Medien TV-Bilanz 2024: Live-Sport, Tatort und ein Comeback

Im Rückblick auf die TV Nutzung im Jahr 2024 führen Live-Sportevents und die Tatort-Reihe die TV-Hitlisten an. Zudem kann ein ungebrochenes Interesse für politische Entwicklungen und gesellschaftliche Debatten verzeichnet werden. Gleichzeitig stieg die Streamingnutzung. Das sind die Ergebnisse, die mit der Einführung des „Marktstandards Bewegtbild“ zum 1. Januar 2024 ermittelt wurden.

Die TOP 5 TV-Formate 2024. (Abbildung: AGF)

Erstmals wurden damit die Nutzungsdaten des klassischen Fernsehens und des 24/7-Livestreams der Streaming-Plattformen mit 1:1-Entsprechung zum linearen Broadcast in einem gemeinsamen Standard zusammengeführt.

Dieser neue TV-Standard spiegelt die sich wandelnden Sehgewohnheiten der Zuschauer wider und ermöglicht eine umfassendere Analyse des TV-Konsums, auch über die unter AGF-Messung stehenden Streaming-Plattformen. Im Gegensatz des bis zum Ende 2023 geltenden Marktstandard TV basiert der Bewegtbildstandard auf einer erweiterten Grundgesamtheit und integriert auch diejenigen Haushalte, die kein TV-Gerät besitzen, dafür aber ein Endgerät, das die Videonutzung ermöglicht. Aufgrund der unterschiedlichen Grundgesamtheitsdefinitionen und Leistungszurechnungen sind direkte Vorjahresvergleiche der beiden Standards nicht zielführend und bedürfen einer Überleitung.

Im führenden Marktstandard Bewegtbild haben im Jahr 2024 täglich 58,9 Prozent der Zuschauenden ab 3 Jahre, bzw. 46,086 Millionen für unterschiedlichste Formate der Programmanbieter eingeschaltet. Betrachtet man nur die Personen in TV-Haushalten (Marktstandard TV), liegt dieser Wert für das Jahr 2024 bei 61,4 Prozent, so dass bei der Wahl der gleichen Grundgesamtheit für das Jahr 2024 gegenüber 2023 (61,5 %) nur ein minimaler Rückgang um 0,1 Prozentpunkte festzustellen ist.

Leichter Rückgang bei der TV-Nutzung

Die tägliche TV-Nutzung lag 2024 bei den Personen ab 3 Jahren im Bewegtbildstandard bei durchschnittlich 171 Minuten, im Marktstandard TV bei 176 Minuten, so dass sich gegenüber dem Vorjahr (182 Min.) auf gleicher Basis ein Rückgang von 6 Minuten für das Gesamtpublikum ergibt. Bei den 14- bis 49-Jährigen zeigt sich im Marktstandard Bewegtbild eine durchschnittliche Sehdauer von 79 Minuten, für den Marktstandard TV lassen sich 83 Minuten ermitteln (2023: 87 Min.).

Die Werte liegen damit zwar jeweils niedriger als im Vorjahr, aber die Wahl der Grundgesamtheit zeigt einen deutlichen methodischen Effekt, der nicht mit einem Markteffekt gleichzusetzen ist.

„Der Bewegtbildmarkt hat sich auch 2024 sehr dynamisch weiterentwickelt und eine Vielzahl neuer Angebote hervorgebracht. Trotz des medialen Überangebots und der weiter voranschreitenden Fragmentierung können für klassisch lineares TV immer noch stattliche Nutzungsanteile und Reichweiten erzielt werden. Das Jahr 2024 war ein fulminantes Sportjahr, das daneben von politischen Veränderungen und wirtschaftlichen Herausforderungen im In- und Ausland geprägt war. Die Relevanz dieser Ereignisse spiegelt sich deutlich im Zuschauerinteresse wider“, erläutert Niederauer-Kopf, Vorsitzende der Geschäftsforschung der AGF Videoforschung.

