RTL Logo 2023Insider hatten es bereits seit der Übernahme von Gruner+Jahr durch RTL Deutschland (Foto: RTL) befürchtet, jetzt ist soweit: Rund 500 Stellen werden bei Gruner in Hamburg abgebaut, 200 weitere Stellen werden wohl durch Verkäufe "an neue Eigner übergehen". Am Kölner RTL-Standort werden bis zum Jahr 2025 weitere 300 Stellen abgebaut. Das Magazin-Geschäft wird zerlegt. Die Kernmarken „stern“, „GEO“, „Capital“ und „stern Crime“ werden aufgrund der großen Synergien mit den RTL-TV-Redaktionen künftig in der RTL News GmbH geführt. Die übrigen Kernmarken „Brigitte“, „Gala“, „Schöner Wohnen“, „Häuser“, „Couch“, „Eltern“ (Digital), „Chefkoch“ (Digital), „GEOlino“ und „GEOlino mini“ verbleiben in der Gruner + Jahr Deutschland GmbH und verschiedenen Tochtergesellschaften. Alle weiteren Titel und Ableger werden verkauft oder eingestellt. Das dürfte mittelbar auch Auswirkungen auf die PR- und Corporate-Publishing-Landschaft haben.

RTL Deutschland stellt nun sein Publishing-Geschäft neu auf und fokussiert sich auf die Kernmarken, die insgesamt etwa 70 Prozent der heutigen Publishing-Umsätze ausmachen. Alle weiteren Titel und Ableger werden verkauft oder eingestellt. Über den Verkauf der Beteiligung an der Deutschen Medien-Manufaktur (DMM) wird RTL Deutschland vertrauensvolle Gespräche mit dem Mitgesellschafter Landwirtschaftsverlag Münster aufnehmen. Auch für die Beteiligung an „11 FREUNDE“ wird ein Verkauf geprüft.

Thomas Rabe, Vorsitzender der Geschäftsführung von RTL Deutschland, sagt: „Vor dem Hintergrund der sich rasch verändernden Medienlandschaft und der herausfordernden gesamtwirtschaftlichen Lage haben wir in den vergangenen Monaten das Publishing-Geschäft von RTL Deutschland eingehend überprüft. Wir haben entschieden, uns auf die Kernmarken zu konzentrieren und sie mit Investitionen von etwa 80 Millionen Euro bis 2025 weiterzuentwickeln. Unser Ziel ist es, die führende Position und publizistische Relevanz von RTL Deutschland weiter zu stärken.“

Thomas Rabe weiter: „Der Verbund von TV-, Streaming- und Publishing-Geschäften von RTL Deutschland macht Sinn. Er schafft einen erheblichen Mehrwert von etwa 75 Millionen Euro jährlich in so wichtigen Bereichen wie Inhalte, Vermarktung, Tech & Data sowie bei den Corporate-Funktionen. Wir bieten unseren Kunden und Partnern durch die enge Verzahnung unserer Marken und Programme eine crossmediale Reichweite, mit der wir nahezu jeden deutschen Haushalt erreichen.“

700 Stellen entfallen

Die Investitionen in die Transformation und den Ausbau des Publishing-Geschäfts von 80 Millionen Euro bis 2025 entfallen insbesondere auf digitale Bezahlinhalte sowie digitale Dienstleistungen und verteilen sich mit 30 Millionen Euro auf „stern+“, 30 Millionen Euro auf die übrigen Kernmarken sowie 20 Millionen Euro auf neue Räumlichkeiten. „stern+“ wird als Bezahlangebot starker Marken mit komplementären Inhalten im Verbund von „stern“, „GEO“, „Capital“ und „stern Crime“ massiv ausgebaut.

Im Zuge der Neuaufstellung werden die Kosten in allen Bereichen gesenkt, insbesondere bei den Corporate-Funktionen, der Corporate-IT, den Räumlichkeiten, im Publishing und den Redaktionen. Dabei werden rund 500 Stellen am Standort Hamburg abgebaut. Außerdem würden etwa 200 Stellen durch den geplanten Verkauf von Titeln auf neue Eigner übergehen.

Die Publishing-Geschäfte von RTL Deutschland verbleiben wie heute überwiegend am Standort Hamburg. Es findet mit Ausnahme der Corporate-Funktionen keine Verlagerung von Stellen statt. Es ist geplant, bis spätestens Ende 2024 mit dem Publishing-Geschäft neue Räumlichkeiten in Hamburg zu beziehen.

Auswirkungen auf den Medienstandort Hamburg

Wie die Auswirkungen auf die PR- und Corporate-Publishing Landschaft ausfallen werden, darüber kann derzeit nur spekuliert werden, aber es wird sie geben. Zum einen brechen für viele Agenturen und ihre Auftraggeber Werbepartnerschaften und Kooperationen weg, wenn die betreffenden Medien vom Markt verschwunden sind. Fließt das freie Budget dann in selbst erstellte Corporate Publishing Produkte? Wie wird sich zudem der Hamburger Arbeitsmarkt für redaktionelle Fachkräfte verändern? Werden PR und Kommunikation vor allem in Agenturen einen großen Zulauf erleben und viele freigesetzte journalistische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auffangen können? Wie auch immer diese Fragen beantwortet werden, es bleibt der Eindruck, dass es hier um einen Kahlschlag ohne Rücksicht auf den Verlust von Arbeitsplätzen und ohne Rücksicht auf ein traditionsreiches publizistisches Erbe geht.

Der Deutsche Journalisten-Verband sieht in der Ankündigung von RTL-Chef Thomas Rabe vom 7. Februar, etliche der früheren Gruner+Jahr-Zeitschriften einzustellen oder zu verkaufen, einen verheerenden Aderlass für den renommierten Medienstandort Hamburg. „Diese Entscheidung ist durch nichts begründet als durch gewissenlose Profitmaximierung“, kritisiert DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall. Das sei die Abwicklung des renommierten Medienhauses Gruner+Jahr. Es sei zu befürchten, dass sich RTL mittelfristig doch von den verbleibenden Titeln trennen wolle und bis dahin nicht mehr investiere.


Wir haben die Kommentarfunktion wegen zu vieler Spam-Kommentare abgeschaltet. Sie können uns aber trotzdem Ihre Meinung zu diesem Artikel als Leserbrief direkt zusenden. Falls Sie wünschen, dass wir Ihren Leserbrief als Kommentar dem Artikel hinzufügen, vermerken Sie dies bitte in der Mail an uns.
leserbrief@pr-journal.de