit 2013 ist es verboten, in den Medien Schimpfwörter zu benutzen, religiöse Werte zu beleidigen oder für „nichttraditionelle sexuelle Beziehungen“ zu werben. Immer wieder werden Journalisten unter dubiosen Vorwürfen strafverfolgt. Das Fernsehen ist fast flächendeckend staatlich kontrolliert, und rechtzeitig vor den Olympischen Winterspielen in Sotschi verlor die unabhängige Nachrichtenagentur Rosbalt ihre Lizenz.

Weitere Länder
Wer mehr über den Grad der Pressefreiheit in weiteren Ländern erfahren möchte, der kann den vollständigen Bericht auf der Website von Reporter ohne Grenzen lesen.


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