Das Sportjahr 2024 bot eine beeindruckende Reihe von Highlights: Von der Darts-WM und der Handball-Europameisterschaft der Männer im Januar, über den Super Bowl LVIII im Februar, die Eishockey-WM im Mai und die Leichtathletik-Europameisterschaften im Juni, bis hin zur Fußball-Europameisterschaft der Männer und der Tour de France im Juni/Juli, gefolgt von den Olympischen Sommerspielen und den Paralympics und zuletzt der Handball-EM der Frauen. Diese internationalen Sportereignisse sorgten auch in Deutschland für beeindruckende Reichweiten und Marktanteile. Der Nutzungsanteil von Informationsangeboten wie Nachrichten, Magazinen, Reportagen und Dokumentationen sowie Talks im Jahr 2024 lag bei rund 34 Prozent, für Unterhaltungssendungen, Factual Entertainment und fiktionale Formate bei rund 57 Prozent.

UEFA EURO 2024 und Olympische Sommerspiele

Besonders die Fußball-Europameisterschaft der Männer in Deutschland war mit der UEFA EURO 2024 erwartungsgemäß ein Quotengarant. Die Spiele der deutschen Mannschaft waren die meistgesehenen Sendungen des Jahres – das Spiel Spanien gegen Deutschland am 5. Juli erreichte durchschnittlich 27,154 Millionen Personen ab 3 Jahren, was einem Marktanteil von 80,9 Prozent entspricht. In der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen konnten bei dieser Begegnung durchschnittlich 9,543 Millionen bzw. 89,7 Prozent Marktanteil erzielt werden.

Auch die Olympischen Sommerspiele in Paris konnten nicht nur vor Ort, sondern auch vor den Bildschirmen das Publikum bannen. Die ausgestrahlten Live-Übertragungen und zusätzlichen Sendungen erreichten 54,827 Millionen Zuschauende über die übertragenden Sender ARD, ZDF und Eurosport mindestens einmal für eine Minute. Insgesamt wurden Wettbewerbe in 32 Sportarten und 48 Disziplinen mit insgesamt 329 Entscheidungen ausgetragen.

Hohes Interesse am politischen Geschehen im In- und Ausland

Der anhaltende „Krisenmodus“ prägte auch das Nutzungsverhalten der Zuschauer im Bewegtbild-Jahr 2024: Bestehende Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten, der fortschreitende Klimawandel sowie politische Herausforderungen und Veränderungen im In- und Ausland, die mit einer schwierigen gesamtwirtschaftlichen Lage einhergehen, führten dazu, dass die entsprechenden Informationsformate der Sender intensiv genutzt wurden.

Das Informationsinteresse ist in Deutschland seit der Corona-Pandemie 2020 auf einem konstant hohen Niveau und wird durch die Informations- und Berichterstattungskompetenz der klassischen tagesaktuellen Medien – allen voran TV – bedient. National sorgten die Diskussionen rund um die große Koalition, die Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen bis hin zum Bruch der Ampelkoalition auf Bundesebene im November 2024 für große Aufmerksamkeit und eine breite Berichterstattung in den Medien.

Das starke Informationsinteresse der Deutschen spiegelt sich auch in der Mediennutzung wider. So geben knapp 79 Prozent der TV-Zuschauer an, ein „mindestens durchschnittliches“ Interesse an politischen Themen zu haben. Ein Wert, der im Vergleich zu den Vorjahren zwar erstmals leicht gesunken ist (2023: 81,2 %), aber immer noch auf sehr hohem Niveau rangiert. Bedingt wird dieser Rückgang durch Teilzielgruppen, die ein besonders starkes Interesse an politischen Themen haben (2024: 39,0 % vs. 2023 41,1%). Daneben ist im Vorjahresvergleich ein Anstieg von 2,4 Prozentpunkten bei denjenigen zu verzeichnen, die sich kaum bis gar nicht für politische Themen interessieren (2024: 19,3% vs. 2023: 16,9%).

