Im Urteil des Bundesverfassungsgerichts ging es um vielmehr als um 86 Cent.

Mit einem deutlichen Votum für die Rundfunkfreiheit und Staatsferne der Medien hat das Bundesverfassungsgericht heute den Beschwerden von ARD, ZDF und Deutschlandradio zum Rundfunkbeitrag stattgegeben. In der Urteilsbegründung wird an die föderale Verantwortungsgemeinschaft für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dessen wachsende Bedeutung in einer informationsgetriebenen, aber auch durch Fake News herausgeforderten Gesellschaft erinnert. Der angepasste Rundfunkbeitrag gilt mit vorläufiger Wirkung vom 20. Juli 2021. Im Dezember hatte das „PR-Journal“ ausführlich über die Hintergründe der gescheiterten Erhöhung der Rundfunkgebühren berichtet.

Der Deutsche Journalisten-Verband hat mit Erleichterung auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Rundfunkbeitrag reagiert. Das Gericht hat entschieden, dass die unterlassene Zustimmung des Landtags von Sachsen-Anhalt zur Erhöhung des Rundfunkbeitrags um monatlich 86 Cent ab 1. Januar 2021 verfassungswidrig war. Zugleich haben die Karlsruher Richter die Rolle der unabhängigen KEF bei der Bemessung des Rundfunkbeitrags herausgehoben. Eine rückwirkende Beitragserhöhung zum 1. Januar 2021 befürwortete Karlsruhe jedoch nicht. Stattdessen sollen nun eine neue Stellungnahme der KEF sowie ein Änderungsstaatsvertrag als Grundlage für eine Beitragserhöhung in Gang gesetzt werden.

Kritische Stimmen zum Urteil gab es beispielsweise aus Medienhäusern, die selbst privatwirtschaftlich finanzierte Hörfunk- und TV-Angebote machen. Ulf Poschardt, Chefredakteur der „Welt“, die bei Springer erscheint, kommentierte: „Es ist auf eine Art ein schauerliches Urteil, das die Anhebung des saftigen und für viele Bundesbürger eher ärgerlichen Rundfunkbeitrages nun via Karlsruhe anordnet. Eine bemerkenswerte Interpretation, wenn man weiß, dass es ja auch einen privat finanzierten Rundfunk gibt, der nicht auf derart luxuriöse Weise finanziert wird. Es zeigt auch, wie sich in der Gewaltenteilung Dinge neu sortieren."

Zum Hintergrund: Im Dezember 2020 hatten ARD, ZDF und Deutschlandradio in Karlsruhe Verfassungsbeschwerden eingereicht, nachdem in Sachsen-Anhalt der Erste Medienänderungsstaatsvertrag und damit die Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent nicht zur Beschlussfassung des Landtags gestellt wurde. Damit war die bedarfsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ab Januar 2021 nicht mehr gesichert. Mit der erstmaligen Erhöhung des Beitrags seit 2009 waren zuvor alle anderen Bundesländer den Empfehlungen der unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) gefolgt.


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