Medien Medienecho Tiefe persönliche Zerrüttung führt zu Ampel-Aus

Mit diesem Foto vom 28. September 2021 fing alles an. PR-JOURNAL-Kolumnist Jost Listemann schrieb damals: „Der Post wird zu einem symbolischen Akt und auch ein bisschen zum Versuch, im Machtvakuum nach der ‚Zerstörung der CDU‘ den ‚Mantel der Geschichte‘ zu greifen.“ Gut drei Jahre später ist die Ampel-Koalition am Ende. Die damalige Euphorie ist vollends verflogen, der Riss zwischen der FDP einerseits und Grünen und SPD andererseits könnte kaum größer sein.

Die Kanzlermacher von einst sind nun heillos zerstritten. (Screenshot: Instagram)

Das Foto von damals, geschossen in der Euphorie des Neustarts, stand am Anfang der Fortschrittskoalition. In der Rückbetrachtung wirkt es wie eine Momentaufnahme aus längst vergangenen Zeiten. Dem Namen Fortschrittskoalition wurde die Ampel im Laufe der Zeit immer weniger gerecht. Nun ist sie am 6. November 2024 zerbrochen – die Kommentare in einigen deutschen Medien spiegeln den tiefen Riss und die Probleme wider, die zur Krise führten und nun eine schwierige Phase für die deutsche Politik ausgelöst haben.

  • Die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) erklärt den Bruch als die „Konsequenz eines Experiments, das seine Grenzen erreicht hat“. Die Zeitung betont die zunehmende Unvereinbarkeit der Positionen der Koalitionspartner in Bereichen wie Finanzen und Klimaschutz. Besonders der Streit um die Schuldenbremse habe tiefe Gräben gerissen, wobei die FDP auf Haushaltsdisziplin und die Grünen auf Investitionen drängten – eine Kluft, die nicht mehr überbrückt werden konnte.
  • Die „Welt“ sieht im Ende der Ampel auch eine Chance für eine Neuorientierung, die „die politischen Prioritäten in Deutschland neu ordnen“ könnte. Die Zeitung kommentiert, dass die FDP mit ihrer Haltung zur Haushaltspolitik und Migration nun versucht, sich als Stimme der wirtschaftlichen Vernunft zu profilieren, auch wenn dies zum Bruch führte. Die Grünen und die SPD hingegen stünden jetzt vor der Herausforderung, sich auf ihre sozialen und ökologischen Kernthemen zu fokussieren, ohne die Unterstützung des dritten Partners.
  • Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) argumentiert, dass die Ampel-Koalition „an ihrem eigenen Reformdrang gescheitert“ sei. Die „FAZ“ führt aus, dass die Koalition eine Agenda verfolgt habe, die viele Wähler zwar unterstützten, die Umsetzung jedoch oft auf Konflikte stieß, was das Vertrauen unter den Partnern zerstört habe. Herausgeber Berthold Kohler schrieb: „Die Höhe des Haufens schmutziger Wäsche, die der Wutkanzler Scholz am Mittwochabend vor aller Augen wusch, hat manchen dennoch überrascht. Die Abrechnung mit dem FDP-Vorsitzenden Lindner und dessen Replik dokumentierten freilich nur, was ohnehin längst bekannt war: die tiefe, vom Politischen bis ins Persönliche reichende Zerrüttung einer von zwei linken Parteien dominierten Koalition, in der die FDP von Anfang an fehl am Platze war.“
  • „Der Tagesspiegel“ sieht im Bruch der Koalition eine „unausweichliche Konsequenz monatelanger Meinungsverschiedenheiten“, vor allem angesichts der Unstimmigkeiten in der Finanz- und Asylpolitik. Die Zeitung beschreibt die FDP als zunehmend isoliert, da sie sich gegen viele Initiativen der anderen Partner stellte, wodurch Spannungen unerträglich wurden. Kanzler Olaf Scholz habe, so „der Tagesspiegel“, immer wieder versucht, zu moderieren, doch seien die Differenzen letztlich zu groß gewesen.
  • „Die Zeit“ kommentiert nüchtern, dass das Aus der Ampel zwar einen politischen Schock darstelle, aber auch eine „Erleichterung für alle Beteiligten“ sei. Die Zeitung hebt hervor, dass die Partner kaum noch gemeinsame Lösungen fanden, da sich ihre politischen Ziele immer mehr auseinander entwickelten. Neuwahlen oder eine Minderheitsregierung seien nun unvermeidlich, um der deutschen Politik eine stabile Grundlage zu geben.

Insgesamt sprechen die Kommentare der Medien eine klare Sprache: Die Ampel-Koalition war ein ambitioniertes Projekt, das an den internen Gegensätzen der Parteien scheiterte. Der politische Weg Deutschlands bleibt nun erst einmal unsicher, wobei sich die Frage stellt, welche Kräfte aus der Krise gestärkt hervorgehen werden und ob ein neues Bündnis die bestehenden Probleme lösen kann.

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