Der Anteil der Zuschauer, die politische Sendungsformate "mindestens gern" verfolgen, konnte sich gegenüber 2023 allerdings leicht auf 43,0 Prozent im Jahr 2024 steigern (2023: 42,2%). Politische Berichterstattungen im TV und auf den Streamingplattformen der Anbieter bleiben damit unverzichtbare Informationsquellen, insbesondere in Zeiten von Wahlen, gesellschaftlichen Spannungen und globalen Krisen.

Neben den nationalen Wahlen fanden globale Krisen und Konflikte ein breites Publikum. Der „Brennpunkt: Umsturz in Syrien“ am 8. Dezember 2024 um 20:15 Uhr im Ersten erreichte mit durchschnittlich 8,278 Millionen Zuschauern die höchste Reichweite aller Informationssondersendungen in diesem Jahr. Auch andere Sondersendungen im Ersten, wie „Brennpunkt: Großangriff auf Israel“ am 14. April 2024 (7,541 Mio.) und „Brennpunkt: Attentat auf Trump“ am 14. Juli 2024 (7,508 Mio.), stießen auf großes Interesse.

Während die Landtagswahlen und die Krisenberichterstattung den politischen Themenkatalog in Deutschland dominierten, zogen die US-Präsidentschaftswahlen 2024 weltweite Aufmerksamkeit auf sich. Auch in Deutschland war das Interesse an den US-Wahlen groß. Während die klassischen deutschen nachrichtenführenden Sender wie Das Erste, die Dritten, ZDF, n-tv, Phoenix, ProSieben, RTL, SAT.1, Welt, 3SAT am 5. November zusammen insgesamt 15,707 Millionen Zuschauer mit der Berichterstattung zur US-Wahl erreichten, stieg die Zuschauerzahl am 6. November sogar auf beeindruckende 29,749 Millionen Personen, die mindestens einen Kontakt mit einer Sendung hatten, die sich mit der US-Wahl auseinandersetzte.

„Aufgrund der Relevanz dieser Themen in der täglichen TV-Nutzung manifestiert sich erneut, dass eine tagesaktuelle und neutrale Berichterstattungs- und Informationskompetenz der Medien in diesen bewegten Zeiten eine zentrale Rolle in einer demokratischen Gesellschaft einnimmt", so Niederauer-Kopf.

Streamingnutzung weiter steigend

Das Jahr 2024 bestätigte im Allgemeinen auch den kontinuierlichen Aufwärtstrend der unter AGF-Messung stehenden Streaming-Angebote. Während lineares Fernsehen trotz leicht abnehmender Nutzung weiterhin eine starke Rolle in der Medienlandschaft behält, zeigt sich die wachsende Bedeutung von Streaming-Angeboten in den veränderten Nutzungsgewohnheiten der Zuschauenden. Im vergangenen Jahr hatten insgesamt 67,727 Millionen Zuschauer mindestens einmal Kontakt mit einem Streaming-Angebot der unter aktiver AGF-Messung stehenden Publisher. Dies entspricht einen Anteil von 86,5 Prozent und bedeutet gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung von 5,2 Prozent. Auch die durchschnittliche Sehdauer stieg um 36,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr und lag 2024 bei durchschnittlich 7 Minuten pro Tag (2023: 5 Minuten). Bei den 14- bis 49-Jährigen konnte sich die durchschnittliche Sehdauer von 5 auf 8 Minuten steigern, was einem Anstieg von 51,6 Prozent entspricht.

Ergänzend dazu zeigen auch die Ergebnisse aus der passiven AGF Smart-Meter-Messung, dass die Streamingplattformen Amazon, Disney+, Netflix und Youtube zusammen mit einer durchschnittlichen Sehdauer am Big Screen von durchschnittlich 13 Minuten am Tag ein fester Bestandteil der Bewegtbildnutzung in Deutschland sind.

Die erfolgreichsten TV-Formate 2024

Das Jahr 2024 war ein klassisches Sportjahr, dessen Zuschauermagnet die UEFA-EURO 2024 der Männer im eigenen Land war. Es verwundert daher nicht, dass die mit Abstand reichweitenstärksten Sendungen des Jahres auf dieses Sportgroßevent fallen.

Mit Blick auf die Zuschauerhits, die nicht den Sportevents zuzurechnen sind, zeigt sich ein weitgehend stabiles Bild. Als erfolgreichstes TV-Format dominiert beim Gesamtpublikum seit Jahren der „Tatort“ im Ersten, so auch 2024. Angeführt wird die Liste vom "Tatort: Unter Gärtnern" am 17.03.2024 mit durchschnittlich 13,318 Mio. Zuschauern ab 3 Jahren (41,3% MA).

Bei den Personen zwischen 14 und 49 Jahren führt – anders als beim Gesamtpublikum – die UEFA EURO 2024-Begegnung des deutschen Teams gegen die Schweizer Nationalmannschaft die Hitliste an. Durchschnittlich 10,422 Millionen Personen verfolgten das Spiel (84,4 % MA), gefolgt von weiteren Spielen. Bei den Sendungshits jenseits des Sports dominieren Unterhaltungsevents und die jeweils in Live-Sportumfeldern stattfindenden Tagesschau-Sendungen.

Starke Unterhaltungssendungen begeistern ein Millionenpublikum

Stefan Raab, der sich 2015 aus dem TV zurückgezogen hatte, feierte 2024 ein bemerkenswertes Comeback – diesmal bei RTL. Am 14. September 2024 brachte RTL mit „Der Clark Final Fight“ den nächsten legendären TV-Kampf zwischen Stefan Raab und Regina Halmich auf die Bildschirme. Mit 6,053 Mio. wurde die Mischung aus Sport und Unterhaltung nach dem Eurovision Song Contest (7,573 Mio.) und Carolin Kebekus' #KINDERstören (6,072 Mio.) zu einem der erfolgreichsten Unterhaltungsformate des Jahres im Gesamtpublikum. In der jüngeren Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen nimmt die Re-Revenge mit 3,026 Mio. (51,7% MA) die Poleposition ein.

Fazit

„Das Jahr 2024 hat gezeigt, wie dynamisch sich die Bewegtbildnutzung in Deutschland verändert. Allerdings haben sich bekannte Nutzungsmuster im klassisch linearen TV trotz aller Bewegung erneut bestätigt und verfestigt. Informationskompetenz bei Live-Sportevents und tagesaktueller politischer Berichterstattung, daneben behaupten sich starke Unterhaltungsformate und etablierte fiktionale Programmmarken, die bereits seit vielen Jahren bzw. Jahrzehnten eine feste Instanz sind. Die Stabilität dieser Formate zeigt, dass lineares TV nach wie vor Anker für ein Millionenpublikum ist und dass der Content im Fokus der Zuschauer steht und nicht der Verbreitungsweg,“ fasst Kerstin Niederauer-Kopf, Vorsitzende der Geschäftsführung, die Ergebnisse zusammen.

Über die AGF Videoforschung GmbH ist ein Unternehmen für neutrale Bewegtbildforschung. Die AGF erfasst kontinuierlich und quantitativ die Nutzung von Bewegtbildinhalten in Deutschland und wertet die erhobenen Daten aus. Sie entwickelt ihr Instrumentarium mit einem mehrstelligen jährlichen Millionenbetrag kontinuierlich weiter, um dem Markt täglich verlässliche Daten über die Nutzung von Bewegtbildinhalten zu liefern. Dabei steht die AGF im engen Austausch mit allen Marktpartnern, darunter Lizenzsender, Werbungtreibende und Mediaagenturen.

Seitennavigation